PimEyes ist eine Suchmaschine für Gesichter. Politiker fordern eine drastische Regulierung, Aber auch Google und Facebook gehen dagegen vor
Aktuell steht die Gesichts-Suchmaschine eines polnischen Start-ups in der Kritik. Gemäß Recherchen von netzpolitik.org analysiert PimEyes Gesichter im Internet. Sie sucht hierbei nach individuellen Merkmalen und speichert die biometrischen Daten. Die Datenbank beinhaltet bereits ca. 900 Millionen Gesichter. Ein Umstand, der bei Politikern Besorgnis auslöst. Facebook und Google leiten rechtliche Schritte ein.
PimEyes: Gesichtserkennung birgt Missbrauchspotenzial
Sorgte Mitte März 2020 noch das Unternehmen Clearview AI für negative Schlagzeilen wegen der Gesichtserkennung zum Zweck der Personenidentifizierung, so hat diese Praxis nun offenbar einen Nachahmer gefunden. Im Gegensatz zu Clearview AI bietet das polnische Start-up seine Dienste sogar der Allgemeinheit an. Der Service steht nicht nur Behörden zur Verfügung. Doch genauso wie Clearview AI ist die Software von PimEyes dazu in der Lage, Menschen aufgrund ihrer biometrischen Daten innerhalb weniger Sekunden zu erkennen. Dabei greift die Datenbank auf ca. 900 Millionen Gesichts-Fotos zu, die das Unternehmen von Personen aus öffentlich zugänglichen Quellen im Internet, wie Facebook oder YouTube gesammelt hat. Netzpolitik.org kommentiert hier treffend: „Alle, von denen es Fotos im Internet gibt, könnten schon Teil ihrer Datenbank sein.“
Netzpolitik.org weist zudem auf das hohe Missbrauchspotenzial und die möglicherweise gegebene Rechtswidrigkeit eines solchen Angebotes hin. Zwar habe man die zutreffenden Suchergebnisse mit keinem realen Namen verknüpft. Jedoch sei es nicht schwer, anhand der mitgelieferten Websites auf Namen, Berufe und vieles mehr schließen zu können. Ein Wiedererkennen auf einer Demonstration durch eine Behörde sei genauso möglich, wie der Missbrauch eines Stalkers.
PimEyes ändert Kurs
Die Europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) untersagt eine Verarbeitung biometrischer Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person. Aufgrund kritischer Nachfragen änderte PimEyes aktuell seinen Slogan und wirbt nun mit: „Laden Sie ihr Foto hoch und finden Sie heraus, wo ihr Bild online erscheint. Fangen Sie an, Ihre Privatsphäre zu schützen.“ Zuvor hätte PimEyes noch gestattet, Fotos von Bekannten und Promis hochzuladen, um diese identifizieren zu lassen.
Politiker fordern Regulierung
Regierung und Opposition fordern eine strenge Regulierung des polnischen Start-up-Unternehmens. Für Tankred Schipanski, dem digitalpolitischen Sprecher der Union im Bundestag, ist das Angebot „unhaltbar“. „Wenn (eine Regulierung) auf Ebene der EU zeitnah nicht gelingen sollte, müssen wir hier als nationaler Gesetzgeber tätig werden“, kommentierte Schipanski gegenüber netzpolitik.org. Jens Zimmermann, digitalpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, stellt die Frage in den Raum, ob wir wirklich in einer Gesellschaft leben wollen, „in der Anonymität im öffentlichen Raum de facto nicht mehr möglich ist?“ Er sprach sich für eine genaue Prüfung darüber aus, ob die bestehenden gesetzlichen Regelungen einen ausreichenden Schutz bieten.
Anke Domscheit-Berg, netzpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, stuft PimEyes als „hochgefährlich“ ein. Durch die schnelle Indentifikation könnten Frauen leichter Belästigungen ausgesetzt werden. Sie wandte sich in der Angelegenheit an den Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber. „Wenn diese App keine Rechtsgrundlage hat, wie sie die DSGVO vorschreibt, müssen daher entsprechende Sanktionen verhängt und eine Verbreitung der App schnellstmöglich unterbunden werden.“
Google und Facebook leiten rechtliche Schritte ein
Aber auch Google und Facebook gehen juristisch gegen PimEyes vor. Sie werfen der Plattform vor, sie würde massenweise Bildmaterial von Youtube und Instagram nutzen. Zugleich wäre TikTok betroffen, die ebenso beabsichtligen, rechtliche Schritte einzuleiten. Ein Google-Sprecher teilte dem SPIEGEL mit, sie würden „eine schriftliche Abmahnung an PimEyes senden“. Darin würden sie „die Verletzungen der Nutzungsbedingungen genau auflisten“. Facebook erklärte, sie hätten „eine Unterlassungserklärung an PimEyes geschickt und die Profile der Plattformgründer sowie alle anderen Konten mit Bezug zur Suchmaschine bei Facebook und Instagram gesperrt“.
PimEyes hingegen dementiert die Vorwürfe. Wie dem SPiEGEL durch einen Firmen-Sprecher mitgeteilt wurde, beziehe man die Daten lediglich aus öffentlich zugänglichen Quellen. Bilder würden nur dann geladen, wenn die Website das in der „robots.txt“-Datei gestatte, in der die Zugriffsrechte für Bots geregelt sind. „Wir bedienen uns nicht bei Social-Media-Websites“, so der Sprecher.
Tarnkappe.info