Die E-Mails an die eigenen User und die Pressemitteilungen von Gab.com sind an dramatischer Sprache kaum zu überbieten. Aktuell beklagt das rechts-libertäre soziale Netzwerk, dass Visa der Plattform nicht mehr seine Dienste zur Verfügung stellt und holt gegen alles und jeden aus. Der Kreditkartenanbieter ist unterdessen bei weitem nicht das einzige Unternehmen, das nicht mehr mit Gab zusammenarbeiten will.
Der Nächste, bitte: Visa reiht sich ein
Eine weitere Narbe für Gab.com
Die vielen Rückschläge halten die selbst ernannten Free Speech-Aktivisten jedoch nicht davon ab, an ihrer Idee festzuhalten: „Wir wurden unglaublich widerstandsfähig gegen plattformunabhängige Angriffe“, schreiben sie. Weiterhin heißt es: „Wenn ihr eure Server besitzt und euer eigenes E-Mail-System aufbaut, könnt ihr nicht von ihnen verbannt werden.“ Es scheint, dem sozialen Netzwerk kaum etwas auszumachen.
Im Gegenteil: Sie nutzen die Verbannungen von den Online-Dienste für ihren USP (zu Deutsch Alleinstellungsmerkmal). „Wir kämpfen dafür, eure Redefreiheit zu erhalten, mit Narben aus der Schlacht, die das beweisen“, ist einer der pathetischen Werbeslogans, der riesig über einem aktuellen Artikel der eigenen News-Seite prankt, wo Geschäftsführer Andrew Torba nochmal ausführlicher über Visa schreibt.
Gab.com: (Fast) alles ist sagbar
Gab sieht sich selbst als Märtyrer der Meinungsfreiheit. Die gibt es laut den Gab-Betreibern bei den großen Mainstream-Plattformen wie Facebook oder Twitter schon lange nicht mehr. Besonders nicht für Personen aus dem konservativen oder rechten Spektrum. Deshalb betrat während des hitzigen US-Wahlkampf in 2016 Gab, damals noch als Gab.ai, die Bühne. Die Idee: Jeder darf machen und sagen, was er will. Nur Gewalt dürfe nicht angedroht und kein pornografisches Material verbreitet werden. Das zog neben gemäßigten Konservativen auch ultra-rechte Krawallmacher wie Richard Spencer an. Neo-Nazis werden zwar nicht explizit willkommen geheißen, dafür aber geduldet. Diese Politik wird Gab immer wieder zum Verhängnis. Ähnlich problematische Inhalte gibt es auch zu Hauf bei Minds.com, einem weiteren eher unbekannten sozialen Netzwerk.
Visa handelte wegen Hate Speech
„Diese Banken haben kein Problem damit, Zahlungen für pornografische Websites abzuwickeln, die mit Kinderausbeutung, Menschenhandel und mehr beladen sind. Sie haben kein Problem damit, Zahlungen für Cannabis abzuwickeln, das auf Bundesebene immer noch illegal ist. Sie haben keine Probleme, Zahlungen für Glücksspiel-Websites abzuwickeln.“
Zensur, Kommunismus und die oligarchische Elite
Tarnkappe.info wollte Visa zu den jüngsten Maßnahmen gegen Gab.com befragen. Vor allem interessierte uns, ob es einen konkreten Anlass gab, aber leider erhielten wir bislang keine Rückmeldung. Gab vermutet derweil, eine koordinierte Attacke, da Twitter kürzlich die rechte Aktivistin Katie Hopkins gesperrt und Google Kommentare auf den konservativ-libertären News-Seiten Zerohedge und The Federalist zensiert habe. „Die Quintessenz ist, dass Gab nicht kontrolliert wird und nicht kontrolliert werden kann von der oligarchischen Elite, die daran arbeitet, unsere Counties zu stürzen und sie mit dem Kommunismus zu infizieren.“
Dann schießt Geschäftsführer Andrew Torba gegen den untätigen Trump. „Wo ist der Präsident? Wo ist der Kongress?“ Torba von Gab.com gibt sich selbst die Antwort: „Twittern und die Situation beobachten. Damit sind sie beschäftigt.“
Tarnkappe.info