Wegen Drogen-Delikten hat das Bonner Landgericht drei Angeklagte zu Bewährungsstrafen verurteilt. Ein weiterer Angeklagter muss hinter Gitter
Erhob am 02.08.2019 die Bonner Staatsanwaltschaft gegen zwölf Mitglieder einer Bande, die Drogen gehandelt hat, Anklage, so steht jetzt das Urteil fest. Die 10. Große Strafkammer des Landgerichts Bonn erwartete ein Mammutverfahren: 35 Hauptakten á 10.000 Seiten, Terabytes an Daten, Telefonüberwachungen und zahlreiche Whats-App-Chats wurden dabei aufgearbeitet. Vier Monate und 16 Verhandlungstage später sind die ersten vier Mitglieder der Darknet-Drogenbande aus dem Raum Bonn verurteilt.
Erstes Drogen-Kampfschiff erfolgreich eingelaufen
Richter Marc Eumann zog für die drei Darknet-Verfahren treffend den Vergleich zu Kampfschiffen. So wäre das erste „der drei Kampfschiffe erfolgreich eingelaufen. Ein zweites ist derzeit auf hoher See und ein drittes noch nicht ausgelaufen.“ Von der 4-köpfigen Besatzung des bereits eingelaufenen Schiffs standen für drei Angeklagten Bewährungsstrafen an. Sie waren als „Bunkerhalter“ eingestzt und haben die gehandelten Drogen gewogen, verpackt und zur Post befördert. Wegen Beihilfe zum Drogenhandel befand das Gericht Bewährungsstrafen zwischen zehn Monaten und zwei Jahren für angemessen. Zudem gab es eine Auflage zum Abarbeiten von 200 Sozialstunden. Eumann kommentierte, die seien notwendig, damit sich die Bewährungsstrafen nicht wie ein Freispruch anfühlt.
Der vierte Angeklagte im Bunde, der 24-jährige Kapitän der Bande, muss wegen millionenschwerem Rauschgifthandel für sechs Jahre und acht Monate hinter Gitter. Allerdings wurde er haftverschont. Es ist ihm erlaubt, Weihnachten zu Hause zu verbringen. Die Strafe darf er im offenen Vollzug absitzen. Aus verfahrenstechnischen Gründen laufen zwei noch ausstehende, weitere Prozesse gegen die acht verbleibenden Angeklagten vor der ersten und dritten großen Strafkammer von Bonn.
Darknet-Drogenverkauf brachte 1,3 Millionen Euro ein
Als Ausgangspunkt der illegalen Aktivitäten diente ein Handygeschäft, das einer der Mitangeklagten gegründet hat. Statt jedoch Smartphones zu verkaufen, brachte man Drogen, wie Vanilla Kush, White Widow, Blueberry oder Amnesia Haze, an die Kunden. An Geschäftssinn fehlte es den Beteiligten offenbar nicht, denn innerhalb von nur sieben Monaten setzten sie im Darknet in 11.000 Fällen, 85 Kilo Cannabis oder auch Ecstasy im Gesamtwert von 1,3 Millionen Euro um. Ihre illegale Ware boten sie unter Nutzung verschiedener Accounts auf diversen Marktplätzen feil, die Bezahlung erfolgte per Bitcoin. Zwei Lagerhallen in Bonn und Sankt Augustin dienten ihnen als Umschlagplatz. Hier wurden die Drogen abgepackt, adressiert und verschickt.
Nachlässigkeit wurde Drogen-Dealern zum Verhängnis
Zwar agierten die Drogen-Dealer im Darknet mit großer Professionalität. Die Verkaufsstruktur war, auch zum Schutz der Kunden, verschlüsselt. Dennoch schützten sie die eigenen Vorsichtsmaßnahmen nicht vor einem banalen Fehler. Eine nicht ausreichend frankierte Postsendung brachte die Ermittlungsbeamten auf ihre Spur. Demnach hatten die Dealer als Adresse wahllos aus der Region herausgegriffene Unternehmen benannt. Als die Sendung wegen nicht ausreichender Frankierung zurück an den Absender, eben eine solche ausgewählte Firma, ging, wendete sich diese wegen der in ihrer Postsendung enthaltenen Drogen an die Polizei. Die Ermittler folgten der Spur der Postboten. Deren Observierung führte die Beamten schließlich zu den Hauptbeteiligten der Bande. Richter Marc Eumann kommentierte hier Offensichtliches: „Sie hätten sich außer den Drogenwaagen vielleicht auch eine Briefwaage zulegen sollen“
Nach Razzia erfolgten Festnahmen
Eine Razzia in Siegburg führte im Oktober 2018 schließlich zur Festnahme der Verdächtigen. Bei den Hausdurchsuchungen konnte Rauschgift in allen Geschmacksrichtungen, professionelle Drogenwerkstätten mit Feinwaagen, Handschuhe, Vakuumiergeräte sowie Pappkartons mit Luftpolsterbriefumschlägen konfisziert werden. Zudem stellte man noch einen besonders skurrilen Fund sicher, nämlich einen künstlichen Penis „Screeny-Weeny“. Diesen nutzt man, um bei Drogenkontrollen saubere Urinproben abzugeben. Unmittelbar nach seiner Verhaftung hatte ein Bandenmitglied der Polizei alle Beweismittel ausgehändigt. Die Einsatzkräfte konnten so die professionell aufgebaute Organisationsstruktur nachvollziehen und gelangten zudem an die Klar-Adressen von rund 10.000 Käufern, einschließlich ihrer ordentlich aufgelisteten Bestellungen.
Foto Defence-Imagery, thx!
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