Laut dem aktuellen Transparenzbericht von mailbox.org sind die Behörden tatsächlich lernfähig. Sie stellten zumeist korrekte Anfragen.
Im Vorjahr hat der Berliner E-Mail-Anbieter mailbox.org nur noch 9,2 % der behördlichen Anfragen zurückgewiesen. Im Jahr 2020 trudelte mit 27,1 % fast mehr als die dreifache Menge beim Anbieter ein. Von allen Anfragen haben die Behörden in 6,2 % der Fälle ihre Auskunftsanfragen erneut eingereicht. Dem kam man infolge auch nach.
Es waren dann am Ende nur bei etwas über 9 % an Auskunfsanfragen, die entweder rechtlich unzulässig oder fehlerhaft blieben und die man deswegen verweigert hat.
mailbox.org bearbeitet nur korrekte Anfragen
mailbox.org bemerkt, einerseits seien die Behördenanfragen inzwischen besser standardisiert. Andererseits „haben die Behörden wohl gelernt, dass sie mit fehlerhaften oder rechtlich unzulässigen Anfragen (bei ihnen) nicht weit kommen“.
Die Rechtsgrundlage für Telekommunikations-Überwachungsmaßnahmen war neben Sondervorschriften im Bereich Zoll und Nachrichtendienste typischerweise das Telekommunikationsgesetz (TKG). Aufgrund einer höchstrichterlichen Rechtssprechung war in letzter Zeit jedoch umstritten, ob reine E-Mail-Anbieter überhaupt in den Anwendungsbereich des TKG fallen. Deswegen setzte mailbox.org den Vollzug von TKÜ-Maßnahmen auf Basis einer TKG-Begründung vorübergehend aus.
Neue gesetzliche Grundlage eröffnet Überwachung Tür und Tor
Zum 1. Dezember 2021 trat mittlerweile jedoch eine Novelle des TKG in Kraft, nach der auch E-Mail-Provider wie mailbox.org wieder zweifelsfrei unter den Gültigkeitsbereich des TKG fallen. Somit ist auch die Rechtsgrundlage für TKG-TKÜ-Maßnahmen leider wieder gegeben. Im Rahmen des TKG-Gesetzgebungsverfahrens wurde mailbox.org-Geschäftsführer Peer Heinlein im Frühjahr als Sachverständiger im zuständigen Ausschuss des Deutschen Bundestages gehört. Anschließend veröffentlichte Heinlein eine umfangreiche wie kritische Stellungnahme.
Back to the past: Das Fax auf dem Vormarsch!
Überraschenderweise haben bei mailbox.org im Jahr 2021 die Behörden wieder über die Hälfte aller Anfragen per Fax eingereicht. Das Instrument Fax hatte bei den Behörden wohl zwischenzeitlich ein Comeback. Über die Gründe kann man nur spekulieren.
Der Großteil der behördlichen E-Mails ging 2021 leider im Klartext und damit unverschlüsselt ein. Dies ist natürlich in Anbetracht der personenbezogenen wie sensiblen Daten der Verdächtigen und teils brisanten Details der Ermittlungsverfahren mehr als bedenklich.
Behörden verschicken viele E-Mails unverschlüsselt
Die Bundesnetzagentur hat bereits 2017 Anbietern wie mailbox.org sichere Schnittstellen vorgeschrieben, die für Datenabfragen von Behörden unterstützt werden müssen. Dazu gehören auch mit PGP verschlüsselte E-Mails.
Die Vorgehensweise scheitert immer noch daran, dass Behörden diese Schnittstellen weiterhin oftmals zu selten nutzen. Offenbar sind viele Behörden noch immer zu wenig für diese Thematik sensibilisiert.
Interview mit dem Geschäftsführer von mailbox.org
Die exakten Statistiken und ein Vergleich mit dem Jahr 2020 kann man hier dem Transparenzbericht des Anbieters entnehmen. Wer sich für weitere Details interessiert, sollte sich unser ausführliches Interview mit dem Geschäftsführer durchlesen. Heinlein will mit seinem Unternehmen trotz aller juristischen Stolperfallen und zunehmenden Überwachungsphantasien der EU nicht ins Ausland auswandern.