Smart-TVs
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Bildquelle: Glen Carrie, Lizenz

Smart-TVs von LG & Samsung übertragen Screenshots an eigene Server

Laut einer Analyse von Forschern der Universität von Kalifornien telefonieren die Smart-TVs von zwei Herstellern nach Hause.

Sechs Forscher der Universität von Kalifornien haben Smart-TVs mehrerer Hersteller untersucht. Die Fernseher verwenden einen einzigartigen Tracking-Ansatz namens Automatic Content Recognition (ACR), um ein Profil der Seh-Aktivitäten ihrer Nutzer zu erstellen. ACR ist eine Shazam-ähnliche Technologie, die in regelmäßigen Abständen die auf dem Bildschirm eines Fernsehers angezeigten Inhalte erfasst.

Tiefe Eingriffe in die Privatsphäre der Nutzer

Anschließend gleicht das System die an die eigenen Server übertragenen Screenshots mit einer Inhaltsbibliothek ab. Damit kann man erkennen, welche Inhalte zu einem bestimmten Zeitpunkt angezeigt werden. Das ACR-Tracking wurde zuvor noch nicht wissenschaftlich untersucht. Doch das ist noch nicht alles, die Smart-TVs übertragen in bestimmten Abständen auch die Audiodaten der Nutzer.

Datenverkehr der Smart-TVs untersucht

University of California

Im Rahmen ihrer Untersuchung führten die Forscher eine Blackbox-Überprüfung des ACR-Netzwerkverkehrs zwischen ACR-Clients auf dem Smart-TV und ACR-Servern durch. Man wollte herausfinden, ob das ACR-Tracking unabhängig davon ist, welche Inhalte ein Nutzer konsumiert. Also, ob getrackt wird, wenn man ein Gerät via HDMI angeschlossen hat, normal über die Antenne fernsieht oder eine Streaming-Plattform nutzt etc.

Interessant war im Rahmen der Untersuchung zu erfahren, ob die von den Smart-TVs angebotenen Datenschutzkontrollen einen Einfluss auf das ACR-Tracking haben. Ferner galt es herauszufinden, ob es Unterschiede beim ACR-Tracking zwischen Großbritannien und den USA gibt.

Screenshots auch bei der Nutzung externer Geräte

Tatsächlich fanden die Wissenschaftler heraus, dass Smart-TVs von Samsung und LG Screenshots von dem, was Sie gerade sehen, erstellen. Das gilt selbst dann, wenn man sie zur Anzeige von Bildern von einem angeschlossenen Laptop oder einer Videospielkonsole verwendet. Zudem konnte man die Erstellung von Audio-Aufnahmen nachweisen, die man ebenfalls mit bestehenden Daten abgleichen konnte. Die Inhaltserkennungssysteme sollen die Sehgewohnheiten herausfinden, um die Käufer der Geräte mit möglichst gezielter Werbung zu versorgen.

Die Geräte von Samsung und LG können zwischen 10 und 500 Millisekunden Aufnahmen vom Bildschirminhalt erstellen. „Wenn ein Benutzer seinen Laptop über HDMI anschließt, um auf einem größeren Bildschirm zu surfen, indem er den Fernseher als ‚dummes‘ Display benutzt, ahnt er nicht, dass seine Aktivitäten auf dem Bildschirm aufgezeichnet werden“, kommentiert Yash Vekaria von der University of California in Davis die Ergebnisse. Die Kollegen des Portals NewScientist schickten Presseanfragen an beide Hersteller. Samsung und LG haben auf die Bitte um eine Stellungnahme leider nicht reagiert.

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ACR-Tracking erfährt persönliche Vorlieben

Vekaria und fünf Kollegen schlossen Smart-TVs von Samsung und LG an ihren eigenen Computerserver an. Ihr Server, der mit einer Software zur Analyse des Netzwerkverkehrs ausgestattet war, fungierte als Mittelsmann, um zu sehen, welche visuellen Schnappschüsse oder Audiodaten die Fernsehgeräte hochluden. Sie fanden heraus, dass die Smart-TVs keine Screenshots oder Audiodaten hochluden, wenn sie Inhalte von Netflix oder anderen Apps von Drittanbietern streamen. Das gleiche galt für YouTube-Inhalte, die man auf einem separaten Telefon oder Laptop übertragen hat. Das System blieb ebenfalls stumm, solange die Geräte im Leerlauf waren.

Die Smart-TVs luden jedoch Schnappschüsse hoch, wenn sie Sendungen von der TV-Antenne oder Inhalte von einem über HDMI angeschlossenen Gerät zeigten.

Samsung, ACR, Smart-TVs

Smart-TVs tracken nur dort, wo es keinen Datenschutz gibt

Die Forscher entdeckten auch länderspezifische Unterschiede, wenn Nutzer den kostenlosen, werbefinanzierten TV-Kanal von Samsung– oder LG-Plattformen streamten. Solche Nutzeraktivitäten wurden hochgeladen, wenn das Fernsehgerät in den USA in Betrieb war, nicht aber in Großbritannien. Durch die Aufzeichnung von Nutzeraktivitäten, auch wenn sie von angeschlossenen Laptops kommen, sind Smart-TVs dazu in der Lage, höchst sensible Daten zu erfassen, sagt Vekaria. So könnte zum Beispiel aufgezeichnet werden, ob die Nutzer nach Babyartikeln oder anderen persönlichen Dingen suchen.

Deaktivierung der Übertragungen ist möglich aber kompliziert

Bei Samsung- und LG-Fernsehern können die Kunden das Tracking deaktivieren. Dazu müssen die Kunden jedoch zwischen sechs und 11 verschiedene Optionen in den TV-Einstellungen aktivieren oder deaktivieren. Gerade leicht macht man es den Käufern der Smart-TVs nicht, das Tracking abzuschalten. Um das gezielte Tracking abzuschalten, gibt es auch AdBlock-Listen, doch deren Nutzung ist auch nichts für Einsteiger.

Dies ist die Art von Technologie, die in die Privatsphäre eingreift und von den Kunden verlangen sollte, dass sie sich für die Weitergabe ihrer Daten entscheiden, und zwar mit einer klaren Formulierung, die genau erklärt, wozu sie ihre Zustimmung geben, und nicht in den anfänglichen Einrichtungsvereinbarungen, die die Kunden in der Regel schnell durchgehen“, sagt Thorin Klosowski von der Electronic Frontier Foundation (EFF). Dies ist eine gemeinnützige Organisation für digitalen Datenschutz mit Sitz in Kalifornien.

Die komplette Forschungsarbeit von Gianluca Anselmi, Yash Vekaria, Alexander D’Souza, Patricia Callejo, Anna Maria Mandalari und Zubair Shafiq zur Nutzung des ACR-Trackings auf Smart-TVs ist hier als PDF-Dokument verfügbar.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.