Twitch
Twitch

Twitch: Musikindustrie reagiert empört auf Urheberrechtsverletzungen

Ein Konflikt zwischen der Musikindustrie und Twitch gipfelt in einem Brief. Kritisiert wird darin das unlizenzierte Bereitstellen von Musik.

Ihren Unmut auf Amazon in Bezug auf Twitch äußerte die Musikindustrie am 22.10.2020 in einem Brief. Sie wiesen darin auf Urheberrechtsverletzungen und Twitchs nicht existierende Lizenzvereinbarungen mit großen Musikrechtsinhabern hin, wie Variety berichtet. Das Schreiben wurde von Organisationen, wie der Recording Industry Association of America (RIAA), der Recording Academy, der National Music Publishers Association, der American Association of Independent Music, SAG-AFTRA und anderen, unterzeichnet.

Die Geschichte von Twitch beginnt bereits 2007 mit der Gründung der Website Justin.tv. Diese erlaubte eine Live-Video-Übertragung im Internet. Zumeist nutzten Computerspieler das Angebot, um ihre Spiele live und online zu zeigen. Die Zahl dieser Nutzer stieg infolge rasant. Im Jahr 2011 hat man dafür eine eigene Plattform ausgekoppelt. Seither diente der Twitch.tv Dienst einer Übertragung von Videospielen und E-Sport-Veranstaltungen. Jeder registrierte Nutzer kann dort einen eigenen Kanal erstellen und streamen. Im Jahr 2014 hat Amazon Twitch für ca. 970 Millionen US-Dollar gekauft. Twitch ist die weltweit führende Live-Streaming-Plattform für Gamer.

Twitch vs. Musikindustrie: Urheberrechtsverletzungen als Ursache für einen Konflikt

Die Kontroverse um Twitchs langjährige Politik, keine Musik zu lizenzieren, jedoch stattdessen DMCA-Deaktivierungsbenachrichtigungen an Entwickler zu senden, deren Streams geschütztes Audio enthalten, trat bereits im Juni in den Mittelpunkt. Einige Twitch-Streamer ließen in ihren Videos Musik im Hintergrund spielen. Zwar verstieß das gegen die Regeln, blieb jedoch bislang ohne Konsequenzen. Zu der Zeit geriet Twitch aber genau aus dem Grund in den Fokus der Musik-Verlage. Die Folge davon war, Twitch löschte zahlreiche Inhalte. Die Streamer waren darüber verärgert und ratlos. Im Oktober 2020 kam es zu einer ähnlichen Situation. Twitch löschte tausende von Clips und verwarnte zudem hunderte von Streamern. Der Konfikt setzt sich nun in dem Brief von der Musikindustrie weiter fort.

Musikindustrie macht in Brief auf Missstände aufmerksam

Ende des letzten Monats veröffentlichte Twitch einen vorab freigegebenen Songkatalog, Soundtrack by Twitch. Nun haben die RIAA und andere bekannte Organisationen der Musikindustrie die „Lösung“ in einem formellen Brief angegriffen. Das Schreiben ist an den CEO von Amazon, Jeff Bezos, gerichtet, Twitch-CEO, Emmet Shear, liegt eine Kopie vor. Twitch als ursprüngliche Gaming Plattform wächst derzeit coronabedingt schneller, weil alternative Unterhaltungsmöglichkeiten einschränkt sind. Künstler nutzen deshalb die Plattform zu Konzerten und Touren, woraufhin die Musikindustrie erneut aufmerksam wurde.

Im Schreiben wirft man Twitch vor, Streamern das Abspielen von urheberrechtlich geschützter Musik zu ermöglichen, ohne Inhaber der entsprechenden Lizenz zu sein. Der Dienst wird beschuldigt, keine ordnungsgemäßen Synchronisierungs- und mechanische Lizenzen für das kürzlich eingeführte Soundtrack-Tool gesichert zu haben, aber seinen Streamern zu gestatten, die Musik der Rechteinhaber ohne Lizenz zu nutzen. „Das Urheberrecht für Musik ist ein heikles und kompliziertes Thema. Wenn Sie Musik mit audiovisuellen Inhalten abspielen möchten, benötigen Sie mindestens zwei verschiedene Lizenzen, um dies legal zu tun: eine Synchronisationslizenz und eine mechanische Lizenz. Es scheine so, als unternehme Twitch nichts gegen die Tausenden von Urheberrechtsverletzungen und erkenne die nicht mal an“, heißt es in dem Brief laut Variety auszugsweise.

Verwendung von Inhalten sei existenzgefährdend für Künstler

Weiterhin hält man der Plattform vor, wegzusehen bei Rechteverletzungen durch Nutzer. Die Verantwortung würde Streamern zugeschoben. Das wäre kein angemessenes Verhalten für ein Unternehmen, das eine Partnerschaft mit Künstlern eingehen möchte. In dem Brief wies man auf das Fehlverhalten, unlizensierte Musik auf der Plattform bereitzustellen, hin. Aktuell würde Twitch das kreative Schaffen von Musikern, Songwritern und zahlreichen anderen Künstlern ausnutzen, ohne sie dafür adäquat zu entlohnen. Ein solches Verhalten wäre existenzgefährdend für die Betroffenen. Unmengen an unlizenzierter Musik sei noch immer auf der Plattform vorhanden. Das beunruhige die Rechteinhaber. Künftig solle der Dienst sicherstellen, dass keine unlizenzierte Inhalte mehr erhältlich sind.

Statement von Twitch

In einem Statement nimmt Twitch dazu Stellung. Sie bestreiten die Vorwürfe und betonen, stolz darauf zu sein, als Service von Musikern und Songwritern genutzt zu werden, in einer Zeit, in der Bühnen schließen und Touren abgesagt sind.

„Wir sind unglaublich stolz auf den wesentlichen Service, den Twitch für so viele Künstler und Songwriter entwickelt hat, um mit ihren Fans in Kontakt zu treten, insbesondere wenn reale Veranstaltungsorte geschlossen sind und Touren rund um die Welt unterbrochen werden. Tausende Musikschaffende verlassen sich darauf, dass Twitch sich kreativ ausdrückt, sich mit ihren Fans verbindet und während der globalen Pandemie Einkommen generiert – und diese Zahl wächst von Tag zu Tag. Wir haben mit Dutzenden von Labels, Musikdistributoren und Veranstaltern zusammengearbeitet, um sicherzustellen, dass Künstler und Songwriter diese Möglichkeiten in dieser herausfordernden Zeit haben. Auch haben wir weiterhin die Musikwirtschaft unterstützt, indem wir Lizenzgebühren an Aufführungsrechtsorganisationen wie ASCAP, BMI, SESAC und GMR sowie Lizenzgebühren an Labels und Verlage für die Verwendung von Musik in Twitchs eigenen Produktionen und Projekten gezahlt haben.

Wir sind auch stolz auf die Arbeit, die wir mit aufgenommener Musik auf Twitch über Soundtrack leisten. Soundtrack ist ein voll lizenzierter Dienst. Twitch hat mit den Rechteinhabern Vereinbarungen über die im Service enthaltenen Aufnahmen und Kompositionen getroffen. Soundtrack ist nicht nur eine voll lizenzierte Möglichkeit für Streamer, großartige Musik in ihren Live-Streams abzuspielen, sondern auch ein wichtiges Entdeckungswerkzeug für unabhängige Künstler und Labels. Schließlich stellen wir absolut klar, Twitch antwortet auf jede gültige DMCA-Benachrichtigung, die sie erhalten, indem sie den angeblich verletzenden Inhalt gemäß den DMCA-Anforderungen unverzüglich entfernen.“

Der Vorsitzende / CEO der RIAA, Mitch Glazier, entgegnet

„Twitch wirft viele Punkte auf, von denen keiner die Fragen im Brief anspricht. Stattdessen blendet die Plattform weiterhin dieselben Benutzer aus, die wiederholt gegen das Gesetz verstoßen, während er den Erlös aus massiven, nicht lizenzierten Verwendungen aufgezeichneter Musik einsteckt. Und Twitchs Behauptung, dass es auf Anfragen reagiert, die es für „gültig“ hält, zeigt keinen guten Glauben bei Musikschaffenden. Darüber hinaus ist die Verlagerung der Verantwortung von Twitch auf Künstler, die die Plattform nutzen, sicherlich nicht die Handlung eines Unternehmens, das wirklich mit den Entwicklern zusammenarbeiten möchte. Aus diesem Grund hat sich eine breite Koalition von Organisationen zusammengeschlossen. Diese fordern Twitch auf, keine nicht lizenzierte Aufnahmen und Kompositionen auf seiner Plattform mehr verfügbar zu machen.“

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.