Wer NSA hört, denkt direkt an Edward Snowden. Doch die NSA ist schon recht alt. Wie haben einige geschichtliche Daten zusammengetragen.
Der größte Auslandsgeheimdienst der Vereinigten Staaten, die National Security Agency (NSA), ist vielen erst seit den Enthüllungen von Edward Snowden geläufig. Doch das täuscht darüber hinweg, dass die NSA in Wahrheit schon viel älter ist. In unserer Titelstory des Tarnkappe.info Magazins haben wir einige „Höhepunkte“ dieser Organisation zusammengetragen.
Die Geschichte der NSA
Wer den Namen NSA hört, denkt direkt an Edward Snowden. Doch die NSA und ihre Vorgänger gibt es nicht erst seit Mai 2013. Die Tätigkeit der Geheimdienste gelten gemeinhin als als zweitälteste Gewerbe der Welt. Als Sternstunde der technischen Überwachung gilt eine gezielte Aktion nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Der frühere US-Präsident Franklin D. Roosevelt ließ auf der Gründungskonferenz der Vereinten Nationen als Gastgeber unzählige Delegierte aus über fünfzig Nationen abhören. Es ging dabei um das Belauschen der Telefonate und das Entschlüsseln aller Telegramme.
Aufgrund der mitgeschnittenen Kommunikation wusste die US-Delegation, wie die Vertreter der anderen Länder dachten und handeln wollten. Die USA konnten auf Basis der Informationen ihre Ziele bei der Ausgestaltung der Vereinten Nationen optimal durchsetzen. In diesem Zusammenhang dürfte es wenig überraschen, dass sich die US-Delegation von Anfang an dafür eingesetzt hat, dass die Zentrale der Vereinten Nationen auf US-Boden etabliert werden sollte.
Vereinte Nationen das erstes Ziel des Militärgeheimdienstes
Dies sollte natürlich auch dafür sorgen, dass die Codeknacker weniger Aufwand beim Belauschen der Delegierten in New York hatten und bis heute haben. Vorgängerorganisationen der NSA waren das TICOM (Target Intelligence Committee), welches beispielsweise für das Entschlüsseln der deutschen Enigma im Zweiten Weltkrieg zuständig war. Harry S. Truman gründete im Herbst 1945 die United States Army Security Agency (ASA), aus der ab 1949 die Armed Forces Security Agency (AFSA) und im Jahr 1952 die NSA wurde. Obwohl es die NSA im Juni 1945 noch gar nicht gab, gilt die Ausforschung der Gründung der Vereinten Nationen als einer der Meilensteine moderner Nachrichtendienste.
Das Entschlüsseln feindlicher Funksprüche und telegrafischer Depeschen spielte aber schon im Ersten Weltkrieg eine wichtige Rolle. Das eigene Volk und gegnerische Regierungen werden aber schon so lange ausgeforscht, seitdem es organisierte Staatsformen wie z.B. Königreiche gibt. Geändert haben sich im Laufe der Jahrhunderte lediglich die Mittel, die bei der Spionage eingesetzt werden.
SIGINT
Im Prinzip geht der NSA darum, alle Nachrichtenverbindungen im Ausland zu entschlüsseln und abzuhören. Dies wird als SIGINT (Signals intelligence) bezeichnet. Oberstes Ziel ist es dabei, in jedes technische Gerät eindringen zu können, um deren Möglichkeiten zum eigenen Vorteil auszunutzen. So auch in Smartphones, intelligente Fernseher, moderne Uhren, Spielkonsolen, Computer und vieles mehr. Zudem obliegt der NSA das nationale Verschlüsselungswesen und der Schutz jeglicher US-Telekommunikation und der eigenen Daten. Die NSA darf sogar eigene Cyber-Angriffe (DDoS & Hacker-Attacken) fahren, um nationale Gegner zur Strecke zu bringen.
NSA: Kosten spielen beinahe keine Rolle
Kosten spielen dabei nur eine untergeordnete Rolle. Das exakte Haushaltsvolumen ist unbekannt. Wie viel Geld diese Organisation und alle von ihr beauftragen Unternehmen tatsächlich pro Jahr verschlingen, weiß niemand ohne entsprechende Sicherheitsfreigabe. Ältere Schätzungen gehen von mindestens 10,8 Milliarden US-Dollar jährlich aus. Neben den geschätzten 60.000 Mitarbeitern, die in einem stadtähnlichen Gebäudekomplex mit eigener Autobahnausfahrt arbeiten, sind unzählige Personen bei einer der beauftragten Sicherheitsfirmen tätig. So auch Edward Snowden, der für die Beratungsfirma Booz Allen Hamilton auf Hawaii als Systemadministrator gearbeitet hat, bis er sich im Sommer 2013 nach Hongkong absetzte. Bei der NSA arbeiten mehr Menschen als bei der CIA und dem FBI zusammen. Der Geheimdienst arbeitet auch auf internationaler Ebene nicht alleine. Vier eng verbundene Agenturen in Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland kooperieren, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Die Kontrolle dieses Geheimdienstes ging schon vor längerer Zeit verloren.
Operationen abseits der ursprünglichen Ziele
Einer der ausgemachten Gegner waren in Laufe der Jahrzehnte neben Vietnam das ebenfalls kommunistisch regierte Kuba, deren Vertreter vor und nach der gescheiterten Invasion in der Schweinebucht systematisch ausgehorcht wurden. Doch auch das Ende des Kalten Krieges und der Zerfall der Sowjetunion und vieler anderer osteuropäischen Staaten stellten kein Ende der NSA-Aktivitäten dar.
Als die beiden Standbeine des Geheimdienstes galten und gelten bis heute die weltweite militärische Aufklärung und der ungehinderte Zugang zu elektronischer Kommunikation. Sich militärisch gegen Gegner zu wehren, ist eine Sache. Snowden brachte allerdings zutage, dass die Aktivitäten der NSA und anderer US-Geheimdienste seinem Heimatland konkrete wirtschaftliche Vorteile einbringen sollten. Außerdem schreckte und schreckt man bis heute nicht davor zurück, auch die führenden Politiker befreundeter Staaten auszuhorchen. So erfuhr Bundeskanzlerin Angela Merkel im Oktober 2013 vom Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ vom Abhören ihrer SMS und Handygespräche seit dem Jahr 2002.
11. September konnten die US-Geheimdienste nicht verhindern
Die Geschichte der NSA macht leider auch deutlich, dass noch so viel investiertes Geld und vorhandene Manpower nicht für absolute Sicherheit sorgen kann. Trotz der Aktivitäten der US-Geheimdienste der Five-Eyes-Staaten gelangen die meisten der geplanten Terroranschläge des 11. September 2001, die allerdings in der Folge eine deutliche Verschärfung der US-Gesetzgebung nach sich zog. Auch zeigte sich schon vor vielen Jahren, dass die Einstellung der US-Regierung in Bezug auf Gewalt sehr unterschiedlich sein kann.
Dies hängt stets davon ab, von welcher Partei die Gewalt ausgeht. Nachdem am 8. Juni 1967 das im Auftrag der NSA tätigen Schiffes „Liberty“ von den Israelis versenkt und auch alle Rettungsboote beschossen wurden, kam es in der Folge zu 34 Toten und 171 Verwundeten. Alleine die Erklärung der Israelis, dies sei ein Versehen gewesen, reichte der damaligen US-Regierung aus, obwohl die NSA das Gegenteil beweisen konnte. In der Folge wurde der Vorfall nicht weiter untersucht, von weiteren Konsequenzen einmal ganz abgesehen. Man denke sich die Konsequenzen aus, der Angriff wäre versehentlich von einer anderen Nation ausgegangen.
Edward Snowden: Sternstunde oder Tiefpunkt der NSA-Geschichte?
Den Tiefpunkt der NSA-Geschichte sehen zahlreiche führende Agenten aber ganz woanders. Sie befürchten, die Publikationen des früheren Mitarbeiters Edward Snowden, der im russischen Exil lebt, könnten sich wiederholen. Um dies zu verhindern, wurde im erheblichen Umfang an den Sicherheitsmechanismen der Geheimdienste gearbeitet. Nie wieder möchte man sich von den Medien und vom Volk so tief in die Karten schauen lassen. Oberste Priorität ist es folglich, eine Wiederholung der Snowden-Enthüllungen um jeden Preis zu verhindern. Ex-NSA-Chef Michael Hayden sagte in einem Interview, früher habe er die Welt gefährlicher erlebt. Dafür sei sie heutzutage sehr viel komplizierter. Gemeint ist damit wohl auch die Summe aller Abwehrmaßnahmen der Geheimdienste. Niemand soll mehr in die Verlegenheit kommen, das Schicksal von Edward Snowden nachzuahmen.
Bei der Gründung der Vereinten Nationen ging es 1945 übrigens darum, allen Ländern exakt die gleichen Rechte einzuräumen. Und natürlich, die Welt vor weiteren Kriegen zu bewahren. Von diesen Zielen sind die Regierungen und ihre Geheimdienste damals wie heute Lichtjahre entfernt.
P.S.: Wer sich für weitere Details zu diesem Thema interessiert: Wir haben schon vor einigen Monaten zwei umfangreiche Artikel von Dennis Plagge über die Hintergründe der NSA veröffentlicht. Ex-NSA-Chef Hayden sagte einst so plakativ: „We kill people based on metadata“. Mit dieser Aussage hat sich Dennis intensiv auseinandersetzt.
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