Peter Baustaedter
Peter Baustaedter
Bildquelle: privat

Peter Baustaedter: vom Amiga-Grafiker zum Big Player in Hollywood

Peter Baustaedter bestimmte das Aussehen beliebter Kinofilme wie "Avatar", "Jumper", "Das fünfte Element" etc. Mit einem Amiga fing alles an.

Peter Baustaedter, geboren in Graz, Österreich, lebt und arbeitet heute hauptsächlich in Neuseeland. Mitte der 90er-Jahre erschienen die ersten Filme, an denen er als Zeichner, 3D Art Director, Digital Matte Painter, Visual Effects Director und vieles mehr beteiligt war.

Die Reihe der Filme und Serien ist lang, bei denen er mitgewirkt hat. Dazu zählen auch Blockbuster wie „Der Herr der Ringe: Die zwei Türme„*, das legendäre „Sin City 1„*, „Strange Days„*, „Titanic„*, „Eragon„*, „Dante’s Peak„*, um nur ein paar zu nennen. Momentan arbeitet Peter Baustaedter als Visual Effects Art Director für die Prime Video & Amazon Studios. Er unterstützte seinen Arbeitgeber auch bei der Gestaltung der ersten Staffel der epischen Fernsehserie „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht„*.

Peter Baustaedters Karriere begann in der Demoszene

Doch so richtig angefangen hat seine Leidenschaft für das Malen schon viel früher. Nämlich im Jahr 1988, als er sich als Szene-Grafiker auf dem Amiga an den ersten Demoszene-Produktionen beteiligt hat. In der Computerszene nannte er sich Jacksnipe of Evil, kurz J.O.E. Unter der Abkürzung ist er bis heute bei den Fans von Retro-Computern am besten bekannt.

Peter Baustaedter war im Laufe der Jahre sowohl Musiker als auch Grafiker bei Surprise! Productions, The Softkiller-Crew, Tristar & Red Sector Inc. (TRSI), World of Wonders, Nah Kolor, Scoopex, The Invisibles und bei weiteren Gruppen. Teilweise ist er auch als Highlander bekannt.

J.O.E. landete bei manchen Charts nur im Mittelfeld

J.O.E.
PSX1 Intro Preview von TRSI.

Die Amiga-Demoszene würdigte ihn spätestens 1991, als in der ersten Ausgabe des Disketten-Magazins (Diskmag) R.A.W ein ausführliches Interview mit ihm erschien. Weitere Interviews gibt es bei AMP, im Forum AmigaLife und auf der Website von Ce-on Software. Auf das letzte Gespräch kann man leider nur noch mithilfe der Wayback Machine zugreifen.

Obwohl er in Hollywood heute beim Thema Grafik und Design die erste Geige spielt, gelang es ihm damals bei manchen Szene-Charts nur im Mittelfeld der Grafiker zu landen.

Tarnkappe.info: Hallo, wenn ich richtig recherchiert habe, hat Deine Karriere in der Szene 1988 begonnen?

Peter Baustaedter: Hi! Ich freue mich darauf, Deine Fragen zu beantworten. Ich habe meinen Amiga 1000 im Juni 1987 bekommen, wenn ich mich richtig erinnere, und bin Ende 1987 in die Szene gekommen. Ich lernte einen Typen in einem Computerladen kennen, in dem ich immer rumhing, wenn ich auf den Schulbus wartete. Wir verstanden uns auf Anhieb und ich malte ein Logo für eine seiner ersten Demos.

Dann lernte ich den Sohn einer Freundin meiner Mutter kennen, der sich als ziemlich talentierter Programmierer herausstellte. Später wurde er Mitglied bei Amigavision, TSK und Cosmos Designs (einer kurzlebigen Untergruppe von Cosmos).

Erste große Veranstaltung im ländlichen Österreich

Ende 1987 organisierte er eine der ersten Copyparties in unserer Region. Viele der späteren österreichischen Szenegrößen tauchten in dieser kleinen Scheune im ländlichen Österreich auf. Der berühmt-berüchtigte Hans, genialer Coder und auch Schöpfer von jedermanns Lieblingsvirus, dem Saddam Virus, hatte dort seinen ersten öffentlichen Szeneauftritt. Andy und Antitrack von TSK waren auch da, aber die Erinnerungen sind verschwommen. Ich erinnere mich an die Aufregung, als jemand zum x-ten Mal über die vielen Verlängerungskabel stolperte und alle Geräte ausfielen… wieder einmal.

Peter Baustaedter
Peter mit seinem Werkzeug im Jahr 1996.

Tarnkappe.info: Zunächst würde mich interessieren, wie dieser verrückte Name überhaupt zustande gekommen ist? Wer oder was ist ein Jacksnipe of Evil (J.O.E)? Ist es ein besonderer Vogel oder ein Windhund? Welche Geschichte steckt hinter diesem Namen?

Peter Baustaedter: Sie ist so einfach wie ernüchternd. Ich war 15 und machte meine ersten Zeichenversuche auf dem C64. Ich brauchte einen Namen und benutzte meinen Highscore-Namen: PEZ – das war die Abkürzung für den Spitznamen meiner Familie für mich – Pezi. Das kam mir sofort langweilig vor, also wollte ich etwas „Cooles“. Und was ist cooler als ein englischer Name – Joe? Und um ihn noch cooler zu machen, habe ich Punkte zwischen die Buchstaben gesetzt, wie es Mitte der 80er-Jahre Mode war.

Eigentlich hatte er überhaupt keine Bedeutung. Ein anderer ehemaliger Szenefreund von mir, Georg, bestand jedoch darauf, dass er eine Bedeutung haben müsse und schlug in einem englischen Wörterbuch nach. Er kam mit dem bereits erwähnten Namen „Jacksnipe of Evil“ zurück, den ich mochte und behielt, weil er so dumm war. Er sagte: „Moment, auf Deutsch heißt das noch besser: ‚Bachschnepfe des Bösen‘!“ Also habe ich den Namen behalten!

Der Commodore Amiga als Auslöser seiner Faszination für Grafik

Tarnkappe.info: Du hast als Grafiker (und sogar als Musiker) auf dem C64, später auf dem Amiga, auf verschiedenen Spielkonsolen und für Windows-Demos gearbeitet. Welche Plattform magst du am liebsten und warum?

Peter Baustaedter: Zuerst einmal muss ich sagen, dass ich ein furchtbarer Musiker war. Aber dass ich überhaupt Musik machen konnte, verdanke ich meiner Lieblingsmaschine, dem Amiga. Der Umstieg vom 64er (C64) war wie der Umstieg von einem Dreirad auf ein Lichtfahrrad. Entschuldige bitte den Hinweis auf Tron.

Peter Baustaedter
1988. Noch ganz am Anfang, aber toll anzuschauen! Grafik von der J.O.E Slideshow 1 von TSC.

Der gebrauchte Amiga 1000, den ich bekam, kam mit GraphiCraft, und ich begann sofort zu malen. So viele Farben, so eine hohe Auflösung. Ich hatte das Gefühl, ich könnte alles mit dieser Maschine machen. Und verdammt, ich habe alles auf dieser Maschine ausprobiert.

Keine andere Hardware hat mich je dazu gebracht, etwas so zu machen wie der Amiga. Vielleicht lag es auch an meinem Alter, aber er schien immer zu sagen: „Was willst Du heute machen?“

Jahre später, als ich meinen ersten PC bekam, sprach er auch zu mir – er sagte „Bleeerppp“. Ziemlich traurig.

Peter Baustaedter: „Her mit den großen Geschützen!“

Mich haben immer die Möglichkeiten der Hardware angetrieben, also wollte ich nach dem Amiga etwas noch Stärkeres. So bin ich in gewisser Weise zur professionellen Computergrafik gekommen.

Der nächste Schritt nach dem Amiga, der für mich aufregend war, waren die Quantel Paintboxes und die Silicon Graphics Maschinen, die ungefähr zur gleichen Zeit aufkamen. Her mit den großen Geschützen!

Tarnkappe.info: Du hast mir geschrieben, dass Du Dir vor kurzem einen Atari 520STE gekauft hast. Hätte ein Emulator nicht gereicht? Oder kommt dann das echte Gefühl nicht rüber?

Peter Baustaedter: Wie gesagt, ich liebe Hardware. Außerdem bin ich in einem Alter, in dem ich mich nach der Vergangenheit sehne, also war und bin ich immer noch auf der Suche nach den Maschinen, die es damals in meinem Leben gab.

Ich restauriere auch Maschinen – ich kann Kondensatoren austauschen und andere einfache Dinge tun, was mir sehr viel Spaß macht.

Peter Baustaedters Zuneigung zu Retrocomputern ist bis heute ungebrochen

Ich habe jetzt einen neuwertigen C64, einen SX-64, einen neuwertigen VC-20 (das war meine allererste Maschine), meinen originalen Amiga 2000 mit allen noch vorhandenen Szene-Aufklebern, zwei Amiga 500, einen Amiga 1200 und einen Amiga 3000 in Einzelteilen.

Als ich dann einen Atari ST zu einem vernünftigen Preis sah, mußte ich einfach zuschlagen. Während ich diese Zeilen schreibe, ist er immer noch bei der Post, aber sobald er installiert ist und ich ihn einschalten kann, wird es das erste Mal sein, dass ich einen Atari ST benutze.

Ich muss erwähnen, dass ich dies auf einer IBM Model M Tastatur von 1987 schreibe, nur um zu zeigen, wie sehr ich alte Hardware mag.

Tarnkappe.info: Peter, du hast von 1986 bis 1991 die HTBLA Ortweinschule in Graz besucht. Was war das eigentlich, ein Studium? Mit welchem Ziel hast du deine Ausbildung dort fortgesetzt?

Peter Baustaedter: Die Ortweinschule war eine fünfjährige Kunstschule, die ich im Alter von 15 bis 20 Jahren besucht habe. Das erste Jahr war ein allgemeines Kunstprogramm und die Jahre 2-5 waren spezialisiert. Ich wählte „Audiovisuelle Medien“ – Film, Fotografie und Video.

Es war eine tolle Ausbildung, besonders die Kurse in Fotografie und Kunstgeschichte. Das Wissen, das ich in diesen Kursen erworben habe, wende ich immer noch täglich an.

Arnold Schwarzenegger sorgte für die richtigen Kontakte

Meine Illustrationsfähigkeiten habe ich mir größtenteils selbst beigebracht, wie man an meinen Arbeiten sehen kann. Vor allem die ersten Bilder, die ich für die Szene erstellt habe. Da fehlte mir viel Wissen.

Nachdem ich eine Weile in der Branche gearbeitet hatte, hörte ich vom Pasadena Art Center College of Design. Es war mein Traum, dorthin zu gehen. Aber als ich davon hörte, steckte ich bereits knietief in meiner Karriere und konnte es mir eigentlich nicht leisten.

Tarnkappe.info: Oder um es anders auszudrücken. Vom Demoszene-Grafiker zum VFX Art Director, der bei der Entstehung der TV-Serie „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“ geholfen hat, ist ein langer Weg, den nur sehr wenige gehen können.

Wie bist Du dahin gekommen, wo Du jetzt bist? Man schnippt nicht einfach mit den Fingern und wird dann spontan eingeladen, für Hollywood-Filmstudios zu arbeiten, oder?

Peter Baustaedter: Meine Suche nach Hardware mit besseren Möglichkeiten führte mich Ende 1992 zu einer Postproduktionsfirma in Wien. Das war ein paar Monate nachdem ich die Kunsthochschule abgeschlossen hatte. Etwa zur gleichen Zeit arbeitete ich an dem Amiga-Spiel „Whale’s Voyage„.

Es war mein erster richtiger Job und ich arbeitete mit einer alten Quantel Video Paintbox V1, was ein großartiger erster Schritt in die Industrie war. Etwa sechs Monate später wechselte ich zu einer Tochterfirma dieses Postunternehmens.

Dort gab es Quantel Graphic Paintboxes im Wert von einer Million Dollar, und es wurden Druckarbeiten für die Werbung gemacht. Diese Paintboxes waren erstaunlich – 1992 konnten sie fast 5K in Echtzeit verarbeiten.

Nachdem ich bis Anfang 1994 für sie gearbeitet hatte, musste ich zum österreichischen Bundesheer. Es war und ist immer noch Pflicht und ich konnte es nicht länger hinauszögern.

Praktikant bei James Camerons Firma Digital Domain

Peter Baustaedter: Während ich acht lange Monate im Dienst war, las ich einen Artikel über James Camerons neue VFX-Firma namens Digital Domain.

Die beiden anderen Gründer waren Scott Ross und Stan Winston. Winston hat den „Predator“* und alle prothetischen Effekte für den „Terminator“* und viele andere berühmte Effekt-Kreaturen entworfen.

Ein guter Freund meines Vaters war mit Arnold Schwarzenegger befreundet, und ich wusste, dass er auch Stan Winston kannte.

Als ich hörte, dass unser Freund wieder nach L.A. ging, gab ich ihm mein Portfolio und er versprach mir, es Stan zu bringen. Das tat er dann auch. Ein paar Wochen später rief mich meine Mutter an und sagte, sie hätte ein Fax „… aus Amerika!“. Die Nachricht lautete im Wesentlichen: „Lieber Peter, wir lieben deine Arbeit und wenn du alles selbst bezahlst, kannst du gerne Praktikant bei Digital Domain werden“.

Also verkaufte ich alles, was ich besaß, und kam Anfang Januar 1995 in Los Angeles an.

Also verkaufte ich alles, was ich besaß, und kam Anfang Januar 1995 in Los Angeles an. Damit begann eine Karriere, die ich bis heute fortsetze und die mich an Orte wie LA, San Francisco, Hawaii, Neuseeland, Australien, Malaysia, Ungarn, Großbritannien und einige andere geführt hat.

Hier Baustaedters Profil bei IMDB.com und LinkdIn. Wer weiter zurück in seiner Geschichte gehen möchte, kann sich seine Profile bei Demozoo oder C-64 Scene Database (CSDb) anschauen. Wer sich hingegen noch nicht sattgesehen hat, findet weitere handgemalte Bilder, die auf dem Amiga entstanden sind, in einer eigenen Galerie bei ArtCity.

Schon bald veröffentlichen wir den zweiten Teil des exklusiven Interviews mit Peter Baustaedter. Vielen Dank an Norbert Konieczny aka Norby/ex-TRSI, der dieses Interview erst möglich gemacht hat.

Nachtrag: Hier ist der Link zur Fortsetzung des Gesprächs.

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Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Früher brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert. In seiner Freizeit geht er am liebsten mit seinem Hund spazieren.