börsenverein des deutschen buchhandels, UrhWissG
börsenverein des deutschen buchhandels, UrhWissG

UrhWissG in Kraft getreten: Börsenverein sieht Handlungsbedarf

Alexander Skipis, der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels kritisiert das Inkrafttreten des neuen UrhWissG.

Am 1. März 2018 tritt eine Änderung im Urheberrechtsgesetz (UrhWissG) in Kraft. Nur enthält es, entgegen der Zusage der Bundesregierung, keine Vergütung für Verlage. In einer Pressemitteilung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels hebt Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, hervor: “Der Zustand ist verfassungswidrig”.

UrhWissG in Kraft getreten

Mit der Änderung im Urheberrechtsgesetz (UrhWissG) wurden Regelungen zur Nutzung geschützter Werke für Bildung und Forschung (sogenannte Schrankenregelungen) reformiert. Demnach ist es nun für Schüler, Studenten und Lehrer leichter, an bestimmte Werke ohne rechtliche Hürden heranzukommen. Lehrern ist es gestattet, den Unterrichtsteilnehmern 15 Prozent eines urheberrechtlich geschützte Werkes online bereitzustellen.

Eine vollständige Bereitstellung ist sowohl bei einzelnen Beiträgen aus Fachzeitschriften, aber auch wissenschaftlichen Zeitschriften, Werken geringen Umfangs, Abbildungen und vergriffenen Werken erlaubt. Nicht mehr zulässig jedoch ist das Einstellen von Artikeln aus (Tages- und Wochen-) Zeitungen und Publikumszeitschriften. Die Neuregelung sieht eine Gesamtvergütung der Nutzung von Werken in digitalen Semesterapparaten vor. Eine Einzelerfassung und -abrechnung der Nutzungen ist hingegen kein Thema mehr.

Interessen der Verlage hat man nachrangig behandelt

Im Gegenzug müssen Unis – wie bisher – eine Vergütung an die Verwertungsgesellschaft (VG) Wort zahlen. Die VG Wort verteilt diese dann an die Rechte­inhaberInnen. Die Hochschulen müssen aber nur eine jährliche Pauschalgebühr zahlen. Sie müssen keine Informationen zu den genutzten Büchern weitergeben. So kann die VG Wort den eingehenden Betrag nur „mit der Gießkanne“ unter sämtlichen bei ihr gemeldeten wissenschaftlichen Urhebern aufteilen. Für die Verfasser des Lehrbuchs ergibt sich bestenfalls eine Ausschüttung von wenigen Cent. Die Höhe der Vergütung regelt der Gesetzentwurf nicht. Branchenüblich wären zur Zeit aber 0,8 Cent pro Seite und StudentIn.

Der Verlag erhält für die Nutzung seines Lehrbuchs laut UrhWissG kein Geld. Da seine angemessenen Lizenzangebote von der Hochschule nicht vorrangig berücksichtigt werden müssen und er an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaft (VG) Wort aufgrund der Urteile des Europäischen Gerichtshofs 2015 und des Bundesgerichtshofs 2016 nicht beteiligt wird. Nunmehr fehlt die Rechtsgrundlage dafür, dass Verlage wie früher an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften, wie der VG Wort, beteiligt werden. Das Lizenzgeschäft vieler Verlage wird dadurch auf Dauer unrentabel.

Refinanzierung von Journalismus und wissenschaftlichen Publikationen bedroht

Während insbesondere Verlage, aber auch Journalisten im UrhWissG eine Gefahr für die Refinanzierung von Journalismus und wissenschaftlichen Publikationen sehen, begrüßen hingegen Verbände aus Forschung und Lehre das neue Gesetz. Alexander Skipis schätzt die Aussicht für Verlage als nicht hinnehmbar ein und sieht zugleich Handlungsbedarf für die Bundesregierung, auch alternative Lösungsmöglichkeiten in Erwägung zu ziehen.

„Damit verschwindet der Anreiz für rund 600 unabhängige deutsche Bildungs- und Wissenschaftsverlage, in hochwertige Lehr- und Forschungsliteratur zu investieren und diese auf den Markt zu bringen. Im Koalitionsvertrag hat die künftige Bundesregierung ihren Willen bekundet, einen Dialog zum Aufbau einer zentralen Online-Lizenzierungsplattform als mögliche Alternative zu der jetzt in Kraft tretenden Regelung in Gang zu setzen.

Das ist dringend notwendig. Nur so kann ein wissenschaftlicher Publikationsmarkt innovativ weiterentwickelt werden, der für Bildung und Wissenschaft Vielfalt, Qualität und Unabhängigkeit garantiert.“ In einem dringenden Appell richtet sich Skipis an die Bundesregierung: „Wir appellieren an die kommende Bundesregierung, ihren in den Koalitionsvertrag aufgenommenen Vorsatz zu verwirklichen und hier umgehend tätig zu werden.“

Bildquelle: Hans, thx! (CC0 1.0 PD)

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.