Amazon Ring
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Bildquelle: coryaulrich@gmail.com, Lizenz

Amazon liefert Daten ohne Gerichtsbeschluss an deutsche Polizei

Auf Dringlichkeitsantrag gibt Amazon der deutschen Polizei auch ohne Gerichtsbeschluss Daten-Zugriff auf Videoaufnahmen von Ring-Türklingeln.

Wie das Handelsblatt mitteilte, bekannte Amazon auf deren Nachfrage, persönliche Daten aus Videoaufzeichnungen von Ring-Türklingeln an deutsche Ermittlungsbehörden auf Dringlichkeitsantrag weiterzureichen. Und das, trotz fehlenden richterlichen Beschluss und ohne User-Zustimmung. Datenschützer zeigen sich aus dem Grund alarmiert. Sie erwägen diesbezügliches Bußgeld.

Amazon: Datenweitergabe erfolgt auf Dringlichkeitsanfragen

Schon in den USA haben Datenschützer die Praxis der Datenweiterreichung von Amazon an Behörden kritisiert. Nun sei diese Vorgehensweise auch in Deutschland bereits Usus. Ein Unternehmenssprecher bestätigte auf Anfrage des Handelsblattes, dass Amazon Daten an deutsche Ermittlungsbehörden weiterleitet,

„wenn die Strafverfolgung eine unmittelbare Bedrohung nachweisen kann und die Zeit drängt“.

Zwar kämen solche Dringlichkeitsanfragen nicht allzu häufig vor, konkrete Angaben zur Weitergabe der sensiblen Daten behielt sich Amazon allerdings vor. Fragen dazu, „wie oft bereits in Deutschland Videoaufnahmen oder andere persönliche Daten an die Polizei oder andere Behörden übergeben worden sind“, blieben somit unbeantwortet.

Bedenken betreffen Geräte-Verwendung als Eingriffe in die Privatsphäre

Über einen solch „laxen“ Umgang der Amazon-Tochter Ring mit personenbezogenen Daten, bringen sowohl Jens Zimmermann, digitalpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, und Baden-Württembergs Datenschutzbeauftragter Stefan Brink ihre Besorgnis zum Ausdruck. Zimmermann weist darauf hin:

„Kritisch dürfte vor allem die anlasslose, längere Speicherung und Verarbeitung der Aufnahmen ohne Einwilligung sein.“

Zudem könnten auch unbeteiligte Personen beim Klingeln an einer mit einer Ring Doorbell ausgestatteten Haustür involviert sein. Diese wüssten infolge gar nicht, was mit den Kamera-Aufnahmen geschieht.

Stefan Brink zieht in Erwägung, Bußgelder gegen Amazon zu verhängen. Er sieht das Datenschutzrecht von Kunden verletzt, wenn Amazon Daten ohne deren ausdrückliche Einwilligung und juristische Verpflichtung heraus gibt.

Schon im Juli diesen Jahres deckte der US-Senator Ed Markey eine solche Datenweitergabe auf. Demgemäß teilte Amazon mit der US-Polizei elfmal Ring-Videos allein in diesem Jahr bis Juli. Auch hier geschah dies ohne das Wissen oder die Zustimmung der User und zudem ohne richterliche Anordnung. Das Tochterunternehmen von Amazon, Ring, soll in diesen Fällen, ähnlich wie hier, auf eine Notfallanfrage reagiert haben.

Bereits damals stellte man fest, dass Amazon zwar eine Richtlinie dafür hat, dass die Polizei im Allgemeinen keine Aufnahmen ohne Zustimmung der Eigentümer einsehen darf. Allerdings kann diese Sicherheitsvorkehrung durch Gerichtsbeschlüsse und Notfallanfragen außer Kraft gesetzt werden. Was genau eine Notfallanfrage darstellt, bleibt jedoch Ring selbst überlassen. Seine Politik bestehe nach eigenen Angaben darin, alle Hilfsersuchen der Polizei zu prüfen und dann “nach Treu und Glauben festzustellen, ob das Ersuchen dem bekannten Standard entspricht, der auf Bundesgesetzen basiert”.

Update vom 21.09.2022

In einer heutigen E-Mail verwies das Handelsblatt darauf, dass eine Korrektur dieses Artikels für notwendig erachtet wird. Demgemäß komme im Artikel fälschlicherweise zum Ausdruck, dass „Ring zugegeben habe, personenbezogene Daten an Ermittlungsbehörden in Deutschland weitergegeben zu haben. Das ist unzutreffend. Die Erklärung, die dem Handelsblatt gegeben wurde, bezog sich auf Notfallanfragen an Ring im Allgemeinen (siehe unten)“.

Dies ist die Original-Stellungnahme, die dem Handelsblatt vorlag:

„Dringlichkeitsanträge sind selten, und jeder Antrag wird von geschulten Fachleuten in unserer Rechtsabteilung genau geprüft. Wir legen die Messlatte für uns selbst in solchen Situationen sehr hoch und machen diese seltenen Ausnahmen nur, wenn die Zeit drängt und die Strafverfolgungsbehörden eine unmittelbare Bedrohung nachweisen können.

Der Schutz der Daten von Kund:innen war Amazon schon immer sehr wichtig, und wir sind der Meinung, dass wir in allen unseren Geschäftsbereichen sehr gut mit den Daten unserer Kund:innen umgegangen sind. Wir arbeiten stetig daran, das Vertrauen unserer Kund:innen zu gewinnen und zu erhalten.“

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.