Boerse.to - Die GEMA hält ihr Vorgehen für zulässig. Da man gegen die Betreiber nicht vorgehen könne, seien Netzsperren der einzige Ausweg.
Die GEMA hält ihr Vorgehen gegen Boerse.to aufgrund eines BGH-Urteils für rechtlich zulässig. Da die Verwertungsgesellschaft, die in Deutschland weit über 70.000 Kreative vertritt, gegen die verantwortlichen Seitenbetreiber nicht vorgehen könne, sieht man Websperren als den letzten Ausweg an.
Keine andere Wahl im Kampf gegen boerse.to ?
Auf die Frage, welches Mitglied sich in der Vergangenheit zum Schutz der eigenen Werke an die Verwertungsgesellschaft gewendet hat, damit die GEMA gegen Boerse.to vorgeht, wollte man nicht eingehen. Theoretisch möglich wäre, dass der Anstoß von der Geschäftsleitung selbst kam. Oder von einem der angestellten Rechtsanwälte. Die Fachreferentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit schrieb uns heute zurück:
„Über die Entscheidungsprozesse innerhalb der GEMA können wir grundsätzlich keine Auskunft geben.“
Können oder wollen, ist hierbei die Frage.
Sperren wurden ohne Gerichtsverfahren umgesetzt
In der Antwort auf die Presseanfrage wegen der DNS-Sperre von Boerse.to heißt es weiter:
„Der Bundesgerichtshof hatte jedoch in einem von der GEMA geführten Verfahren bereits 2015 geurteilt, dass die Sperrung von einzelnen illegalen Webseiten rechtlich zulässig ist (BGH, Urteil v. 26.11.2015, Az. I ZR 3/14). Unter dem Eindruck dieses Urteils scheinen einige Telekommunikationsanbieter nunmehr bereit zu sein, Sperren auch ohne Gerichtsverfahren umzusetzen.“
In diesem Urteil geht es um die Störerhaftung eines Access-Providers (Internet-Anbieters), sofern er sich weigert, seinen Kunden den Zugang zu Portalen zu verweigern, wo Urheberrechtsverletzungen im gewerblichen Ausmaß stattfinden und deren Betreiber man nicht ausfindig machen kann. Zuvor muss der Rechteinhaber nachweisen, dass er alle zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, um gegen die Betreiber und Host-Provider, juristisch vorzugehen. 2015 ging es um die GEMA, die verlangt hatte, dass der ISP den Zugang zu 3dl.am und goldesel.to sperren sollte.
Ursächlich für die jetzigen Sperren war laut Vodafone auch die Dead Island-Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus Juli 2018. Demnach besteht eine subsidiäre (= unterstützende, Hilfe leistende) Handlungspflicht aus Ziffer 7 Abs. 4 TMG für den Access-Provider. Dieser muss unter bestimmten Bedingungen auch ohne gültiges Urteil eines Gerichts tätig werden.
Die GEMA würde lieber direkt gegen die Macher von boerse.to vorgehen…
„Die GEMA würde lieber gegen die primär verantwortlichen Seitenbetreiber vorgehen. Diese sind aber leider technisch bedingt nicht greifbar. So kommt als Ultima Ratio lediglich eine Sperre in Betracht. Websperren erschweren den Zugriff auf illegale Angebote und sind damit geeignet, illegale Nutzungen trotz bestehender Umgehungsmöglichkeiten zu begrenzen.“
Die Frage, für wie lange die Websperren aktiv bleiben sollen, hat man hingegen nicht beantwortet. Da sich die Ausrichtung des Warez-Forums nicht ändern wird, ist sicher eine langfristige Sperre geplant.
Netzsperren als Mittel der Wahl?
Kommentar: Anders als bei Boerse.to behauptet, bin ich diesem Forum gegenüber nicht übermäßig kritisch eingestellt. Es geht auch nicht um Mitleid mit den armen ISPs. Doch aufgrund der bisherigen Urteile des BGH wäre es für die Unternehmen wenig zielführend, eine Klage zu riskieren. Da man Vodafone & Co. zur Kooperation zwingen kann, werden die Rechteinhaber das auch tun. Eine Klage würde die Netzsperren nur verzögern und das Unternehmen sehr viel Geld kosten. Von daher ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht nachvollziehbar, dass man dieses Risiko lieber nicht eingeht. Das hat in meinen Augen nichts damit zu tun, einfach den Weg des geringeren Widerstands zu gehen. Wenn ich ein Verfahren aller Wahrscheinlichkeit nach nicht gewinnen kann, lasse ich es schlichtweg sein.
Dazu kommt: Vodafone wird sicher nicht der letzte Internetanbieter (ISP) sein, an den man sich mit Sperr-Forderungen wenden wird. Die anderen großen DSL-, Kabel- und Mobilfunkanbieter werden ihnen sicher alle früher oder später folgen. Für einen erheblichen Anstieg an Websperren spricht zudem die große Anzahl an gut besuchten Webseiten, wo tagtäglich unzählige Urheberrechtsverletzungen durchgeführt oder zumindest, wie im Fall Boerse.to, angebahnt werden. Der eigentliche Download und somit die Rechtsverletzung findet ja beim Sharehoster und nicht beim Forum selbst statt.
GEMA will Rechte der Mitglieder schützen
Anders als mit Netzsperren kann man den Online-Piraten wie Boerse.to nicht beikommen. Eine der erklärten Aufgaben der GEMA ist es, die Rechte ihrer Mitglieder zu schützen.
Die Vorgehensweise wird in jedem Fall dafür sorgen, dass sich immer mehr Menschen über die Konfiguration alternativer DNS-Server informieren werden. Viele Websperren werden auch den ganzen VPN-Anbietern perfekt in den Kram passen. Viele Surfer werden nämlich der Einfachheit halber, lieber einen VPN nutzen wollen. Der kostet zwar Geld. Aber wohl immer noch weniger, als die Werke, die man während dessen Nutzung illegal bezieht. Außerdem verschleiert ein VPN meine Datenströme. Im Zuge wachsender Überwachung wird es für immer mehr Menschen wichtig, etwas aktiv dagegen zu tun.
Tarnkappe.info