Die Polizeibehörde Europol fordert von Inhaltsprovidern eine Speicherung von IP-Adressen, präzisen Verbindungszeiten sowie Portnummern.
Die britische Bürgerrechtsorganisation Statewatch hat ein vom Europäischen Rat diskutiertes Papier von Europol veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass die europäische Polizeibehörde Europol von Inhaltsprovider, wie Betreibern von Webseiten oder sozialen Netzwerken fordert, IP-Adressen, präzise Verbindungszeiten sowie Portnummern zu protokollieren. Das würde eine deutliche Erweiterung der Vorratsdatenspeicherung bedeuten. Darüber berichteten datenschutzbeauftragter-info.de und heise online.
Inhaltsprovider sollen es für Europol richten
Neben Verschlüsselung und Anonymisierungsnetzwerken haben Europolermittler nun neue Schwierigkeiten. Die Ermittler beanstanden, dass die Speicherung der IP-Adressen zur Rückverfolgung der Täter aus technischen Gründen oft nicht mehr ausreicht. Die Ursache liegt in einer Anwendung der Technologie ‚Carrier Grade Network Translation‘ (CG-NAT): Aufgrund der sprunghaft angestiegenen Anzahl der Internetanschlüsse trat inzwischen eine Knappheit der IPv4-Adressen ein. So können Internetprovider nicht mehr jedem einzelnen Internetnutzer eine IP-Adresse zuordnen.
Unter Anwendung der Netzwerkadressenübersetzung wird daher mehreren Nutzern eine öffentliche IP-Adresse zugeordnet. Die Identifikation der einzelnen Anschlüsse wird intern beim Provider über Router und der jeweiligen Internet-Session zugeordneten Port-Nummern vorgenommen. Dies führt nun dazu, dass eine IP-Adresse nicht mehr nur für einen Internetanschluss steht, sondern für mehrere hundert Anschlüsse gelten kann.
Europol dringt nun darauf, neben der IP-Adresse auch die Portnummern und die exakte Zeit des Internetzugriffs zu speichern. Nur so könne eine eindeutige Identifizierung des einzelnen Nutzers gewährleistet werden. Allerdings soll das nicht nur für Zugangsprovider gelten, wie der Deutschen Telekom, sondern zusätzlich für die Inhaltsprovider. Es werden somit künftig zudem Betreiber von Webseiten oder soziale Netzwerke, wie Facebook verpflichtet, die Daten zu speichern. Auf Antrag hin sollen diese dann den Ermittlern zur Verfügung gestellt werden.
Gesetz betrifft nur Zugangsprovider
Die erhobenen Forderungen gehen über die gängigen Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung weit hinaus, wie sie in Deutschland auf Basis eines umstrittenen Gesetzes von Mitte 2017 an greifen sollen. Beim hiesigen Gesetz ist außerdem noch fraglich, ob die betroffenen Provider Portnummern speichern müssen. Eine verpflichtende Datenspeicherung auch durch Inhaltsprovider lässt das Gesetz grundsätzlich nicht zu, die Speicherpflicht betrifft ausschließlich die Zugangsprovider.
Fazit
Aufgrund der noch laufenden Klagen beim Bundesverfassungsgericht ist die Zukunft der Vorratsdatenspeicherung derzeit noch ungewiss. Eine im Jahr 2011 vom Max-Planck-Institut in Freiburg erhobene Studie zu den Erfolgen der Vorratsdatenspeicherung bei einer sogar 6 Monate langen Speicherung der Daten ergab: Die Vorratsdatenspeicherung hat keinerlei Einfluss auf die Aufklärungsquote von Straftaten.
Tarnkappe.info