Stille SMS: Über 107.000 Einsätze im ersten Halbjahr 2015

Laut der Antwort auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Andrej Hunko wurden im 1. Halbjahr 2015 107.449 Stille SMS verschickt.

Laut der Antwort auf eine Kleine Anfrage des MdB Andrej Hunko wurden im ersten Halbjahr 2015 107.449 Stille SMS von verschiedenen Behörden verschickt. Zudem wurden im gleichen Zeitraum IMSI-Catcher zur Funkzellenüberwachung in 48 Fällen eingesetzt. Uns wurde kürzlich die ungekürzte Antwort des Bundesinnenministeriums zugespielt.

Uns wurde von einer anonymen Person kürzlich die Antwort auf eine Kleine Anfrage des Aachener Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko (Die Linke) zugespielt. Demnach hat der Verfassungsschutz in den ersten sechs Monaten des Vorjahres 53.227 Stille SMS verschickt, das Bundeskriminalamt (BKA) 22.357 und die Bundespolizei 31.865 Stille SMS.

Stille SMS – Einsatz zunehmend

Eine sogenannte „Stille SMS“ wird auf dem Handy bzw. Smartphone nicht angezeigt. Diese Kurzmitteilung löst beim Empfang auch kein akustisches Signal aus. Zum Zeitpunkt des Empfangs der Stillen SMS kann man das Gerät unbemerkt orten. Verschickt man die Stille SMS in kurzen Abständen, kann man daraus vom Überwachten ein Bewegungsprofil erstellen. Die Behörden wissen dann genau, innerhalb welcher Funkzellen sich das Gerät bzw. die Person zu bestimmten Uhrzeiten aufgehalten hat. Angaben über die Anzahl der betroffenen Personen oder Ermittlungsverfahren können (angeblich) mangels entsprechender statistischer Erfassungen nicht gemacht werden. Soll heißen: Da die Behörden die Anzahl der Fälle nicht gezählt haben oder nicht zählen konnte, muss man darüber auch keine Auskunft geben.

48 Einsätze von IMSI-Catchern von Januar bis Juni 2015

recht unrecht tastatur datenschutzNach Auskunft des Bundesinnenministeriums wurden IMSI-Catcher im ersten Halbjahr 2015 von der Bundespolizei in 29 Fällen und vom BKA in 19 Fällen eingesetzt. Dies betraf sieben Personen, bei denen ein Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes vorlag. Beim BKA wurden die Geräte bei 17 strafprozessualen Ermittlungsverfahren und einem Zielfahndungsverfahren eingesetzt. Konkret waren beim BKA 22 Personen betroffen sowie zur Gefahrenabwehr in einem einzigen Fall gegen einen Betroffenen.

IMSI-Catcher gaukeln dem Smartphone vor, sie seien die Funkzelle des Mobilfunkanbieters. Dadurch können alle vom Gerät übertragenen Daten mitgeschnitten und der Aufenthaltsort bestimmt werden. Bei der Simulation des Mobilfunknetzwerkes ist aber im Regelfall nicht nur ein Handy, sondern alle Geräte betroffen, die sich im Umkreis des IMSI-Catchers befinden. Den Ermittlern ist dadurch auch das Mithören der über das Handy/Smartphone geführten Telefonate möglich. Auch den Datenverkehr vom und zum Internet und alle SMS kann man so protokollieren.

Niemand wurde benachrichtigt

Im Nachhinein wurde niemand wurde über den Einsatz der IMSI-Catcher oder einer Stillen SMS informiert. Man verweigerte die Weitergabe der Information. Dies mit Hinweis auf die Tatsache, dass es sich dabei ausschließlich um laufende Ermittlungen handeln soll. Im Dokument des Bundesinnenministeriums wird zudem immer wieder auf die Einstufung der Antworten als GEHEIM bzw. VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH hingewiesen. In der Vorbemerkung ist die Bundesregierung „nach sorgfältiger Abwägung“ zur Auffassung gelangt, dass eine Beantwortung (einiger) Fragen in offener Form ganz oder teilweise nicht erfolgen könne.

Die Antworten würden die genaue Funktionsweise und Methoden diverser Behörden aufdecken, wodurch Rückschlüsse auf die Fähigkeiten und Maßnahmen der Ermittlungsbehörden möglich wären, was man durch die Geheimhaltung zu vermeiden sucht. Von daher verfassungsschutz netzpolitik.orgwird in der Erwiderung der 10 Fragen von MdB Hunko immer wieder auf die Vorbemerkung verwiesen, statt diese konkret zu beantworten.

Weitere Informationen zum Thema Handy-Sicherheit gibt es hier. Wer sich gegen eine Stille SMS oder IMSI Catcher zur Wehr setzen will, lässt sein Gerät am besten daheim liegen.

Tarnkappe.info

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.