e-book flatrate interview
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Interview mit der Verlagsbranche: Kommt eine legale E-Book Flatrate?

Wir befragten die leitende Sprecherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels zum Thema Piraterie bei E-Books und was die Verlage dagegen tun wollen.

E-Book Piraterie: Bislang gibt es in Deutschland keine E-Bookflatrate für einen wirklich umfangreichen Katalog. Der illegale Anbieter TorBoox bietet seit Anfang Oktober die illegale Variante mit 3,33 Euro monatlich an. Für meinen gestrigen Artikel bei der Deutschen Welle befragte ich diesbezüglich die Pressesprecherin vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Hier ist das Interview mit Claudia Paul, Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in voller Länge. Ihre Aussagen sind sehr interessant und umfangreich.

Spannend auch das Statement, dem Verband gehe es nicht um eine Kriminalisierung der Nutzer. Zu den Ermittlungen der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen e.V. (GVU) wollte sie hingegen keine Stellungnahme abgeben. Von daher wird man bei boox.to wohl so schnell nicht den Stecker ziehen können. Ob eine Flatrate für E-Books wirtschaftlich und technisch umgesetzt wird, konnte mir Frau Paul leider nicht sagen. Über diese Idee wird bei den Verlagen aber bereits diskutiert.

Aufklärung statt Kriminalisierung

Lars Sobiraj: Der illegale Anbieter TorBoox verzeichnet nach eigenen Angaben über 1,2 Mio. Downloads monatlich. Wie geht der Börsenverein mit einem solchen Anbieter um? Was tut der Börsenverein konkret gegen Online-Piraterie im Allgemeinen und TorBoox im Besonderen?

Claudia Paul: In erster Linie haben wir schon sehr frühzeitig, noch bevor es eine nennenswerte Nachfrage nach digitalen Inhalten im Buchbereich gab, eine Plattform entwickelt, die digitale Buchinhalte zur Verfügung stellt. Zwischenzeitlich sind auf dieser Plattform, libreka!, rund 870.000 Titel verfügbar. Wir haben damit die größte deutschsprachige Plattform, die auch Lieferant ist für zwischenzeitlich entstandene weitere Online-Plattformen.

Trotzdem ist das Phänomen der Online-Piraterie sehr stark verbreitet. Der Börsenverein setzt bei diesem Thema sehr stark auf Aufklärung. Wir wollen Nutzer darauf hinweisen, dass sie sich in einem illegalen Bereich bewegen, wenn sie derartige Plattformen nutzen und gleichzeitig auf legale Angebote aufmerksam machen. Wir sind der Meinung, dass sich ein Großteil der Nutzer daraufhin auch legal verhalten wird. Von Sanktionen in diesem Bereich halten wir nichts. Wir wollen sensibilisieren, das Bewusstsein schärfen und Nutzern den Sinn des Schutzes von Urhebern nahebringen. Schließlich soll der Autor, der manchmal Jahre lang an einem Werk schreibt, dafür auch entlohnt werden können, ebenso die Verlage und andere Dienstleister, die zur Qualitätssicherung und -veredelung der Werke beitragen.

Was die Plattformen betrifft, die mit bewusstem Rechtsbruch ein Geschäftsmodell aufbauen, das ihnen viel Geld bringt, die Urheber selbst aber im Regen stehen lässt, gegen diese Plattformen und deren Betreiber sollte in aller Deutlichkeit vorgegangen werden. Hier muss vor allem der Staat dafür sorgen, dass die Rechtsordnung eingehalten wird. Deshalb unterstützen wir in dieser Beziehung die Arbeit der GVU, die ihrerseits Sachverhalte aufklärt, die Grundlage weiterer staatlicher Verfahren sein können.

GVU ohne Erfolg?

Lars Sobiraj: Was haben die bisherigen Bemühungen der GVU gegen boox.to ergeben? Wie kommt es eigentlich, dass ein über 5 Jahre altes Forum wie boerse.bz noch immer existiert? Wieso kann man solch erfolgreichen Anbietern nicht habhaft werden?

Claudia Paul: Das sollten Sie die GVU direkt fragen.

Lars Sobiraj: Die Nutzer von TorBoox sind ganz normale lesebegeisterte, finanziell gut gestellte Bürger. Welche Strafen kommen auf die Nutzer zu, sollten sie beim Abschluss eines Abos erwischt werden? Sollte man diese Kunden kriminalisieren?

Claudia Paul: Wir wissen nichts über die Struktur der Nutzer solcher Plattformen. Doch wir wollen genau eines nicht: diese Nutzer kriminalisieren. Deshalb zielt unsere Arbeit auch nicht auf die breite Abmahnung Einzelner, sondern auf die Verfolgung der Plattformbetreiber illegaler E-Book-Angebote.

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TorBoox auf legaler Basis?

Lars Sobiraj: Warum gibt es sein solches Angebot wie das von TorBoox nicht auf legaler Basis? Wie denken Sie bzw. die Verlage über E-Books? Momentan machen sie nur einen Bruchteil der Umsätze aus.

Claudia Paul: E-Books sind eine Editionsform mit Zukunft. Derzeit machen sie noch einen recht geringen Anteil vom Umsatz der Buchbranche aus, doch die Wachstumszahlen sind enorm. Fast alle Neuerscheinungen werden deshalb auch im E-Book-Format angeboten, und sie sind ohne nennenswerten Aufwand für den Kunden im Internet legal erhältlich. Einige Ausnahmen gibt es, das geht dann häufig auf die Entscheidung von Autoren wie z.B. Günter Grass zurück, die digitale Versionen ihrer Bücher aus grundsätzlichen Erwägungen ablehnen. Buchhandlungen und Verlage bemühen sich aber mit Erfolg darum, ihren Kunden umfassende attraktive und legale online-Angebote zu machen, damit jeder Leser, der ein Buch digital lesen will, dies auch in jeder nur denkbaren von ihm gewünschten Form kann.

Teilen Sie denn die Befürchtung mancher Buchpiraten, es könnte in absehbarer Zeit eine Art Bücherflatrate von Amazon geben?

Claudia Paul: Auf breiter Ebene diskutiert die Buchbranche über Vertriebsmodelle und arbeitet an Vertriebsmodellen auch für E-Books. Zu einer solchen Diskussion gehört sicherlich auch das Geschäftsmodell „Bücherflatrate“. Ob und wie ein solches Modell dann auch wirtschaftlich und technisch umgesetzt werden kann, ist allerdings unklar.

Lars Sobiraj: Gibt es für Buchpiraten denn grundsätzlich ein Zurück in die Legalität?

Claudia Paul: Warum sollte es das nicht geben?

Piraterie kein Thema bei der Frankfurter Buchmesse

Torboox-logo

Warum war Piraterie bei der Frankfurter Buchmesse bei den Zahlen kein Thema? Zumindest wurde dazu kein Vortrag und kein Diskussionspanel veranstaltet.

Claudia Paul: Das von Ihnen genannte Thema war gerade im Sommer 2013 Gegenstand der DCN-Studie und ist in diesem Zusammenhang sehr breit und detailreich öffentlich diskutiert worden. Seit dem hat sich der Erkenntnisstand nicht wesentlich verändert.

Lars Sobiraj: Die Plattenindustrie hat nach Aufkommen von Napster den Online-Vertrieb von Musik geradezu verschlafen. Die Buchindustrie brachte E-Books aber frühzeitig auf den Markt. Wenn doch der Bedarf zum großen Teil gedeckt wird: woher kommt dann die Piraterie?

Regal-buecherpiraten E-Book PiraterieClaudia Paul: Das ist eine gute Frage. Für die großen illegalen Anbieter sind solche Urheberrechtsverletzungen auf jeden Fall ein Geschäft, an dem sie gut verdienen können. Bislang ist das Risiko für die Plattformbetreiber, erkannt zu werden, noch nicht groß genug. Und andererseits ist einem kostenlosen Angebot nur schwer ein Geschäftsmodell entgegenzusetzen.

Die Steuer ist schuld an den teuren E-Books?

Lars Sobiraj: Warum sind E-Books nur wenig günstiger als gedruckte Bücher? Die Kosten für Vertrieb und Druck fallen ja weg.

Claudia Paul: Weil auf E-Books 19 Prozent Mehrwertsteuer angerechnet werden und nicht 7 Prozent, sind E-Books im Grunde erst einmal teurer für den Kunden. Dennoch bieten fast 90 Prozent der Verlage den Kunden E-Books günstiger an als die Print-Version – knapp die Hälfte davon um mehr als 20 Prozent, fast 40 Prozent um zehn bis 20 Prozent. Da darf es nicht wundern, dass beim Kunden der niedrigere Preis nicht in der eigentlichen Höhe ankommt.

Druckkosten haben bei der Herstellung eines Buches mittlerweile nur noch einen minimalen Anteil, gleichzeitig ist es aber nicht damit getan, aus einem Text einfach nur ein PDF zu machen, d.h. hier muss in die Herstellung wieder investiert werden. Technische Schnittstellen und Anbindungen zu verschiedenen Shops müssen gestaltet, gepflegt und entwickelt werden, man braucht einen 24-Stunden-Service. Das alles kostet Geld. Und dafür sind E-Books schon heute sehr günstig und knapp kalkuliert.

Lars Sobiraj: Frau Paul, vielen Dank für das Gespräch! Im Jahr 2010 führte ich bereits ein Interview mit Dr. Christian Sprang vom Börsenverein durch.

Tarnkappe.info

 

Dmitry Ratushny

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Früher brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert. In seiner Freizeit geht er am liebsten mit seinem Hund spazieren.