Die Kunden der Vodafone Kabelsparte haben seit dem 18.12. keinen Zugriff mehr auf die illegalen Portale Burning Series und Serienstream.to.
Seit dem 18. Dezember wird den Kunden der Vodafone-Kabelsparte der Zugriff auf die Streaming-Portale Burning Series (bs.to) und Serienstream (s.to) verwehrt. Vodafone verhindert damit den illegalen Konsum der TV-Serie „Das Boot“. Diese wurde im November 2018 erstmalig vom Pay-TV-Sender Sky 1 ausgestrahlt.
Kabelnetzkunden von Vodafone betroffen
Die Kabelinternetkunden von Vodafone können seit dem gestrigen Dienstag zwei offensichtlich rechtswidrige Serien-Portale nicht mehr besuchen. Statt den Webseiten bekommen sie lediglich eine Sperr-Meldung angezeigt. Von der neuen Netzsperre ist sowohl das Streaming-Portal Burning Series (bs.to) als auch Serienstream (s.to) betroffen. Beide Portale informieren ihre Nutzer über die neuerlichen Sperren. Auf BS.to empfiehlt man den Zuschauern, den DNS Nameserver umzustellen oder beispielsweise das Windows-Programm „DNS Jumper“ zu verwenden. Außerdem wird man auf beiden Portalen dazu angehalten, eine Online-Petition auf Change.org zu unterzeichnen, die sich gegen die Einführung von Upload-Filtern auf EU-Ebene richtet.
Vodafone sperrt nach Vorgabe des BGH-Urteils „Dead Island“ proaktiv
Der Vodafone-Konzernsprecher Volker Petendorf und Chef vom Dienst (CvD) Pressestelle, teilte uns auf unsere Anfrage mit:
„Aufgrund der Bestimmungen des deutschen und europäischen Urheber- und Telemedienrechts sind Access-Provider wie Vodafone unter bestimmten Voraussetzungen gesetzlich verpflichtet, den Zugang zu Internetseiten mit rechtswidrigen Inhalten zu sperren – z.B. zu illegalen Streaming-Angeboten von Filmen und TV-Serien. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diese Rechtslage inzwischen in einer Grundsatzentscheidung konkretisiert – (Urteil vom 26.07.2018, I ZR 64/17 – Dead Island).
Eine solche Verpflichtung des Access-Providers zur Sperrung von Internetseiten besteht laut BGH dann, wenn der Versuch des Rechteinhabers erfolglos ist, den Betreiber des illegalen Angebots direkt in Anspruch zu nehmen.
Es geht um die TV-Serie „Das Boot“
Aktuell hat der Rechte-Inhaber der TV-Serie „Das Boot“ Vodafone zur Sperrung von Domains aufgefordert, über die die Internetseite „s.to“ und „b.to“ zugänglich sind. Der Rechteinhaber hat Vodafone gegenüber glaubhaft gemacht, dass diese Serie über die Internetportale s.to und bs.to ohne die erforderliche Zustimmung des Rechteinhabers und damit illegal abrufbar ist. Der Rechteinhaber hat uns versichert, dass es ihm nicht möglich ist, seine Rechte auf andere Weise durchzusetzen als durch Sperrung des Zugangs zu diesen Seiten. Vodafone ist nach eingehender juristischer Prüfung der Auffassung, dass wir nach Maßgabe der zwingenden gesetzlichen Bestimmungen aktuell zur Sperrung des Zugangs zu diesen Internetseiten verpflichtet sind. Sobald diese Voraussetzungen entfallen, wird Vodafone die Sperre wieder aufheben.“
Bs.to & S.to – im Graubereich keine Unbekannten
Die Kabelsparte von Vodafone Deutschland wurde also im Gegensatz zu den Netzsperren der Library Genesis oder Kinox.to nicht per einstweiliger Verfügung zu einer Sperre gezwungen. Man fühlt sich aufgrund des BGH-Urteils auch so dazu verpflichtet. Böse Zungen würden von vorauseilendem Gehorsam sprechen.
Die Sperre betrifft übrigens mit dem Forum von Serienstream.to eine Subdomain von s.to. Burning Series hatte laut dem Online-Analysetool Similarweb letzten Monat fast 203 Millionen Seitenaufrufe. Bei Serienstream waren es im gleichen Zeitraum unter der prominentesten URL schon beinahe 266 Millionen Page Impressions. Die Netzsperren betreffen also zwei große Vertreter des digitalen Untergrunds.
Netzsperren für Rechteinhaber das neue Mittel der Wahl?
Patrick Breyer, Spitzenkandidat der Piratenpartei zur Europawahl 2019, kommentiert die Vodafone Spere mit diesen Worten:
“Die Contentindustrie hat den Grundsatz „Löschen statt sperren“ noch nicht verstanden. Das Comeback der leicht zu umgehenden Netzsperren zeigt: Das lobbygesteuerte europäische Urheberrecht muss dringend vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Wir brauchen kein deutsches Internet, sondern eine internationale Verständigung über die Grenzen der digitalen Meinungsfreiheit. Und der private Tausch von Kulturgütern muss gegen Entschädigung der Urheber endlich legalisiert werden, um der Drangsalierung und Verfolgung von Privatpersonen ein Ende zu setzen.“
Vodafone nur der Anfang: weitere Netzsperren zu befürchten
Wir haben bei weiteren Organisationen und Parteien angefragt, wie sie zu diesen Netzsperren stehen. Wir reichen die Reaktionen nach, sobald wir sie erhalten. Ein Brancheninsider teilte uns schon im Sommer diesen Jahres mit, dass die LibGen-Sperre nur den Anfang dargestellt hat. Netzsperren seien für Rechteinhaber aller Art das neue Mittel der Wahl. Sie können damit versuchen, die Herrschaft über die Verwendung ihrer eigenen Inhalte zurückzugewinnen. Sobald die Portale neue Domains angemeldet haben (wie bei The Pirate Bay schon oft geschehen), geht das Hase-und-Igel-Spiel natürlich von vorne los.
Zur Anmeldung von jeglichen Mirror-Domains etc. konnten sich die beiden aktuell betroffenen Portale bisher nicht entscheiden. Wahrscheinlich wird sich dies ändern, sobald sich weitere bzw. größere Internet-Anbieter wie T-Online dazu entschließen sollten, ihre Online-Angebote ebenfalls zu filtern. Wir haben die beiden S.to-Admins Reddington und James angeschrieben, aber noch keine Antwort auf unsere Anfrage erhalten. Übrigens erkundigen sich dort die ersten User, wie sie ihre Lieblingsfilme künftig für lau anschauen können, wo man ihnen derzeit den Zugang blockiert.
Halten wir fest. Die Produktionsfirmen Bavaria Fiction, Sky Deutschland und Sonar Entertainment haben naturgemäß kein Interesse daran, dass ihre mit viel Aufwand neu aufgelegte TV-Serie „Das Boot“ ohne jede Gegenleistung kostenlos von Dritten ausgestrahlt wird. Ob die Vorgehensweise den illegalen Konsum tatsächlich verhindern kann, daran haben wir allerdings jede Menge Zweifel. Aber ganz ehrlich, was sonst können die Rechteinhaber denn noch tun?
Das Internet dient seit jeher dem freien Zugang zu Informationen
Wer sich für weitere Hintergründe zu Vodafone interessiert, kann sich das zweiteilige Community-Interview mit Serienstream.to durchlesen. Auf die Zukunft des Webs in ein paar Jahren angesprochen, schrieb uns James vor einigen Monaten:
“Wenn die Politik nicht irgendwann erkennt, dass Überwachung und Eingriffe in diverse Grundrechte eher schaden als nützen. Dann werden auch weiter Technologien entwickelt, die das Umgehen von Sperren und Schranken ermöglichen. Was manche nicht erkennen oder erkennen wollen ist, dass das Internet seit Beginn vor allem für eins steht. Nämlich den freien Zugang zu Informationen.“
Wer hätte gedacht, dass die Zukunft derart schnell zur Gegenwart werden könnte.
Tarnkappe.info