Die EU-Kommission will mit drei fadenscheinigen Argumenten die Massenüberwachung durch CSAM-Scanning rechtfertigen.
Das von der EU-Kommission geplante CSAM-Scanning (CSAM=Child Sexual Abuse Material) wird von vielen als „Frontalangriff auf die Bürgerrechte“ betrachtet. Sämtliche Geräte wären betroffen. Überall und zu jeder Zeit würde im Hintergrund nach verdächtigem kinderpornografischem Material gesucht.
Der bekannte E-Mail-Dienst Tutanota hat sich die Begründungen der Kommission einmal etwas genauer angeschaut und beschreibt die Pläne der EU-Kommission als einen der ausgeklügeltsten Massenüberwachungsapparate, der jemals außerhalb Chinas eingesetzt wurden.
Tutanota: Trump-ähnliche Argumentationen und Übertreibungen seitens der EU-Kommission
Tutanota ist es in ihrem heutigen Blog-Post wichtig hervorzuheben, dass der sexuelle Missbrauch von Kindern ein riesiges Problem ist. Ein Problem, welches unbedingt unserer Aufmerksamkeit bedarf.
Was aber noch viel wichtiger ist: Tutanota möchte uns anhand ihrer Anordnungen zur Telekommunikationsüberwachung aufzeigen, wie selten die Ermittlungsbehörden tatsächlich gegen Kindesmissbrauch vorgehen.
Die von der EU-Kommission vorgeschlagene allgemeine Massenüberwachung aller europäischen Bürger beruht laut dem E-Mail-Dienst mit Sitz in Hannover hauptsächlich auf drei Argumenten, welche „eklatant falsch sind“ und widerlegt werden können.
Es ist unglaublich, dass die EU-Kommission diese Übertreibungen benutzt, um die öffentliche Meinung in ihre Richtung zu lenken. Es sieht so aus, als ob das Argument ‚zum Schutz der Kinder‘ benutzt wird, um Überwachungsmechanismen wie in China einzuführen. Hier in Europa.
Tutanota
Mit „eins von fünf“ Richtung Massenüberwachung
Laut Tutanota nutzt die EU-Kommission hauptsächlich drei Argumente, um die Massenüberwachung zu rechtfertigen:
- Eins von fünf: Die EU-Kommission behauptet, dass eines von fünf Kindern in der EU sexuell missbraucht werde.
- KI-basierte Überwachung aller sei ein verhältnismäßiges Mittel, um die Kinder zu retten.
- 90 % des CSA-Materials (CSAM=Child Sexual Abuse Material) würden auf europäischen Servern gehostet werden.
Sicherlich erscheinen diese Argumente der Kommission auf den ersten Blick plausibel. Matthias, einer der Mitbegründer von Tutanota, möchte es dann aber doch etwas genauer wissen.
Woher kommt die Zahl „Eins von Fünf“?
Es ist keine Statistik zu finden, die die Behauptung „Eins von fünf“ stützt. Diese Zahl wird auf einer Website des Council of Europe an prominenter Stelle genannt, allerdings ohne Angabe einer Quelle.
Tutanota
Und auch die beiden anderen Punkte sollten kritisch betrachtet werden, denn die EU-Kommission kann oder will bei genauerem Nachfragen keine Antworten liefern.
CSAM-Scanning greift nicht da, wo der Missbrauch tatsächlich stattfindet
Und das ist das eigentliche Problem. Sicherlich muss sexuelle Gewalt gegen Kinder bekämpft werden. Aber doch bitte da, wo es auch wirklich Sinn macht.
Die EU-Kommission bestätigt, dass zwischen 70 und 85 % der Kinder den Täter oder die Täterin kennen.
Wie die generelle Überwachung jeder Chat-Nachricht helfen soll, sexuellen Kindesmissbrauch in der Familie, im Sportverein oder in der Kirche zu verhindern?
Tutanota
CSAM-Scanning kann kaum die Wurzel allen Übels bekämpfen. Denn es greift nicht da, wo die tatsächliche Gewalt stattfindet. Was für einen Sinn macht also ein derartiger Eingriff in eine freie und demokratische Gesellschaft?
Sich Donald Trump als Vorbild zu nehmen und mit Maßlosen Übertreibungen Gesetze durchdrücken zu wollen, kann nicht der richtige Weg sein. Matthias hat das in seinem Blog-Post auf Tutanota ganz gut auf den Punkt gebracht:
Als Bürger sollten wir von der EU-Kommission mehr erwarten dürfen. Das Mindeste, was wir verlangen können, wenn die Kommission Grundrechte abschaffen will, wäre eine ehrliche Kommunikation.
Matthias
Die Zeiten, in denen man Gesetze nur kompliziert und undurchsichtig genug machen musste, um sie durch zu bekommen, sollten endgültig vorbei sein. Hätten wir uns so langsam nicht alle zumindest ein bisschen mehr Ehrlichkeit von Seiten der Politik verdient? Unseren Kindern zuliebe sollte das doch möglich sein.