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Popcorn Time: das „Netflix für Piraten“ schloss die Pforten

Den illegalen Streaming-Dienst Popcorn Time, auch bekannt als „ Netflix für Piraten“, stellten die Betreiber aktuell mangels Nutzung ein.

Anders als die legale Version von Netflix funktionierte Popcorn Time nicht, indem es seine eigenen Inhalte hostete und sie so den Nutzern zur Verfügung stellte. Hier gaukelte das Frontend der Website den Nutzern vor, es würde sich um Streaming handeln. In Wahrheit bezog man die TV-Serien und Kinofilme mittels P2P-Filesharing. Die simple Nutzung führte zu einer beträchtlichen Popularität nach dem Start im Jahr 2014. Wir haben das Projekt damals auch ausführlich kommentiert.

Über das Aus nach so vielen Jahren berichtete nun die Nachrichtenagentur Bloomberg.

Popcorn Time macht nach fast acht Jahren die Schotten dicht

Die Website bot eine kostenlose Alternative zu abonnementbasierten Video-Streaming-Diensten wie Amazon Prime, Disney+ oder Netflix. Popcorn Time lehnte langweilige, textbasierte Benutzeroberflächen ab. Außedem muss man dafür nicht mehrere Torrent-Sites durchsuchen. Sie präsentierten stattdessen Inhalte in einer Benutzeroberfläche im Stil der bekannten Streaming-Plattformen im Netz.

Diese Einfachheit führte damals zu einer steigenden Popularität und Aufmerksamkeit der Inhaber von Urheberrechten, die alles taten, um sie zu beseitigen. Von diesem Modell gab es auch einige Abspaltungen und Weiterentwicklungen, weil der Quellcode des Projekts bis heute öffentlich im Netz verfügbar ist.

Popcorn-Time.to

Kein Webhosting, kein echtes Streaming

Der rechtliche Status des Projekts war oft umstritten, da die Website als auch ihre Macher selbst kein raubkopiertes Material gehostet haben. Allerdings warnte Netflix Inc. bereits im Jahr 2015 in einem Finanzbericht die Anleger vor dem Aufstieg von Popcorn Time. Chief Executive Officer Reed Hastings erklärte damals: „Piracy ist weiterhin einer unserer größten Konkurrenten.“

Da sich bereits Rechtsstreitigkeiten andeuteten, verließen die ursprünglichen Entwickler Popcorn Time schnell wieder. Sie stellten das Projekt dann aber auf Open Source um. Den Code übernahmen später weitere Betreiber, wobei popcorn-time.to (später.tw) zu einem der führenden Forks wurde.

Am gestrigen Dienstag schickte die Gruppe der Betreiber eine E-Mail an die Redaktion von Bloomberg. In ihr erklärten sie, dass sie das Projekt einstellen. Die Schließung begründeten sie mit einem Mangel an Usern. Zudem belegt eine Grafik auf der Startseite von Popcorn-time.tw, dass das Interesse an der Plattform von 2015 bis 2022 massiv nachgelassen hat. Ausschlaggebend für die Entscheidung war sicher auch die mangelnde Möglichkeit, das Projekt mit Erfolg zu monetarisieren.

popcorn time

Oben auf der Seite heißt es: „R.I.P.“ – rest in peace = ruhe in Frieden. In Deutschland und in vielen anderen Nationen war die Nutzung außerdem sehr gefährlich, weil man sich dabei leicht eine Filesharing-Abmahnung einfangen konnte. Das galt insbesondere bei ganz aktuellen Serien oder Filmen.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.