Geheimdienste im Wandel: Wie die NSA versucht, auf dem Arbeitsmarkt relevant zubleiben. Rekrutierung, Kooperation und Risiken im Fokus
Durch Zufall bin ich neulich auf eine neue Video- beziehungsweise Podcast-Reihe gestoßen – „No such Podcast – Geheimdienste im Wandel“. Dies ist eine offizielle Produktion eines der mächtigsten Geheimdienste der Welt. Der NSA.
No such Podcast – ein Geheimdienst im Aufbruch
Heutzutage überbieten sich alle in Sachen Geschwindigkeit – immer schneller, immer agiler muss alles gehen. Klassische Geheimdienste wirken da schnell überfordert. Weltweit stehen sie vor großen Herausforderungen: Sie kämpfen um Talente und um ihren technologischen Vorsprung. Alle sind sich bewusst, dass Reformen unumgänglich sind, um in einer von Innovation geprägten Welt relevant zu bleiben.
Die NSA galt lange Zeit als eine der geheimnisumwittertsten Behörden der Welt. Mit ihrer eigenhändig erstellten Produktion „No Such Podcast“, gibt die NSA nun einen ungewöhnlichen Einblick in ihre Arbeit. Der Titel spielt auf den früheren Spitznamen der Behörde an: „No Such Agency“, kurz NSA.
Die Themen reichen von der Nutzung der Auslandsaufklärung zur Ergreifung Osama bin Ladens bis hin zum Arbeitsalltag der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Doch hinter der PR-Offensive verbirgt sich eine große Herausforderung: Die Geheimdienste weltweit müssen sich auf völlig neue Gegebenheiten einstellen, um nicht den Anschluss zu verlieren. Natürlich geht es bei der Charmeoffensive auch um die Verbesserung des Rufs und darum, sich IT-Fachkräften regelrecht anzubiedern.
Hier könnt Ihr direkt mal reinhören:
- Folge 1 – How We Found Bin Laden: The Basics of Foreign Signals Intelligence
- Folge 2 – Cybersecurity is National Security
- Folge 3 – AI and the Future of National Security
- Folge 4 – The Women of NSA: Codemakers and Codebreakers
- Folge 5 – The Cutting Edge of Classified: Research at NSA
- Folge 6 – What It’s Really Like to Work at NSA
- Folge 7 – The 24/7 Heartbeat of NSA: The National Security Operations Center
- Folge 8 – Capt. Grace Hopper on Future Possibilities: Data, Hardware, Software, and People (Part One, 1982)
- Folge 9 – Capt. Grace Hopper on Future Possibilities: Data, Hardware, Software, and People (Part Two, 1982)
Neue Einstellungsverfahren: Wettbewerb und Talente
Wie gesagt, die fortschreitende Digitalisierung hat die Anforderungen an die Geheimdienste dramatisch verändert. Gefragt sind nicht mehr nur Agenten à la James Bond, sondern vor allem Expertinnen und Experten aus den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). Doch die Konkurrenz aus der Privatwirtschaft ist groß: Höhere Verdienstaussichten, flexible Arbeitsbedingungen, spannende Projekte und die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, machen private Technologieunternehmen oft attraktiver.
Dabei brauchen die Geheimdienste dringend neue Fachkräfte, besonders bei der NSA. Diese sind aber auch in der Privatwirtschaft sehr gefragt und finden dort oft bessere Arbeitsbedingungen vor. Nun hat man den Vorhang zumindest einen Spalt weit gelüftet, damit sich zumindest noch der eine oder andere für die schlechteren Arbeitsbedingungen der NSA entscheidet.
No such Podcast: NSA rutschte von der Spitze in die Abhängigkeit
In den 1980er Jahren waren Geheimdienste wie die NSA führend in der technologischen Innovation. Heute dominieren private Unternehmen in vielen Schlüsselbereichen wie der Entwicklung Künstlicher Intelligenz oder der Suche nach Sicherheitslücken (0days).
Beispiele wie der KI-basierte Chatbot ChatGPT von OpenAI oder die Spyware Pegasus der NSO Group zeigen, dass die Innovationskraft zunehmend aus der Privatwirtschaft kommt. Früher hatten Geheimdienste ein Monopol auf viele Informationen. Heute sind Open Source Intelligence-Daten (OSINT) für jedermann zugänglich. Kommerzielle Satellitenbilder und globale Flugdaten, wie sie 2022 zur Beobachtung russischer Truppenbewegungen genutzt wurden, verdeutlichen diesen Wandel. Das sind Informationen, die man heutzutage sogar über Google Maps verfolgen kann.
Auch im privaten Sektor läuft es nicht immer rund – der massive I-soon Leak ist ein Beispiel dafür. China ist im Cyberbereich ein Land der Extreme, ebenso extrem ist die Situation zwischen NSA, anderen Geheimdiensten und privaten Unternehmen, die Software-as-a-Service (SaaS) oder Exploits-as-a-Service (EaaS) anbieten.
Geheimdienste im Wandel: Kooperationen als Schlüssel zur Innovation
Um technologisch auf dem neuesten Stand zu bleiben, müssen Geheimdienste zunehmend mit privaten Unternehmen, Universitäten und Forschungslabors zusammenarbeiten. Diese Partnerschaften bieten großes Potenzial, bergen aber auch Risiken.
Unternehmen wie Alphabet, Apple oder Microsoft können Cyberangriffe oft schneller erkennen, weil sie über eine globale Infrastruktur verfügen. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass sensible Informationen an Dritte gelangen. Geheimdienste wie die NSA müssen daher lernen, agiler zu werden und sich neuen Kooperationen und Technologien zu öffnen. Diese Öffnung stellt einen kulturellen Paradigmenwechsel dar, denn bisher war Geheimhaltung die oberste Direktive ihrer Arbeit und Existenz.
Mögliche Risiken: Demokratisierung der Technologien
Während Kooperationen Chancen bieten, steigen mit der breiteren Verfügbarkeit von Hochtechnologien auch die Risiken. Werkzeuge wie KI-gestützte Systeme und Spionagesoftware stehen nun nicht nur Staaten, sondern auch kriminellen Organisationen und Milizen zur Verfügung. Die Demokratisierung dieser Technologien stellt eine große Bedrohung dar. Beispielsweise die Ausspähung amerikanischer Diplomaten oder polnischer Journalisten durch Pegasus zeigt, wie auch kleinere Akteure durch den Zugang zu modernen Technologien großen Schaden anrichten können.
No such Podcast: Reformen bei Geheimdiensten sind unumgänglich
Die Geheimdienste stehen vor gigantischen Herausforderungen. Die Notwendigkeit, sich für die Zusammenarbeit mit Dritten zu öffnen, Technologien anzupassen und neue Talente zu gewinnen, ist größer denn je. Ohne Reformen laufen die Nachrichtendienste Gefahr, ihre Rolle als zentrale Beschützer der nationalen Sicherheit zu verlieren.
Die Zukunft wird zeigen, wie gut sich die Nachrichtendienste an diese neue Realität anpassen können. Die Öffnung für mehr Teamwork mit externen Dienstleistern und ein Umdenken des eigenen Konzepts sind unabdingbar, sollten NSA & Co. ihre Rolle als Beschützer der US-amerikanischen Demokratie nicht verlieren wollen. Die Sprecher von No such Podcast im O.-Ton: „Für diese Organisationen ist eine grundlegende Reform nicht nur eine Option – sie ist eine Notwendigkeit“.
Fazit: Geheimdienste im Wandel
Wer sich für die Hintergründe interessiert, sollte sich einfach mal ein paar Episoden zu Gemüte führen. Natürlich lüften die NSA-Mitarbeiter den Vorhang nur exakt so weit, wie sie es dürfen. Wer das im Hinterkopf behält, kann „No such Podcast“ genießen und wird trotz der Restriktionen sicher noch viel Neues erfahren.
PS: Es gibt einen kleinen, aber dafür feinen Unterschied zwischen einem “Nachrichtendienst” und einem “Geheimdienst”. “Geheimdienste” wie die NSA haben auch exekutive Aufgaben / Möglichkeiten. Heißt, sie dürfen auch richtige Operationen durchführen und sind nicht nur auf die reine Informationsbeschaffung beschränkt.
Leider hat der Auslandsgeheimdienst NSA nicht nur die Demokratie geschützt, sondern war in der Vergangenheit häufiger nachweislich auch für Wirtschaftsspionage verantwortlich. Das geschah frei nach dem Motto „America first„.