Im EU-Parlament muss aufgrund der Coronavirus umdisponiert werden. Ab jetzt wird online abgestimmt – den ersten Fauxpas gab's auch schon.
Novum im EU-Parlament: Die Abgeordneten haben heute zum ersten Mal per E-Mail abgestimmt. Kritik gab es im Vorfeld vor allem aus den Reihen der Piratenpartei, die das aus sicherheitstechnischen Gründen für riskant hält. Eine erste Panne gab es auch schon.
Drastische Maßnahmen im EU-Parlament
Es ist das erste Mal überhaupt, dass die Abgeordneten des EU-Parlament per E-Mail abgestimmt haben. So wolle man vermeiden, dass sie sich an einem Ort versammeln müssen. „Wir werden nächste Woche eine spezielle Plenarsitzung abhalten“, sagte der Fraktionsvorsitzende der Liberalen, Dacian Ciolos, vor einigen Tagen. „Wir haben uns darauf geeinigt, eine spezielle Fernabstimmung zu organisieren, eine einfache Ja- oder Nein-Abstimmung über den Vorschlag der Kommission.“ Der Vorschlag beinhaltet unter anderem eine Investitionsinitiative zur Bewältigung der Krise, die insgesamt 94 Milliarden an Wirtschaftshilfen aus den EU-Töpfen mobilisieren soll. Zudem ging es um eine Ausweitung des Solidaritätsfonds für Notfälle in der öffentlichen Gesundheit.
Online-Voting bleibt einige Monate
Der Löwenanteil verfolgte das Plenum also online. Für die Abstimmung bekommen die Abgeordneten die Stimmzettel per E-Mail. Diese müssen sie dann ausdrucken, ausfüllen und eingescannt oder abfotografiert via E-Mail zurücksenden.
„Angesichts dieser Notlage müssen wir alle uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen“, sagte der Präsident des EU-Parlaments Sassoli in einer Erklärung. Die Online-Abstimmung werde wahrscheinlich auch in den nächsten Monaten genutzt werden. „Wir ermutigen die Abgeordneten in ihren Mitgliedsstaaten nicht, nach Brüssel zu kommen“, sagte er. Das Ziel des Online-Abstimmungssystems sei es, „unsere Kollegen nicht zur Anwesenheit zu drängen.“
Piraten dagegen, Grüne dafür
Kritik kam dabei im Vorfeld insbesondere von der Piratenpartei. „E-Mails von den Mailboxen der Europaabgeordneten können über das Internet von jedem Rechner aus versandt werden“, beschwert sich der Europaabgeordnete Dr. Patrick Breyer. „Normalerweise haben die Mitarbeiter von Abgeordneten Zugriff auf die Mailbox des Abgeordneten und zu Dokumenten mit deren Unterschrift.“
Abstimmungen des Europäischen Parlaments sollen wegen #Coronavirus per E-Mail stattfinden dürfen – eingescannte Unterschrift soll ausreichen.🤦
Ein so manipulationsanfälliges Verfahren setzt das Vertrauen in die Integrität von wichtigen Abstimmungen aufs Spiel!#eVoting
— Patrick Breyer #JoinMastodon (@echo_pbreyer) March 20, 2020
Allerdings gibt es auch jede Menge Zustimmung – von den Grünen zum Beispiel: „Richtig so! Europaparlament ermöglicht Abstimmung per Email für Plenum nächsten Donnerstag“, schrieb der Abgeordnete der Grünen Daniel Freund.
Richtig so! Europaparlament ermöglicht Abstimmung per E-Mail für Plenum nächsten Donnerstag. #Bleibzuhause sollten Europaabgeordnete vorleben. Gleichzeitig darf die Europäische Demokratie nicht stillstehen, muss sich für gerechte Krisenmaßnahmen einsetzen. #LeaveNoOneBehind pic.twitter.com/waXfDjppg5
— Daniel Freund (@daniel_freund) March 19, 2020
Für das EU-Parlament ist Internet noch Neuland
Die erste Online-Abstimmung im EU-Parlament sorgte aber bereits für die erste Panne. Ein Grünen-Abgeordneter beschwerte sich über die vielen E-Mails in seinem Postfach und postete eine Bitte an seine Kollegen: „Drück nicht den „allen antworten“-Button.“ Aber immerhin haben 687 Abgeordnete abgestimmt. Das entspricht einer herausragenden Beteiligung von 97,5 Prozent. Das Resultat der Abstimmung ist indes zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht veröffentlicht.
Dear MEP colleagues,
Please dont send your votes to all colleagues (dont push the „reply all“ Button). It‘s good to be transparent, but i dont want to receive about 2000 emails with your votes in my inbox today. 🙄🙄 🙈🙈 #EPplenary— Rasmus Andresen 🇪🇺🏳️🌈🇺🇦 (@RasmusAndresen) March 26, 2020
Foto Edda Dietrich, thx! (CC BY-SA 2.0)
Tarnkappe.info