PlayStation im Auto: Hightech-Inszenierung trifft auf Remote-Play-Realität.
PlayStation im Auto: Hightech-Inszenierung trifft auf Remote-Play-Realität.
Bildquelle: ChatGPT

PlayStation im Auto: Sony verkauft uns Gaming im E-Auto – genialer Fortschritt oder teurer PR-Gag?

Sony und Honda bringen PlayStation Remote Play ins Auto: Der AFEELA 1 wird zur rollenden PS5 mit 5G, DualSense und spürbaren Einschränkungen

Mit dem AFEELA 1 bringt Sony Honda Mobility (SHM) das weltweit erste Fahrzeug, das PlayStation Remote Play direkt ins bordeigene Infotainmentsystem integriert. Diese Innovation reicht aus, um Tech-Fans, Gamer und Datenschützer gleichermaßen aufhorchen zu lassen. PlayStation im Auto gilt damit als die Zukunft des In-Car-Entertainments. Was jedoch Sony und Honda mit dem AFEELA 1 wirklich liefern, ist kein Cloud-Gaming-Wunder, sondern ein strategisch verpacktes Remote-Play-Experiment mit deutlichen Grenzen.

PlayStation im AFEELA: Anspruch und Realität

Sony und Honda wollen mit ihrem Konzept nichts Geringeres, als das erste Serien-E-Auto mit nativer PlayStation-Integration auf den Markt zu bringen. Laut Pressemitteilung werben sie damit, „das mobile Gaming-Erlebnis neu zu definieren„. Über PlayStation Remote Play lassen sich PS4- und PS5-Games auf Panorama-Displays, mit DualSense-Controller und 5G-Anbindung direkt im Fahrzeug streamen.

Damit wird das E-Auto zumindest auf dem Papier zur rollenden Entertainment-Zentrale. Tatsächlich handelt es sich jedoch nicht um echtes In-Car-Gaming, sondern um klassisches Remote-Streaming von einer PlayStation-Konsole, die beim Nutzer zu Hause stehen muss. Das Auto selbst ist lediglich Bildschirm, Lautsprecher und Controller-Empfänger. Hinter der Marketing-Fassade steckt damit ein Konzept, das weniger spektakulär ist, als Sony es verkauft.

Sony setzt im AFEELA bewusst nicht auf Cloud-Gaming, sondern auf das bereits etablierte PlayStation-Ökosystem. Das zugrunde liegende Prinzip ist bereits von der PlayStation Portal bekannt. Die Spiele selbst laufen auf einer PS4 oder PS5 im heimischen Netzwerk und werden per PS Remote Play in das Fahrzeug gestreamt. Gesteuert wird das Geschehen über einen DualSense-Controller, der via Bluetooth mit dem Infotainmentsystem gekoppelt ist. Die Bildausgabe erfolgt entweder über das breite Panorama-Display im Cockpit oder über die Bildschirme des Rear-Seat-Entertainments, während der Ton über das AFEELA Immersive Audio System mit bis zu 28 Lautsprechern und Dolby Atmos wiedergegeben wird.

Gemäß Sony sind technische Mindestanforderungen notwendig. So ist eine Internetverbindung mit mindestens 5 Mbit/s erforderlich, für ein flüssiges Spielerlebnis werden 15 Mbit/s empfohlen. Fehlt es an einer stabilen Verbindung, wird das Versprechen von „PlayStation im Auto“ jedoch schnell hinfällig.

PlayStation im Auto: Sony verkauft uns Gaming im AFEELA – genialer Fortschritt oder teurer PR-Gag?
PlayStation im Auto: Sony verkauft uns Gaming im AFEELA – genialer Fortschritt oder teurer PR-Gag?

AFEELA 1: Gaming unter festgelegten Sicherheitsregeln

Ein wichtiger Punkt ist, dass Gaming im AFEELA, wie bei allen aktuellen Herstellern, ausschließlich im geparkten Zustand oder beim Ladevorgang erlaubt ist. Während der Fahrt dürfen lediglich Passagiere auf den Rücksitzen spielen, für den Fahrer ist das System dann strikt gesperrt. Damit richtet sich der AFEELA 1 an Nutzer, die Ladepausen überbrücken möchten, Mitfahrer auf längeren Strecken unterhalten wollen oder als technikaffine Early Adopter ein besonderes Faible für Gaming mitbringen.

Keine Cloud: Die Grenzen von PlayStation im Auto

Die zentrale Einschränkung des Konzepts „PlayStation im Auto“ liegt im fehlenden Cloud-Gaming-Ansatz. Zwar verfügt Sony mit PlayStation Plus Premium über einen eigenen Dienst, der das Streaming von Spielen direkt aus der Cloud ermöglicht, genau dieser Funktionsbestandteil kommt im AFEELA jedoch nicht zum Einsatz. Stattdessen setzt Sony ausschließlich auf PlayStation Remote Play, wodurch zwingend eine eigene PS4 oder PS5 im heimischen Netzwerk erforderlich ist. Wer keine Konsole dauerhaft eingeschaltet zu Hause stehen hat, kann das Feature faktisch nicht nutzen. Fällt unterwegs die Verbindung aus oder befindet sich die Konsole im Ruhemodus, ist das Spielerlebnis sofort beendet.

Gerade im Auto dürfte sich zudem ein weiteres Problem bemerkbar machen. Der ständige Zellwechsel im Mobilfunknetz kann zu spürbarer Latenz führen und das Spielerlebnis ausbremsen. Reaktionsschnelle Shooter oder Actionspiele sind unter diesen Bedingungen kaum sinnvoll spielbar. Im direkten Vergleich erscheinen konkurrierende Ansätze aus technischer Sicht zeitgemäßer. Xbox Cloud Gaming auf Basis von LGs webOS Automotive kommt ohne eigene Konsole aus, BMWs AirConsole setzt auf einfache Casual-Games per Smartphone, und Teslas Steam-Integration lief zwar lokal, wurde jedoch inzwischen wieder eingestellt. Sony bleibt mit dem AFEELA bewusst im eigenen Ökosystem, allerdings auf Kosten von Flexibilität und Nutzerfreiheit.

AFEELA als Bühne für PlayStation-Marketing

Izumi Kawanishi, Representative Director, President und COO von Sony Honda Mobility Inc., kündigte an:

„Wir verwandeln den Fahrgastraum in einen fesselnden und emotionalen Ort. Die Integration von PS Remote Play hebt das Reiseerlebnis auf ein beispielloses Unterhaltungsniveau.“

Bei näherer Betrachtung wird jedoch deutlich, dass der AFEELA 1 weniger als Gaming-Auto konzipiert ist, sondern vielmehr als rollender Showroom für Sonys Technologien. Neben der PlayStation-Integration setzt Sony Honda Mobility auf eine Vielzahl weiterer digitaler Bausteine, darunter das Snapdragon Digital Chassis von Qualcomm mit einer Rechenleistung von bis zu 800 TOPS, das Konzept des Software-Defined Vehicle, hochentwickelte Assistenzsysteme der Stufen Level 2+ und perspektivisch Level 3 sowie einen starken Fokus auf Sensorik, KI und Entertainment.

Das Auto fungiert damit primär als technologische Plattform und nicht als Konsole. „PlayStation im Auto“ ist vor allem ein wirkungsvolles Narrativ, jedoch kein technischer Quantensprung. Auch die Rahmendaten unterstützen diese Ausrichtung. Der AFEELA 1 soll 2026 zunächst in Kalifornien auf den Markt kommen, die Premium-Version wird voraussichtlich rund 102.900 US-Dollar kosten. Neben der Premium-Version hat Sony Honda Mobility bereits eine günstigere Variante in Aussicht gestellt. Diese soll unter dem Namen AFEELA 1 Origin ab 2027 starten und preislich bei rund 89.900 US-Dollar liegen. Eine offizielle Bestätigung finaler Spezifikationen steht allerdings noch aus. Ein Marktstart ist zudem in Europa geplant, dürfte aber noch auf sich warten lassen.

Damit wird auch klar, an wen sich das Konzept richtet. „PlayStation im Auto“ zielt weniger auf klassische Gamer ab als auf eine wohlhabende Zielgruppe mit Spieltrieb, die bereit ist, für technologische Inszenierung und Markenökosysteme einen hohen Preis zu zahlen. Echtes mobiles Gaming bleibt allerdings vorerst Handhelds, Konsolen und Cloud-Diensten vorbehalten. Zwar ist PlayStation im Auto cool, aber vor allem ein PR-Gag mit Premium-Preis.

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.