Die NGO "Reporter ohne Grenzen" hat den BND verklagt. Dessen Massenüberwachung sei gegen die Pressefreiheit und gefährde den Informantenschutz.
Die NGO „Reporter ohne Grenzen“ (ROG) hat gegen den Bundesnachrichtendienst Klage wegen Verletzung des Fernmeldegeheimnisses eingereicht. ROG setzt sich vor allem für mehr Pressefreiheit und die Rechte von Medienschaffenden ein
Arbeit von Reporter ohne Grenzen „massiv beeinträchtigt“
Wie die Organisation in einer Presseerklärung mitteilt, hat sie bereits am gestrigen Dienstag (30.06.2015) Klage beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eingereicht. In der Klageschrift wirft ROG dem Bundesnachrichtendienst vor, den E-Mail-Verkehr der Organisation mit ausländischen Partnern, Journalisten und anderen Personen im Zuge seiner strategischen Fernmeldeüberwachung ausgespäht zu haben. Dadurch sieht sich ROG massiv in seiner Arbeit beeinträchtigt und in seinen Interessen verletzt.
„Für zahlreiche Journalisten aus Deutschland und aus autoritären Staaten wie Usbekistan, Aserbaidschan oder China ist ROG ein regelmäßiger und wichtiger Ansprechpartner, an den sie sich mit schutzwürdigen Anliegen oder vertraulichen Informationen wenden. Die Ausforschung der Kommunikation durch den BND bedeutet jedoch, dass sich die Journalisten mit ihren persönlichen Anliegen nicht mehr darauf verlassen können, dass ihre Kommunikation vertraulich bleibt,“ kritisiert ROG. Insbesondere aufgrund ihrer Zusammenarbeit mit Journalisten in Krisen-Regionen geht die Organisation davon aus, dass ihre E-Mails vom BND anhand der sogenannten „Selektoren“ – also interessanten Stichwörtern und geographischen Bereichen – massenhaft erfasst wurden.
Nach Ansicht der Journalisten ist die Überwachungspraxis des BND „unverhältnismäßig […] und vom Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (kurz G10-Gesetz) nicht gedeckt“.
Neben der Klage hat Reporter ohne Grenzen auch eine Online-Petition ins Leben gerufen, die es Internet-Nutzern ermöglicht, das Vorgehen gegen den BND zumindest moralisch zu unterstützen.
Überwachung: Besonders gefährlich für Berufsgeheimnisträger
„Angesichts dieser Überwachung sieht ROG den Informantenschutz für Journalisten nicht mehr garantiert und die freie Berichterstattung in Deutschland bedroht. Den Medien ist es nicht mehr ausreichend möglich, ihrer Rolle als vierte Gewalt in einer demokratischen Gesellschaft nachzukommen.“ So beschreibt ROG in seiner Presseerklärung die möglichen Folgen einer derart massiven Überwachung auch gegen Journalisten und deren Kontaktpersonen.
Schon seit Jahren argumentieren viele Überwachungs-Gegner, dass man gerade sogenannte Berufsgeheimnisträger durch eine flächendeckende Telekommunikationsüberwachung besonders beeinträchtigt. Gemeint sind damit unter anderem Journalisten, aber auch Berufsgruppen wie Ärzte, Juristen und Geistliche. Äquivalent gilt das auch für diejenigen, die sich Hilfe suchend an diese Berufsgruppen wenden. Die Klage durch ROG könnte ein Schritt sein, diese Problematik mehr ins öffentliche Bewusstsein zu bringen.
Das Vorgehen hat Methode. Erst kürzlich wurde die Überwachung von Amnesty International durch den britischen Geheimdienst bekannt.
Tarnkappe.info