Auf dem Weg nach Hause hatte ich in der Berliner Buchhandlung die Wahl zwischen Glenn Greenwalds Snowden-Buch oder den Thriller „Zero“ von Marc Elsberg. Nach langem Hin und Her habe ich mich für Belletristik entschieden und diese Wahl nicht bereut. Nur 24 Stunden später war das Buch „Zero: Sie wissen, was Du tust“ ausgelesen.
Die Entwicklung der Algorithmen geht aber nicht ohne Fehler vonstatten. Mehrere tausend Benutzer kommen aufgrund einer fehlerhaften Persönlichkeitsentwicklung der Software ums Leben. Entweder begehen die unfreiwilligen Probanden aufgrund von starken Depressionen Selbstmord. Oder aber sie verhalten sich durch die Umerziehung so risikoreich, dass sie in Unfällen zu Tode kommen. Der Programmierer der Algorithmen trifft bei Freemee die einsame Entscheidung, alle Vorfälle zu vertuschen.
Die globale Überwachung spannend gemacht
Nachdem ein Hackerkollektiv (nein, nicht Anonymous!) eine Flotte Drohnen zu einem abgeschiedenen Platz schickte, um den amtierenden US-Präsidenten zu bedrohen, beginnt die Jagd auf ZERO. Damit beginnt der Wettlauf, wer die Aktivisten von Zero als erstes enttarnt. Eine große Rolle spielen dabei Nachfolgergeräte der Datenbrille Google Glass, die jederzeit online gehen und Videos live ins Netz übertragen können. Diese sind auch mit einer Gesichtserkennung ausgestattet. Selbst an Orten wo keine Überwachungskameras stehen, muss trotzdem jeder um seine Privatsphäre fürchten. Abgeschiedenheit? Die gibt es in diesem Roman nicht mehr. Für die Mitglieder dieser Gesellschaft ist das völlig normal, sie sehen die totale Überwachung absolut unkritisch. Sie haben ja nichts zu verbergen …
Ihre Jagd führt von London über das Wiener Museumsquartier und dann direkt in den Dreck des New Yorker Untergrunds. Doch die Verhältnisse ändern sich. Cynthia Bonsant wird schon bald von der Jägerin zur Gejagten, weil sie sich weigert, die Machenschaften von Freemee gegen Bezahlung zu verschweigen. Ihr Problem: Ein Entkommen aus einer Welt voller Kameras, Smartphones und Datenbrillen ist so gut wie unmöglich. Der Mordverdacht gegen sie kommt mitten im Zentrum von New York zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Das Ende dieses wirklich spannenden Buches soll aber nicht vorweggenommen werden.
Zero macht nachdenklich
Das Bedrohliche daran ist, dass das Buch nur wenige Jahre in der Zukunft spielt. Noch können keine winzigen Drohnen mit derartigen Fähigkeiten aufwarten. Und noch gibt es keine ActiveApps, die einen direkt bei der eigenen Lebensführung „unterstützen“ sollen. Doch bis Google, Sony oder ein anderer Hersteller Datenbrillen mit solchen Fähigkeiten auf den Markt bringt, vergeht nicht mehr viel Zeit. Dabei bleibt das Buch auch ohne technische Vorkenntnisse bis ins letzte Detail nachvollziehbar. Man muss kein Informatikstudent sein, um dem Handlungsstrang folgen zu können.
Wem sollte man dieses Buch schenken? Ganz einfach. Entweder sich selbst oder jemandem, der sich noch nie Gedanken um die Macht von Daten gemacht hat. Jemandem, dem Sie anhand dieses Thrillers klarmachen möchten, wie viel schon die heutige geschweige die Technik von morgen ausrichten kann.
Erschienen am 26. Mai 2014 im Blanvalet Verlag, ISBN-10: 3764504927.
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