VG Media vs. Google – die Pferdekutschenlobby vs. ein IT-Konzern?

Mitglieder der VG Media wollen wegen der Nutzung ihrer Inhalte bei Google News Geld von Google verlangen. Wird diese Forderung von Erfolg gekrönt sein?

VG Media vs. Google. Ein Bund deutschlandweit agierender Verlage will Geld von Google verlangen, weil diese kleine Ausschnitte von Texten und Bildern der Verlage bei Suchanfragen anzeigt und nebenbei Werbung schaltet.  Können die deutschen Verlagshäuser diesen Kampf gewinnen?

VG Media will Geld von Google News

Google meldet hierauf, dass man sich juristisch im Rahmen des aktuellen Leistungsschutzrechts bzw. Zitatrechts bewege. Zudem verzeichnen die Verlage aufgrund der Textausschnitte bei Google News & Co. höhere Zugriffszahlen bei ihren eigenen Portalen, was mit höheren Werbeeinnahmen einher geht. Auch wird auf in der auf Nachrichten spezialisierten Suche „Google News“ keine Werbung angezeigt. Die Mitglieder der Gesellschaft zur Verwertung der Urheber- und Leistungsschutzrechte von Medienunternehmen mbH (VG Media) könnten jederzeit durch den Einbau der robots.txt das Listen ihrer Inhalte verhindern.

Nach intensivem Lobbying (insbesondere des Springer-Lobbyisten Dr. Dietrich von Klaeden und seines Bruders des damaligen Staatsministers im Kanzleramt) bekommen die Verlage ein verändertes Gesetz, welches aber lediglich für Suchmaschinen-Betreiber gilt. Dieses definiert ebenfalls ein Zitatrecht, welches allerdings nur für das Zitieren  „weniger“ Wörter zulässt, und auch nicht genauer definiert, wie „weniger“ auszusehen hat.

how google news works, vg mediaReine Newsagregatoren werden nicht überleben

Viele kleine und mittelgroße Suchmaschinen bannen die Seiten, verschiedene reine „Newsagregatoren“ müssen ihren Service einstellen. Google will juristische Auseinandersetzungen ebenfalls vermeiden, welche aus einem solch offen definierten Gesetz folgen würden. Man ändert seine Auflistungseinstellungen von opt-out zu opt-in. Dies bedeutet, dass die Websites nicht mehr automatisch von Google in ihren Suchindex aufgenommen werden, sondern nur noch wenn die zugehörigen Verlage dies aktiv erlauben.

Daraufhin wollen die Verlage (hier insbesondere in Form der VG Media /Springer) Google dazu verpflichten ihre Inhalte zu listen und dafür direkt zu bezahlen, was Google verweigert. Die Verlage ziehen vor das Bundeskartellamt, um dagegen zu klagen, was wiederum von Bundeskartellamt abgewiesen wird – da es keine kartellrechtlichen Verstöße von Seiten Googles sieht. Insgesamt zwei Jahre nachdem die ersten Diskussionen zum Thema LSR aufgekommen sind, haben die Verlage ihre Forderungen zurückgezogen, und „überlassen nun Google umsonst ihre Inhalte“ – allerdings nur Google und niemandem sonst.

Motivation?

Fraglich erscheint hier die Motivation der Verlage, da diese von der Dienstleistung Googles genauso profitieren, wie Google von den Verlagen. Google zeigt ein Suchergebnis, und die Verlage bekommen den höheren Traffic. Vergleichbar ist dies mit dem Verhältnis zwischen Taxifahrer und einem Restaurant, der Taxifahrer (Google) kann Kunden zu einem Restaurant (Verlag) befördern, dadurch Gewinn machen, und das Restaurant eine höhere Besucherzahl verzeichnen. Im Gegenzug darf Google News sein Portal mit den Inhalten Dritter füllen.

sauron google vs. vg media
Google has Saurons eyes.

Beängstigend sind unter anderem die Einflüsse des Springer-Verlages auf die deutsche Politik, und noch mehr die Aufklärung deutscher Verlage über ihre eigenen Aktivitäten und Berichte darüber. Insbesondere auf FAZ.de, SUEDDEUTSCHE.de aber auch SPIEGEL.de und ZEIT.de ist der Konsens „von Verlagen, für Verlage“ – eine einseitige Berichterstattung folgt. Auch mangelt es den meisten Autoren an grundlegenden Fachkenntnissen bezüglich IT, oder Webeconomy und den Grundprinzipien letzterer. Leider scheint das Geschäftsmodell von Google den meisten Autoren nicht einmal ansatzweise geläufig zu sein.

Es hat den Anschein, dass in der Welt der Internet-Ökonomie, die Angst unter den alteingesessenen deutschen Presseverlegern umgeht. Man versucht den eigenen Untergang um jeden Preis zu verhindern. Gleichzeitig will man das eigene Geschäftsmodell überhaupt nicht ändern. Amüsanterweise betreibt der Springer-Konzern mit einem Tochterunternehmen selbst einen Trackingservice, welcher (ähnlich wie Google) Nutzerprofile zu Werbezwecken erstellt und auch verkauft – und hierbei wie Google auf einen Anteil von 80% der deutschen Internetnutzer kommt.

Gleichzeitig unterstützt die deutsche Politik ein solches Verhalten und betreibt es auch selbst, so beispielsweise die bezahlte Weitergabe personenbezogener Daten aus Einwohnermeldeämtern. Auch sagte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, dass neue Innovationen wie das Internet und daraus folgende neue Entwicklungen nur im Konsens mit bereits existierenden Strukturen genutzt und entwickelt werden sollten.

IT Konzern vs. Pferdekutschenlobby??

Jeder, der sich intensiv mit der Geschichte von technischen Entwicklungen auseinander gesetzt hat, wird dieser Aussage widersprechen. Selbst das Zugpferd der deutschen Industrie, die Autoindustrie, konnte nur entstehen, weil sich damals politisch der Rückhalt der Pferdekutschenlobby angesichts der großen Vorteile des Automobils und der wenigen Nachteile im Nichts verpuffte.

Immer wieder wird in diesem Zusammenhang das Geschäftsmodels Googles oder auch Facebooks stark kritisiert. So wird behauptet, dass es die informationelle Selbstbestimmung untergrabe. Hierbei fehlen aber den meisten Autoren wieder grundsätzliche Kenntnisse der Internet(Ad-)Ökonomie. Alleine die Gleichsetzung von Googles und Facebooks Geschäftsmodells ist schlichtweg falsch. Beide Unternehmen betreiben die Bildung von Werbeprofilen ihrer Nutzer, aber niemand ist verpflichtet ihre Angebote in Anspruch zu nehmen. Hiermit fällt das Argument der informationellen Selbstbestimmung fast weg, ein Problem stellen hingegen die flexiblen AGBs dar, welche nach deutscher Rechtsprechung auch in einen juristischen (Dunkel-)Graubereich liegen. Hierbei sollte man jedem Politiker, der auf informationelle Selbstbestimmung gegenüber Unternehmen pocht, an den inzwischen über einem Jahr laufenden NSA-Skandal und die nicht existente Aufklärung (bzw. den mangelnden Willen dies zu tun) erinnern. Der Geheimdienst NSA widerspricht der Selbstbestimmung über unsere eigenen Daten tagtäglich aufs Neue.

Gefahr für Absatzmärkte

google-hqNach der Erstellung solcher Profile, werden dadurch Umsätze erwirtschaftet, allerdings auf verschiedene Arten und insbesondere mit verschiedenen Endkunden. Facebook operiert in der Advertisingbranche konkurrenzlos, da sie als einziger Werbeanbieter auf Facebook aktiv sind. Hingegen steht Google einer großen Zahl von Konkurrenten im ganzen Internet gegenüber. Facebook verwendet also die Profile zur Erstellung personenbezogener Werbung auf Facebook, kann dann aber die gewonnen Profil weiter verkaufen. Google hingegen würde mit einem weiteren Verkauf der Profile die Konkurrenz stärken, die positiven Effekte des freien Marktes werden hier sichtbar.

Gefährlich können hier weitere Absatzmärkte werden, insbesondere in der Gesundheitsbranche wäre eine entsprechende Gesetzgebung empfehlenswert. Dass der Staat der größte Besitzer gesundheitsrelevanter Daten ist, und dieser die Monetarisierung eben jener untersagen wird, ist allerdings unwahrscheinlich.

Wie geht es weiter?

Mir ist es bisher nicht gelungen, eine derart einfache Analyse in einem der größeren deutschen Medienhäuser zu finden. Woran nur mag es liegen?

Ich freue mich darauf, bald Industrievertreter zu sehen, welche Berichte über ihre Produkte nur noch unter Lizenz gestatten. Immerhin erstellt die Industrie erst den Grund, zu dem viele Verlage insbesondere in Fachzeitschriften Content absetzen können. Selbst dann, wenn solche Reportagen nicht selten kostenfreier Werbung gleichen. Was für die Verlage recht ist, müsste für die Industrie billig sein.

Danke an Niklas Zantner, der diesen Gastbeitrag geschrieben hat.

Bildquellen: TopRank Online Marketing (CC BY 2.0), Duncan Hull (CC BY 2.0), Trey Ratcliff (CC BY NC-SA 2.0)