Das Bundeskriminalamt gab auf der Cybercrime Conference C3 bekannt, man baue bald ein neues Netzwerk im Kampf gegen Cyberkriminelle auf.
Die Bilanz der aktuellen Cybercrime Conference C3 in Berlin ist alarmierend. Demnach stellt Cybercrime eine wachsende Bedrohung dar. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Anzahl dieser Fälle im Jahr 2016 um 80 Prozent.
Cybercrime Conference C3 im Mai in Berlin
Die Cybercrime Conference C3 am 3. und 4. Mai 2017 in Berlin sollte Akteure aus diesen Bereichen zusammenbringen, Informationen zu aktuellen Trends und Strategien vermitteln sowie einen intensiven Meinungs- und Erfahrungsaustausch ermöglichen. So bestand der Teilnehmerkreis nicht nur aus Vertreterinnen und Vertretern von polizeilichen Cybercrime-Dienststellen und Staatsanwaltschaften mit der Schwerpunktzuständigkeit Cybercrime, sondern umfasste auch die Führungsebene ausgewählter Wirtschaftsunternehmen. Die Konferenz wurde erstmals gemeinsam mit den Vereinen Digital Society Institute (DSI) und dem German Competence Centre against Cyber Crime veranstaltet. Ein wesentlicher Aspekt der Diskussionen waren dabei Strategien gegen die digitale Kriminalität.
Bedrohungen wechseln ständig
So hat die Digitalisierung in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auch Auswirkungen auf die Kriminalitätslage. Es sind steigende Schäden durch immer neue Angriffsformen und die Professionalisierung der Täter, neue Tatgelegenheiten in Zukunftsfeldern wie Internet of Things und Industrie 4.0 sowie Bedrohungspotentiale durch Cyberangriffe auf Unternehmen und kritische Infrastrukturen zu verzeichnen. Das erfodere eine ständige Weiterentwicklung von Präventions- und Bekämpfungsstrategien, sowohl von der Wirtschaft, als auch der Wissenschaft und gleichermaßen von den Strafverfolgungsbehörden.
BKA-Präsident Holger Münch gab am Mittwoch auf der Cybercrime Conference C3 die neuen Zahlen bekannt. So hat die Polizei nach Angaben des Bundeskriminalamts 2016 in Deutschland rund 83.000 Fälle von Cybercrime erfasst. Dabei sei ein Schaden von über 51 Millionen Euro entstanden. „Polizeiliche Statistiken und Lagebilder spiegeln aber nur einen kleinen Teil der Realität wider.“, gab Münch dabei zu bedenken. Auch Sandro Gaycken, Direktor des Digital Society Institute verwies auf das große Dunkelfeld. Der tatsächliche Schaden sei deshalb schwer zu schätzen.
51 Millionen Eur Schäden in einem Jahr
Deutschland wäre als Industrieland jedoch mehr als viele andere Länder betroffen. Cyberkriminelle hätten sich in den vergangenen Jahren professionalisiert und oft eine klassische Entwicklung „von der Garage zum Großkonzern“ durchlaufen, daneben gebe es auch „gute“ Mittelständler, führte er weiter aus. Markus Koths, Leiter der Gruppe Cybercrime beim BKA, gab bekannt, dass viele klassische Deliktfelder, wie der Handel mit Drogen oder Waffen, längst ins Internet abgewandert seien. Die Kriminalität habe sich zu einem hoch organisierten und arbeitsteiligen Dienstleistungsgewerbe entwickelt, wobei allein für Privatpersonen in Deutschland 2015 nach Schätzungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung DIW ein Schaden von 3,4 Milliarden Euro entstanden sei.
Münch erklärte, heute würden so viele Daten produziert wie in der gesamten Menschheitsgeschichte zuvor. Straftätern böten sich durch die Digitalisierung immer neue Angriffspunkte. Kriminalität werde digitaler, vernetzter, internationaler. Sie operierten innovativ und anpassungsfähig und bedienten sich neuster Technologien. Ermittler und Analysten bräuchten neben internationalen und interkulturellen auch digitale Kompetenzen: „Dem müssen wir bei der Fortentwicklung unseres Berufsbildes hin zu einem Cybercop Rechnung tragen.“ Münch empfielt daher „Streifen im digitalen Raum“, etwa in sozialen Netzwerken.
Deutsche Behörden hinken hinterher
Sandro Gaycken weist auf die noch vorhandenen Defizite zur Bekämpfung der Cyberkriminalität hin: In der Bundesrepublik gäbe es nur 360 Cyberexperten, die häufig von großen Unternehmen engagiert würden, weil sie in der freien Wirtschaft mehr verdienen könnten. Im internationalen Vergleich hinge Deutschland noch ein paar Jahre hinterher, „aber dass ist keine Schande – das ist überall so“, meint Gaycken.
So gehe es dabei zudem um eine beschleunigte Anpassungsfähigkeit, um mit den Veränderungen Schritt zu halten. „Wir dürfen den Tätern nicht zu Fuß hinterherlaufen.“ Und die Ermittlungsbehörden müssten der hochvernetzten Cyber-Kriminalität ebenfalls ein leistungsfähiges Netzwerk gegenüber stellen. Netzwerkarbeit sei ein wichtiger Bestandteil erfolgreicher Polizeiarbeit. Die diesjährige Konferenz des BKA in Berlin sei dafür ein weiterer Schritt in die richtige Richtung.
Emily Haber, Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, verwies darauf, dass vor allem in der aktuellen Entwicklung der „Industrie 4.0“ Cyberkriminalität ein immer ernstzunehmenderes Thema darstelle, denn jeder, der einen Computer benutze, wäre ein potenzielles Opfer. Sie fügte hinzu, dass „die Komplexität und Kreativität der kriminellen Machenschaften atemberaubend ist“. Präventionsmaßnahmen bedürften eines enormen Know-Hows.
Echtheit der Statistik zweifelhaft
Kritik gibt es an der Kriminalstatistik, die im April von der Polizei veröffentlichte wurde. So beziehen sich die veröffentlichten Zahlen lediglich auf Fälle, die von den Opfern angezeigt wurden. 90 Prozent entdeckt man nicht. Daraus ergibt sich eine immense Dunkelziffer. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) schätzt, dass es 2015 rund 15 Millionen Fälle von Cyberkriminalität gab. Matthias Spielkamp, Leiter des Informationsportals „Mobil sicher“ meinte, die Zahlen in der Statistik seien unplausibel. So wäre die polizeiliche Kriminalstatistik zur Cyberkriminalität ein großes Stochern im Nebel: „Wie soll beispielsweise die Telekom angeben, wie groß der Schaden war, nachdem ihre Server lahmgelegt worden sind? Die Daten sind alle ziemlich vage“.
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