Laut der Tätigkeitsberichte mehrerer Landesdatenschutzbehörden verstößt die Polizei regelmäßig gegen Datenschutz- und Auskunftsrechte.
Trotz einzelner Bußgelder für Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) usw. haben die Mitarbeiter der Polizei nicht aufgehört, gegen verschiedene Datenschutzgesetze zu verstoßen.
Polizei erkundigt sich bei Kinderärztin eines Mitarbeiters
Dr. Juliane Hundert, Sächsische Landesbeauftragte für Datenschutz und Transparenz, berichtet beispielsweise von einem Fall, in dem sich ein Polizeibeamter an ihre Behörde gewandt hat. Seine Dienststelle hatte die Kinderärztin seines Kindes um Stellungnahme und Auskunft über die Behandlung des Kindes gebeten. Die Vorgesetzten des Polizeibeamten versuchten mit dieser Anfrage offenbar nachzuweisen, dass der Mitarbeiter seinen Dienst nicht ordnungsgemäß verrichtet hat.
Er hatte wohl Fehlzeiten mit der Erkrankung seines Kindes begründet, was offenkundig überprüft werden sollte. Dies hätte zu einem Disziplinarverfahren geführt. Am Ende wurden seine Vorgesetzten wegen Verstoßes gegen die Pflicht zur rechtmäßigen Datenverarbeitung nach der DSGVO verwarnt. Dies ist jedoch nur ein Fall von vielen.
Die meisten haben bewusst gegen geltendes Recht verstoßen
Nach Angaben von Juliane Hundert standen in rund 75 Prozent der Ordnungswidrigkeitsverfahren Bedienstete der sächsischen Polizei im Verdacht, unbefugt auf personenbezogene Daten zugegriffen und diese unzulässig verarbeitet zu haben. Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit leitete daher ohne weitere Zwischenschritte Ordnungswidrigkeitenverfahren ein.
Juliane Hundert geht zudem fest davon aus, dass die Polizeibeamten ganz genau wussten, dass sie mit ihren Anfragen gegen geltendes Recht verstoßen. Nicht selten beträfen solche Anfragen zu möglichen Strafverfahren Personen aus dem eigenen Familien- oder Freundeskreis der Mitarbeiter.
Eigenes Fehlverhalten wird verschleiert
Doch es kommt nicht nur zu rechtswidrigen Anfragen. Diese protokolliert man schlichtweg nicht, um zu verhindern, dass es deswegen zu juristischen Problemen kommen könnte. Dies bemängelte beispielsweise die Landesdatenschutzbehörde von Hamburg.
Doch die Prüfungen ergaben nicht nur vermehrt fehlende, unzureichende oder schlichtweg falsche Informationen, die die Polizeibehörden festhalten. Auch stellte man fest, dass mehrere Behörden die Angaben unerlaubt weitergegeben haben. Die Betroffenen wurden entweder gar nicht informiert oder aber bei einer Anfrage informierte man sich nicht vollständig über die Speicherung und Verarbeitung ihrer Daten. Zudem stellte man in mehreren Fällen fest, dass Daten nicht fristgerecht gelöscht wurden.
Polizei kommt Auskunftspflicht häufiger nicht nach
Das deckt sich auch ansatzweise mit meinen eigenen Erfahrungen. Im Anschluss an die Hausdurchsuchung wegen des Verdachts auf Besitz und Handel von Betäubungsmitteln nahm die Polizeidienststelle meine biometrischen Daten meines Gesichts und der Finger auf. Anschließend erfolgte ein Abgleich der Fingerabdrücke mit diversen Datensätzen des Bundeskriminalamtes und verschiedener europäischer Polizeibehörden. Nach Einstellung des Verfahrens erkundigte ich mich schriftlich, wann bzw. ob man die Daten ordnungsgemäß gelöscht hat. Man teilte mir einsilbig mit, es würden in ihrer Datenbank von mir keine Daten existieren. Das allerdings war gar nicht die Frage. Ich hakte schriftlich nach, wann die Daten konkret gelöscht wurden, was man auch nicht beantwortet hat.
Videoüberwachung im Straßenverkehr, Attrappen von Kameras am Arbeitsplatz
Auch das Thema Kameraüberwachung spielte in den Transparenzberichten eine größere Rolle. In Sachsen bezogen sich zwei Drittel der Anzeigen auf die Anfertigung von Videoaufnahmen. Dies geschah häufiger durch tragbare Kameras durch Privatpersonen oder Mitarbeiter der Polizei.
In Berlin überwachte man Arbeitsplätze in mehreren Fällen rechtswidrig durch Kameras oder Kameraattrappen. Auch letztere sind am Arbeitsplatz illegal, weil diese aufgrund des Überwachungsdrucks einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen darstellen.
Anzahl der verhängten Bußgelder steigend
Mehrere Behörden berichten, sie haben im Jahr 2022 deutlich mehr Bußgelder als in den Vorjahren verhängt. Die Frage ist allerdings, ob dies schon jetzt zu einem Umdenken geführt hat. Wahrscheinlich nicht.