SIIP, Interpol
SIIP, Interpol

SIIP Sprachanalyse-Software SIIP kommt bald bei Interpol zum Einsatz

SIIP geht ans Netz. Mit dem Material von 192 Behörden und Geheimdiensten wird das EU-Projekt Personen anhand von Sprechproben identifizieren.

SIIP geht demnächst ans Netz. Mit dem Material von 192 Behörden und Geheimdiensten soll das neue EU-Projekt schon bald zur Identifikation von Personen anhand von Sprechproben online gehen. Die Ermittler müssen nur noch die Sprechproben von bisher unbekannten Kriminellen hochladen, fertig!

Aushebelung der Privatsphäre

Von der Wahrung einer Privatsphäre kann unter diesen Bedingungen natürlich auch für die „restliche Bevölkerung“ keine Rede mehr sein. Letzte Woche wurde eine finale Beurteilung dieser Technologie vorgestellt.

Das Speaker Identification Integraler Project (SIIP) ist ein vierjähriges Forschungsprogramm der EU, welches ein Budget von zehn Millionen Euro verschlungen hat. Mit der Analyse mitgeschnittener Dialoge können unbekannte Personen in abgehörten Telefonaten, Audiochats (Skype etc.), Audio- oder Videodateien identifiziert werden. Das BKA nutzt ein vergleichbares automatisiertes Verfahren seit mehreren Jahren. Wenn man die Technik an den großen Internet-Knoten einsetzt, wären die Folgen unabsehbar. Die meisten regulären Telefonanrufe werden unverschlüsselt per Voice-over-IP durchgeführt, was einen Mitschnitt und dank des SIIP auch eine Analyse sehr vereinfachen würde. Das Projekt ist natürlich auch für diverse Geheimdienste von großem Interesse.

siipTests von SIIP verliefen positiv

Ende letzten Jahres bestand das SIIP den finalen Test erfolgreich bestanden. Am Projekt nehmen 19 Behörden, Unternehmen und Institute teil, darunter das italienische Verteidigungsministerium und die Universität Groningen. Daneben auch Unternehmen wie  Nuance und Airbus. Nutzer des Projekts wird die grenzüberschreitende Polizeiorganisation Interpol sein, bei denen 190 Staaten als Mitglieder eingetragen sind.

Weitere Behörden wollen Zugang

Daneben haben schon vor einem Jahr diverse weitere Behörden ihr Interesse an der Technologie SIIP angemeldet. Nach dem Upload auf dem eigenen Server können anhand des Mitschnitts einige Merkmale des Sprechers wie Alter, Geschlecht und die ungefähre Herkunft festgestellt werden. Auch wenn der Sprecher eine Fremdsprache spricht, kann seine Stimme erfolgreich mit allen in der eigenen Datenbank gespeicherten Stimmen abgeglichen werden. 192 Behörden stellen dafür ihre Daten zur Verfügung.

Das Verfahren kann man auch bei Satellitentelefonen einsetzen und den Gesprächspartner eindeutig identifizieren, selbst wenn die Person häufiger für die Gespräche die SIM-Karte wechselt. Auch können die Stimmen mit denen von im Internet verfügbaren Podcasts oder Videos abgeglichen werden. Laut Netzpolitik.org sind am Projekt mehrere Firmen mit einem starken Bezug zu Geheimdiensten beteiligt. Diese benötigen die Analyse-Software, um durch Anzapfen von Internetknoten Gespräche von Verdächtigen ausfindig zu machen, um diese mitzuschneiden.

Wie will man den Missbrauch des SIIP verhindern?

Die Kollegen von Intercept bemängeln, mit derartigen Systemen ende automatisch die Anonymität jeglicher Gesprächsteilnehmer. Demnach wird Interpol und alle kooperierenden Behörden auch Samples von Facebook, Instagram, Twitter, Vimeo, YouTube & Co. einsetzen. Die NSA setzt ein ähnliches System bereits seit mindestens 14 Jahren ein, um Terroristen, Politiker, Mitarbeiter von Geheimdiensten, Spione und Drogenverkäufer in aller Welt zu überwachen.

Auch andere US-Behörden wie die Grenzschutzbehörde DHS verfügt über eine eigene Sprachdatenbank. Dort werden aber zusätzlich weitere biometrische Daten wie besonders auffällige Wunden, die DNA und Tattoos von unzähligen Personen festgehalten. Problematisch erscheint der unbegrenzte Zugriff Dritter auf die gesammelten Daten und dieses Tool von Interpol. Wie will man Behörden oder Geheimdienste erfolgreich davon abhalten, das SIIP zum eigenen Nutzen vollumfänglich einzusetzen?


Video: Wie funktioniert das SIIP ?

Tarnkappe.info

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.