Den drei Gründern des sozialen Netzwerks Minds.com geht es nach eigenem Bekunden darum, eine "digitale Demokratie" aufzubauen. Zu schön, um wahr zu sein?
Minds.com ging im Juni letzten Jahres ans Netz. Dieses soziale Netzwerk basiert auf freier Software, CC-lizenzierten Inhalten, dezentralisierten Servern, ausnahmslos verschlüsselten Chats und der Wahrung der Anonymität aller Nutzer. Das eigene Revenue-Programm soll alle an den Umsätzen beteiligen. Die drei Gründer planen nach eigenem Bekunden nicht weniger, als eine „digitale Demokratie“ zu erschaffen. Zu schön, um wahr zu sein?
Software von Minds.com ist Open Source
Bill Ottman, John Ottman und Mark Harding haben die Betreibergesellschaft von Minds.com im Jahr 2014 gegründet. Mit Unterstützung von Anonymous-Mitgliedern ging diese Webseite bereits im Juni 2015 ans Netz. Die Funktionalität ist sehr ähnlich, wie bei vielen anderen sozialen Netzwerken. Wer regelmäßig bei Facebook unterwegs ist (wer ist das nicht?), wird sich bei Minds sofort zurechtfinden. Nutzer werden im Gegensatz zu Facebook dafür belohnt, aktiv zu sein. Wer kommentiert und selber postet, erhält dafür Punkte. Die Beiträge der aktiven Mitglieder sind somit weitaus sichtbarer, als die der reinen Konsumenten.
Diese Aufforderung zur Eigenaktivität gibt es bei Facebook nicht, dort lassen sich die meisten Nutzer einfach nur von den Beiträgen Dritter beschallen. Im Neudeutsch wird dies als so genannte „Lean-Back-Haltung“ bezeichnet. Der Name kommt nicht von ungefähr, viele Anwender verhalten sich im Netz wie die reinsten Coach Potatoes, das will Minds.com ändern. Ein hoher Grad an Aktivität kommt auch daher, weil die meisten Besucher Aktivisten sind und glauben, etwas zu sagen zu haben, oder gerne längere Diskussionen führen.
Die Software von Minds ist Open Source, das Projekt lädt die Programmierer dazu ein, sich aktiv an der Gestaltung dieses Netzwerkes zu beteiligen. Es gibt im Gegensatz zum großen Bruder Facebook auch keine geheimen Algorithmen, die man tagtäglich versucht zu optimieren. Sogar für Android-Smartphones und Nutzer von iOS sind eigene Apps vorhanden, so weit ist beispielsweise Diaspora nie gekommen.
Hat dieses neue Netzwerk eine Chance?
Schwer zu sagen, die Ideologie von Minds.com klingt sehr vernünftig. Allerdings sollte man unbedingt Englischkenntnisse mitbringen, weil man die restlichen Nutzer ansonsten nicht verstehen wird. Die meisten Postings sind nämlich in der englischen Sprache gehalten. Auch kommt irgendwie das Gefühl auf, dass man das alles schon mit Diaspora hatte. Dezentrale Server, die Wahrung der Anonymität und die Verwendung von freier Software hat auch Diaspora versprochen. Es gibt viele Ansätze für neue Netzwerke, doch wie viele davon können überleben?
Ein Beispiel gefällig? Hierzulande dümpelt das Projekt qramble.com aus NRW vor sich hin, obwohl man auch dort vieles richtig gemacht hat. Warum? Ganz einfach. Die Menschen folgen immer der restlichen Masse. Das ist auch der Grund, warum niemand erfolgreich WhatsApp verlassen kann, weil sich die Kommunikationsmöglichkeiten ansonsten von jetzt auf gleich auf null reduzieren würden. Natürlich wäre es sinnvoll, ständig verschlüsselt zu kommunizieren (Threema, Telegram) und keinem US-Unternehmen zu vertrauen, welches bekanntlich der NSA unser aller Daten zuspielt.
Zu wenig deutschsprachiges Publikum unterwegs
Doch genau dieses Problem könnte die überaus positiven Ansätze von Minds.com auf Dauer zunichte machen. Wie lange werden die Nutzer bleiben, wenn ihre Freunde und Bekannten dort nicht vertreten sind? Die monatlichen Visit liegen bei ungefähr 1.6 Millionen, im Gegensatz zu Facebook ist das gar nichts. Aber es ist für das englischsprachige Publikum mit einer speziellen Ausrichtung möglicherweise genug, damit das Projekt dauerhaft überleben kann. Man wird sehen…
P.S.: Wer mich dort kontaktieren will, ich spiele derzeit als Ghandy mit den Features von Minds herum.
Update: Leider gibt es eine negative Nachricht von einem IT Sicherheitsberater, die noch auf weitere Bestätigungen anderer Fachfrauen/Fachmänner (also euch) wartet. Demnach soll es dort sehr viele verschiedene Sicherheitslücken geben (redirects, xss, lfi und so weiter).
Leider wird Minds.com auch zunehmend von Verschwörungstheoretikern benutzt. Und von solchen Personen, die bei Facebook oder Twitter aufgrund ihrer extremen Aussagen rausgeflogen sind.
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