nuss geknackt, flatrate, shutterstock
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Die Flatrate von Amazon und die Buchpiraten – ein Kommentar

Die Flatrate von Amazon wird die Buchpiraterie, aber auch die Verlage und den Buchhandel abschaffen. Ein Diskussionsbeitrag von Spiegelbest.

E-Books: Thema durch? Ist die Nuss schon geknackt? Perseus hat kürzlich eine Diskussion über die Amazon-Flatrate in den USA angeregt, die auch uns schon bald erreichen wird. -> Link. Diese Anregung nehme ich gerne auf.

Die meisten Nutzer kennen das Thema Flatrate aus der Torboox-Zeit. Ich will jetzt nicht die ganze Diskussion aufwärmen, aber uns war früh klar, dass Amazon mit einer Flatrate kommen würde. Torboox war ein durchaus ernst gemeintes Angebot an die Verlage gegenzuhalten. Nachzulesen -> Link. Wir haben oft genug gesagt, dass die Leser ein E-Book lesen wollen, welches die Gesamtheit aller E-Books beinhaltet.

Amazons Flatrate macht alles kaputt

Im Kern ist das E-Book nämlich ein Flatbook. (Wollte Amazon eine Flatrate mit Papierbüchern aufziehen, würden alle LKWs der USA nicht ausreichen, sie auch nur in einer Kleinstadt verfügbar zu machen.) Papierbücher führen uns in die Tiefe, E-Books in die Fläche. Das Lesen von E-Books ist etwas völlig anderes als das Lesen von Papierbüchern. So weit zum Grundsätzlichen.

Wer aufmerksam verfolgt, welche Titel wir bei Ebookspender.me anschaffen, wird feststellen, dass wir fast nur Verlagstitel anschaffen. Wir umgehen die Amazontitel nicht bewusst, aber sie sind so billig, dass eine Befreiung nicht lohnend erscheint. Amazon schafft es also de facto bereits jetzt, uns über den Preis von den eigenen Titeln fernzuhalten. Wir sehen im Kleinen, was im Großen passieren wird.

Am Ende wird es keine Buchpiraten geben … aber auch keine Verlage (und keinen Börsenverein). Die entscheidende Frage ist für mich nicht, was am Ende steht, sondern was in der Zwischenzeit, im Übergang passiert.

Stellen wir uns praktisch vor, ein Monat freies Lesen von Amazon-Titeln würde € 9,99 kosten. Wer würde dann noch einzelne Titel kaufen? Sicherlich, die Bestseller der Spiegelliste wären weiterhin gefragt, aber sie wären (im Vergleich) unendlich teuer geworden. Sie würden also – voraussehbar – heftig an Umsatz einbüßen. Dies würde auch für Papierbücher gelten (Haptik hin, Haptik her). Auch sie würden uns Lesern mit einem Mal völlig überteuert erscheinen.

Führen wir uns vor Augen: 600.000 E-Books kosten als Lese-Flat soviel wie ein lieblos gedrucktes Taschenbuch in Einzelbesitz!

Können die Verlage dauerhaft überleben?

Leicht vorhersehbar, was passieren wird: Die bisherige Preiserhöhungskette vom Verlag, zum Großhändler, zum Buchhändler, zum Autoren ist nicht mehr aufrecht zu erhalten. Die Autoren (und ihre Dienstleister) werden den direkten Weg wählen. Der Buchhandel in den Städten wird mit den Verlagen verschwinden – aber auch der Onlinehandel mit Papierbüchern. (Amazon würde also – das sei hier festgehalten – die eigenen Umsätze teilweise kannibalisieren.)

In der Übergangszeit gibt es drei Angebote: die Kindle Flat (= 600.000 Titel), die Verlagstitel (die uns völlig überteuert vorkommen) und besagte Verlagstitel 4free (aus den Händen der Buchpiraten). Da das Lesen auf der Kindle Plattform fast kostenlos geworden ist, wird das Verlangen bei den Lesern umso größer, auch den anderen Teil – die Verlagstitel – umsonst lesen zu können. Die Nachfrage nach enteigneten Titel wird voraussehbar hysterisch sein (wenn sie es nicht schon bereits ist).

Ob wir es wollen oder nicht, tragen wir Buchpiraten mit unserem Angebot dazu bei, den Weg zu einer vollständigen Amazon-Flat zu verkürzen. Indem die Wertschöpfungskette des Buches von zwei Seiten – sowohl legal (= Amazon) als auch illegal (= Buchpiraten) – angegriffen wird, schaffen wir nicht nur die Verlage, sondern auch uns selbst ab, das sei immerhin anstelle einer Entschuldigung gesagt …

So weit die reinen vorhersehbaren Fakten! Die Leser werden am Ende fast umsonst alles lesen können, was geschrieben wurde und wird. Ob sie es mit gleichbleibendem Vergnügen lesen werden, ist eine andere Frage, ist Spekulation und und Anschauungssache.

bookstore berlin
Foto: Lars Sobiraj

Wo bleiben die Buchpiraten?

‚Hört sich das schlecht an?‘, frage ich mich. Wenn ich ehrlich bin, wollte ich immer, dass alle alles 4free lesen können. Das war mein Ziel. Es wäre heuchlerisch, eine Flat abzulehnen, nur weil sie von Amazon kommt und weil sie am Ende die Buchpiraterie abschafft.

Für mich wird ein Traum wahr – ein wenig zauselig, aber noch erkennbar als mein Traum.

Ich blicke der Entwicklung – ehrlich gesagt – mit einer gewissen skrupellosen Begeisterung entgegen ;)

Bildquelle: Shutterstock.

Tarnkappe.info