ISIS, Diaspora
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Zensur: Diaspora und der Fall ISIS – Kommentar von Spiegelbest

In der Diaspora Community wird momentan darüber diskutiert, ob Beiträge von Extremisten der ISIS & Co. gelöscht werden sollen oder nicht.

Bevor wir zur „Zensur“ kommen – zuerst für alle, die Diaspora nicht kennen: Es ist ein dezentrales und werbefreies Netzwerk von Communities, die jeweils einen eigenen Server betreiben und über die Diaspora Software quasi c2c verknüpft sind. Ihr meldet euch also z.B. bei Poddery.com an und habt damit einen Account auf einem Server in NL, der von ein paar Freaks aus Indien (oder so) administriert wird. Es versteht sich, dass auf diesem Netzwerk ohne Beschränkung alles erlaubt ist.

Wenn ihr selbst einen solchen Port (wie poddery.com) bei Diaspora betreiben wollt, so könnt ihr euch die Open Source Software runterladen und auf einem Server im Nirgendwo installieren. Die Handhabung selbst ist verwirrend. Ihr folgt Tags wie #poddery, #freedom oder #isis, um in Kontakt mit anderen Nutzern im Stream zu bekommen. Ein dort beliebter Tag ist #neuhier, mit dem ihr als Neuankömmling begrüßt und eingeführt werdet.

Google+ in Teilen bei Diaspora abgeschaut

Zusätzlich zu den Tags könnt ihr mit anderen Accounts Kreise bilden und (auf diesen Kreis beschränkte) Infos und Mails teilen. Die Leute bei Diaspora sind sehr hilfsbereit und ausgesprochen nett, es sind aber wenige. Die Beiträge sind teilweise extrem links, wobei fairerweise gesagt werden sollte, dass Snuff-Videos (= gefilmte Morde) die Ausnahme sind.

Wir selbst waren mal auf Diaspora, um ein paar unschuldige Downloadlinks zu posten. Diaspora eignet sich sehr, um eine nach außen abgeschottete Community zu gründen und diese mit Infos zu versorgen und untereinander zu mailen (die Nachrichtenfunktion ist erstklassig!). Was für ein paar unschuldige Filesharer galt, gilt natürlich auch für ISIS und andere Finstergestalten. Auch sie haben sich bei Diaspora einen Account gemacht, dort ihre diversen Videos hochgeladen und sich verknüpft. Wer ihnen folgen wollte, den versorgt man mit Material. Nur der Admin des jeweiligen Pods konnte ihnen (auf seinem Server) zuschauen und einschreiten (wenn er willens war).

Zensur – oder alles zulassen?

Unter den Tags #isis, #is oder #isil findet ihr jetzt eine recht kurzgeschorene Timeline. Offenbar wurden die Accounts kürzlich identifiziert und gelöscht. Ich vermute mal, dass ISIS sich nun ohne Tag vernetzt oder auf einen anderen Tag ausgewichen ist. Ein Takedown ist quasi unmöglich, weil die Diaspora-Software frei verfügbar ist und man sie überall installieren kann.

ISIS hat also Diaspora gewählt, weil Diaspora schwerer als Twitter und Co zu zensieren ist. Es wurde aber trotzdem zensiert. Ob die Admins des betroffenen Servers nun auf Druck von oben oder aus eigenen Antrieb gehandelt haben, wird ebenso diskutiert wie die Frage, ob eine Zensur mit dem Grundgedanken von Diaspora vereinbar ist. Wohlgemerkt: Twitter ist niemals als Garant irgendeines Freiheitsgedankes angetreten – Diaspora aber hat die Zensurfreiheit auf seinen Fahnen vor sich hergetragen!

Wenn wir sehen, dass bei der Googlesuche eine flächendeckende Zensur stattfindet – sowohl von oben als auch von unten, gegen alles und jeden – dann stellt sich schon die Frage, wo Zensur beginnen darf oder ob sie überhaupt beginnen sollte. Ich darf auch mal Googles neue ‚Richtlinien zum Entfernen von Inhalten‘ zitieren, weil ich es selbst schöner nicht sagen könnte:

„Wir kümmern uns sehr ernsthaft um die Informationen, die Sie auf Google finden. Wir streben eine einheitliche Vorgehensweise an, bei denen der Benutzer im Mittelpunkt steht. Unser Ziel ist es, die Informationen der Welt zu organisieren, doch im Web sind auch sensible Daten sowie Inhalte zu finden, die nicht für alle Nutzer geeignet sind.“

Wo endet Pressefreiheit – wo beginnt Diktatur

Ist schon nicht lustig: Da legt es jemand darauf an, ein unkaputtbares Netzwerk wie Diaspora zu schaffen und wundert sich ernsthaft, dass es jemand benutzt, weil es unkaputtbar ist. Die Diaspora Community ist neuerdings nicht nur dezentral aufgestellt, sondern auch tief gespalten. Letztlich ist ihre Existenz selbst berührt, denn wenn ISIS einen eigenen Server (mit eigenem Admin) betreiben würde, dann wäre eine Zensur technisch unmöglich geworden … ohne eine Änderung an der dezentralen Natur der Software …

Damit stellt sich die Frage, ob die Community und die Macher des Projektes dazu bereit sind?

Nachtrag: Aus internen Quellen weiß ich, dass man in der Diaspora-Community kürzlich eine israelische Terrorgruppe identifiziert ht. Diese hat ohne Ende Videos von zusammengeschossenen Mehrfamilienhäusern in Gaza-Stadt (#goliath) gepostet. Ganz übles Zeug! Und als wenn Diaspora nicht schon genug Ärger mit ISIS und anderen Extremisten hätte, wird in einigen Communities – nach Aussagen von Nutzern, die noch nicht verifiziert wurden – dreist und offen Geld für Waffenlieferungen an die PKK gesammelt. (Das ist eine prominente kurdische Terrorgruppe, die auch in Deutschland ihr Unwesen treibt und regelmäßig im Verfassungsschutzbericht Erwähnung findet.) Auch die Drohnenfreaks (#drones4us) treten in Snuff-Wettbewerben gegeneinander an und laden – im friedlichen Diaspora! – ihre Videos von der Inzielnahme und Zerstörung ganzer Gruppen von Menschen hoch. Die kleinste zählbare Einheit ist bei denen die 5er-Gruppe. Kinder zählen halb.

Scheinbar sind alle Dämme gebrochen …

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