NSA-Ausschuss, Wikileaks outer space
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NSA-Ausschuss: Wikileaks-Informant gefährdet, Mitglieder sauer

Nachdem Norbert Lammert gestern die Erlaubnis für die Ermittlungen erteilt hat, ist die Jagd auf den Leaker der Dokumente des NSA-Ausschusses eröffnet.

Der Kreis der Verdächtigen kann stark eingegrenzt werden. Die Ordnerstruktur ist bis auf eine Ausnahme exakt die gleiche, wie auf den Laufwerken vom NSA-Ausschuss des Bundestages. Nachdem Norbert Lammert seine Erlaubnis erteilt hat, ist die Jagd auf den Leaker eröffnet. Ein Hackerangriff auf die Bundestags-IT schließt man hingegen aus.

NSA-Ausschuss hofft auf baldige Aufdeckung des Verräters

Der Informant, der die zahlreichen Dokumente an die Enthüllungsplattform übermittelt hat, kommt aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem Umfeld des Bundesnachrichtendienstes oder dem Verfassungsschutz. Ein Dokument fehlt in der vorgestern veröffentlichten Sammlung, womit kein Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union infrage kommt. Der Kreis der Personen, die als Whistleblower fungiert haben, wäre somit sehr überschaubar. Dem Leaker ist damit offenbar ein Fehler unterlaufen, der seine Identität schnell preisgeben könnte.

Bundestagspräsident Norbert Lammert hat die zuständige Staatsanwaltschaft mit den Ermittlungen beauftragt. Die Weitergabe könnte möglicherweise eine Verletzung von Dienstgeheimnissen durch Amtsträger nach Paragraf 353b des Strafgesetzbuchs darstellen. Weil von den Ermittlungen auch Abgeordnete betroffen sein könnten, musste Lammert den Ermittlungen im Vorfeld zustimmen.

Ausschussmitglieder sauerbnd nsaua wikileaks merkel obama latuff 2016

Ausschusschef Patrick Sensburg (CDU) beklagte, damit hätte Wikileaks ihnen einen „Bärendienst“ erwiesen. In der Vergangenheit haben die Geheimdienste immer wieder versucht, ihnen die Arbeit mit dem Hinweis auf Geheimhaltung zu erschweren. Sensburg beklagte zudem, der Bundestag habe nicht unmittelbar nach Bekanntwerden des Lecks Sicherungsmaßnahmen eingeleitet. Er geht von einem möglichen Hackerangriff aus und nannte russische Geheimdienste als mögliche Quelle der Angriffe.

Auch Martina Renner (Die Linke) äußerte sich in den Medien skeptisch. Es wäre in der Vergangenheit immer wieder behauptet worden, die Dokumente könnten von den Abgeordneten der Opposition weitergegeben werden. Die Publikation der 2.420 Dateien würde dieser Behauptung weiter Vorschub geben, so Renner. Grundsätzlich müsse bei Leaks geprüft werden, ob sie der Aufklärung nutzen und private Daten ausreichend geschützt werden, was nicht der Fall war. „Die Empörung der Koalition jedoch folgt dem Kalkül einer rigiden Geheimhaltungspolitik im Interesse der Geheimdienste.

Kritik an der Veröffentlichung

Christian Flisek (SPD) findet es besonders „fatal“, dass die Veröffentlichung inhaltlich keinerlei neue Erkenntnisse beinhalte. Allerdings seien die Papiere für alle anderen Nachrichtendienste sehr von Interesse. Alles sonst Relevante sei längst durch die Presse und die öffentliche Arbeit des NSA-Ausschusses bekannt geworden, so Flisek. CDU-Ausschussmitglied Tankred Schipanski sieht sogar das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bestätigt, das dem Bundestag die Einsichtnahme in die prism obama nsa surveillance latuffNSA-Suchbegriffe verweigert hatte. Die Selektorenliste hatte der US-Geheimdienst dem BND zur Filterung der weltweiten Kommunikationsströme gegeben.

Noch ist unklar, ob WikiLeaks in Zukunft weitere Dokumente aus dem NSA-Untersuchungsausschuss veröffentlichen wird. Doch der aktuelle Leak betrifft nur ältere Papiere. Spannend wäre auch zu wissen ob geplant ist, strafrechtlich gegen den Wikileaks-Chefredakteur Julian Assange vorzugehen, selbst wenn sich dieser durch seinen Aufenthaltsort momentan dem Zugriff der Justiz entzieht.

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Tarnkappe.info

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.