Immoscout24: Wohnungssuche bringt Paar 30.000 Euro Schulden
Immoscout24: Wohnungssuche bringt Paar 30.000 Euro Schulden
Bildquelle: gpointstudio, Lizenz

Immoscout24: Wohnungssuche bringt Paar 30.000 Euro Schulden

Ein Paar wurde bei ihrer Wohnungssuche auf Immoscout24 von Betrügern um 30.000 € geprellt. Diese nahmen im Namen des Mannes einen Kredit auf.

Ein vermeintlich attraktives Inserat erwies sich für ein Paar, Paul Gärtner und seine Freundin, als Alptraum. Bei ihrer Wohnungssuche stießen sie auf dem Portal Immoscout24 auf ein vielversprechendes Angebot. Dieses entpuppte sich allerdings als Fälschung. Hinter dem Anbieter steckten „hochprofessionelle Betrüger“. Diese nahmen im Namen von Paul Gärtner mit seinen Daten einen Kredit in Höhe von 30.000 Euro auf.

Ein Paar suchte in Berlin eine bezahlbare Wohnung. Private Recherchen erwiesen sich als nicht zielführend. Deshalb entschieden sich beide für die Nutzung der Plattform Immoscout24. Dort buchten sie zunächst für drei Monate. Pro Monat wurden 30 Euro für den Service, einen Zugang zu „Mieter Plus“, fällig. Abonnenten erhalten dafür die Zusicherung, immer „oben im Postfach zu stehen“. Zudem bietet Immoscout24 an: „Erstelle mit nur wenigen Klicks deine professionelle Bewerbermappe inkl. allen wichtigen Dokumenten.“

Wie der Spiegel berichtete, so half dem Paar auch die Anmeldung auf Immoscout24 bei ihrer Wohnungssuche zunächst nicht wirklich weiter. Auf über 50 Bewerbungen hagelte es nur Absagen. Die Wende scheint sich anzubahnen, als das Paar dort ein für sie interessantes Inserat entdeckte. Es versprach eine günstige und zugleich schön gelegene Mietwohnung. Gärtner führte gegenüber dem Spiegel aus: „900 Euro für drei Zimmer in Berlin-Tiergarten, das sah nach einem Glückstreffer aus. Aber auch nicht zu unrealistisch“.

Wohnungssuche auf Immoscout24 mündet in Betrug

Nach sofortiger, hoffnungsvoller Kontaktaufnahme mit dem Anbieter forderte dieser eine Zusendung der Bewerbungsunterlagen per E-Mail noch vor der Wohnungsbesichtigung. Für Gärtner wirkte die E-Mail-Adresse seriös. Folglich schickt er seine Unterlagen, bestehend aus Gehaltsabrechnungen, Schufa-Nachweis sowie einer Kopie des Personalausweises dem vermeintlich künftigen Vermieter. Gemäß Spiegel hat Immoscout24 schon einen halben Tag nach Einschicken der Unterlagen die Anzeige von ihrer Plattform gesperrt.

Gärtner sah darin ein Alarmsignal und kontaktierte umgehend die Plattform. Immoscout24 schickte ihm die automatische Antwort, niemals Bankdaten weiterzugeben. Allerdings kam dieser Ratschlag für Gärtner bereits zu spät, denn die Daten gingen aus den eingesandten Gehaltsabrechnungen hervor.

Erneute Fahrt nahm der Fall mit einem sowohl Paul Gärtner als auch seiner Freundin zugestellten, authentisch aussehendem Brief von der Bank auf, bei der beide ein Konto haben. In dem Schreiben teilt man dem Paar gemäß Spiegel mit, „das seit Jahren bestehende Konto müsse erneut verifiziert werden. Das sei eine Routinemaßnahme“. Anbei lag ein Coupon mit einem Postident-Verfahren. Nicht ahnend, dass sie damit den durch die Betrüger aufgenommenen Kredit genehmigten, begaben sich beide zur Post und bestätigten ihre Identität.

Nur wenig Zeit danach traf bei Gärtner ein weiteres Schreiben von einer anderen Bank ein. Diese genehmigte einen Kredit in Höhe von 30.000 Euro mit einer Laufzeit von fünf Jahren und monatlichen Raten in Höhe von 532 Euro auf seinen Namen. Infolge suchte Gärtner die Polizei und zudem die Bank auf. Auf seine gestellte Anzeige bei der Internetwache der Polizei in Berlin erhielt er eine Vorgangsnummer. Ansonsten hörte er nichts mehr.

Kafkaeske Situation: Niemand fühlt sich zuständig

Immerhin erklärt die Bank sich einverstanden, die ab September anstehende monatliche Kreditratenzahlung vorerst zu blockieren. Trotz Vorlage der Vorgangsnummer von der Polizei blieb die Bank skeptisch, dass Gärtner den Kredit nicht selbst beantragt habe.

Gärtner wandte sich zunächst an die Schufa. Der Betrüger-Kredit solle nicht seinen Score beeinflussen und so seine Wohnungssuche gleich beenden. Durch die Schufa-Auskunft erfährt Gärtner, dass die Betrüger weiterhin bei 13 anderen Banken versucht haben, einen erneuten Kredit, auch über 30.000 Euro zusätzlich noch durchzubringen, nur auf den Namen der Freundin.

Darauf folgend schrieb er erneut Immoscout24 mit einer Bitte um Hilfe an. Diese erteilten jedoch lediglich den Ratschlag, sich an die Polizei zu wenden. Gärtner benennt die Antworten mittlerweile als kafkaesk, da sich keiner zuständig fühle. Immoscout24 rät ansonsten, die Unterlagen nicht per E-Mail zu versenden, sondern direkt an die Plattform.

Maßnahmen von Immoscout24 gegen Betrug griffen hier nicht

Ferner hätten sie gemäß Spiegel gegen solche betrügerischen Anzeigen „eine Reihe von technischen Filtern und Abfragen in unsere Systeme eingebunden, mit denen wir alle neu eingestellten Inserate überprüfen. Diese Filter durchläuft jedes Inserat, bevor es online geht“. Falls eine hohe Wahrscheinlichkeit für Betrug vorliege, würde der Fall „von unserem Team Qualitätssicherung innerhalb kürzester Zeit persönlich überprüft“. Auch KI sei mittlerweile im Einsatz.

Als Fazit resümiert Paul Gärtner gegenüber Spiegel, „nur wenn man genau hinschaut, sieht man die Unterschiede“. Die Kriminellen nutzten für ihre E-Mail-Adresse eine leicht abgewandelte Domain eines seriösen Immobilienmaklers mit Sitz in Bonn. Nach dem Eingeben dieser Domain landete Gärtner bei dem realen Immobilienmakler. Dieser räumt ein, außer Gärtner hätten sich bei ihm bereits mehr als zehn weitere Geschädigte gemeldet.

Allerdings waren in URL und E-Mail-Adresse des echten Maklers Vor- und Nachname zusammengeschrieben. Die Betrüger setzten dazwischen jedoch einen Bindestrich. Wie Spiegel schreibt, merkt Gärtner nicht, „dass er nach dem Klick auf die echte Website weitergeleitet wird. Die Betrüger haben diese Weiterleitung eingerichtet. Sie ist Teil der Tarnung, E-Mail- und Website-Domain sollen deckungsgleich aussehen, aber während die Webadresse auf die Seite des echten Maklers umleitet, kontrollieren die Täter das falsche E-Mail-Konto“. Gärtner führt gegenüber Spiegel aus:

„Das sind so Kleinigkeiten, auf die ich einfach nicht geachtet habe. Und selbst wenn ich akribisch die Browserzeile im Auge behalten hätte, Domainweiterleitungen sind ganz normal. Wer Googel oder Goggle eingibt, landet trotzdem bei der Suchmaschine.“

Wohnungssuche für Paar am Ende erfolgreich

Gemäß Spiegel sei es möglich, dass Gärtner auf den Schulden sitzen bleibt. „Die Polizei hat die Ermittlungen schon wieder eingestellt, die Bank, die den Kredit bewilligt hat, reagiert kaum“. Immerhin verwies Spiegel am Ende auf ein Happy End, denn eine Wohnung hat das Paar letztlich doch noch bekommen, wenngleich auch aufgrund von Hinweisen aus dem privaten Umfeld.

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.