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Datacenter für Raubkopien – The Hall of Shame: jenseits von Cloudflare

Wo kommen die meisten Schwarzkopien her? Die Datacenter welcher Firmen beheimaten eigentlich die meisten Webwarez-Seiten?

Wo kommen die meisten Schwarzkopien her? Die Datacenter welcher Firmen beheimaten eigentlich die meisten Webwarez-Seiten? Wo liegen die meisten rechtsverletzenden Dateien? Mit dieser Fragestellung haben sich auch schon andere Organisationen eingehend befasst.

Im Februar hat dieser Blog die Bedeutung des CDN-Dienstleisters Cloudflare für die Internetpiraterie dargestellt. Mit Ausnahme von RapidVideo hat sich Cloudflare nicht wie ursprünglich angenommen, von den einschlägigen Anbietern verabschiedet.

eco cloudflareBasis der letzten Erhebung waren die TOP 5.000 der noch existierenden urheberrechtsverletzenden Webseiten des Google-Transparency-Reports. Diese beinhalten mehr als 2,9 Milliarden Meldungen zur Löschung aus dem Google-Suchindex, welche wiederum 79% aller gemeldeten URLs ausmachten.

Von diesen 5.000 Domains wurden diejenigen abgezogen, die bei Firmen wie Team Internet, Sedo oder GoDaddy geparkt wurden. Diese Domains existieren zwar noch, werden aber aktuell nicht für Urheberrechtsverletzungen genutzt.

Es verblieben noch 3.645 Domains. Von diesen 3.645 rechtsverletzenden Seiten liefen 41,9 % über Cloudflare. Sie sind ihrerseits für 44,7 % der bei Google gemeldeten Urheberrechtsverletzungen verantwortlich.

Wo aber liegen die anderen 58,1 % der Seiten oder 55,3 % der rechtsverletzenden Dateien? Dies wird nachfolgend genauer untersucht.

cloudflareDie im Folgenden aufgelisteten Datacenter oder Anteile stellen immer nur denjenigen Teil dar, der nicht über Cloudflare verschleiert wird. Es ist damit zu rechnen, dass auch einige über Cloudflare verschleierte Seiten tatsächlich auf den jeweiligen Rechenzentren liegen, womit die absoluten Zahlen tendenziell höher liegen dürften.

In der Analyse wird unterschieden in

a) Anzahl der Seiten, auf denen Urheberrechtsverletzungen gemeldet wurden
b) Anzahl der gemeldeten URLs, also die Häufigkeit der festgestellten Urheberrechtsverletzungen auf einzelnen Unterseiten.

Herkunftsländer

Wo kamen die meisten rechtsverletzenden Inhalte her? Unter anderem aus den USA und den Niederlanden.

Bei beiden Analysen sind die TOP 5 Länder die gleichen, es unterscheidet sich nur die Rangfolge. Spitzenreiter ist immer die USA, danach folgen die Niederlande. Über die Hälfte aller rechtsverletzenden Dateien oder rechtsverletzenden Seiten liegen in den USA und den Niederlanden. Platz 3 und 4 teilen sich Frankreich und Russland, auf Platz 5 liegt Deutschland. Diese 5 Länder beheimaten 75,5 % der rechtsverletzenden Seiten.

Weitere wichtige Länder – die zumindest bei einer Sichtweise unter die TOP 10 der Datacenter fallen – sind in alphabetischer Reihenfolge: El Salvador, Japan, Kanada, Litauen, Moldau, Polen, Schweiz und die Tschechei. Also auch hier mit zwei Staaten aus der EU, der Schweiz sowie Moldau gibt es einen starken europäischen Schwerpunkt.

(Die Länderzuordnung erfolgt nach dem Hauptsitz der Gesellschaft. Von der Gesellschaft betriebene Rechenzentren in anderen Ländern werden immer dem Land des Hauptsitzes zugeordnet. Die einzelnen URLS wurden der jeweiligen Hauptseite zugeordnet.)

Heimat der Piraten: Leaseweb

eco leasewebWichtigstes Rechenzentrum für urheberrechtsverletzende Inhalte ist eco-Mitglied Leaseweb aus den Niederlanden.

Egal ob nach Anzahl der Seiten oder der Anzahl der gemeldeten Rechtsverstöße, Leaseweb landet immer auf dem ersten Platz. Bei diesem Unternehmen werden 13,6 % der rechtsverletzenden Seiten und 10,8 % der gemeldeten URLs gehostet.
(Basis: Meldungen wegen Urheberrechtsverletzungen bei Google nach Abzug von Seiten, die hinter Cloudflare versteckt sind. Der Anteil von Leaseweb könnte daher noch höher liegen.)

Nur wenige Datacenter beheimaten die Raubkopien

Unter den Top 5 mindestens einer Betrachtungsweise befinden sich dann noch in alphabetischer Reihenfolge: Amazon (US), Confluence Networks (US), DDoS Protection LTD. (RU), NFOrce Entertainment (NL), OVH SAS (F) und Webzilla (US).

Die jeweils Top 10 der Rechenzentren sind für 47,2 % der rechtsverletzenden Seiten Dienstleister oder haben 48,2 % aller gemeldeten rechtsverletzenden Inhalte gehostet.

Mit der Hetzner Online GmbH befindet sich auch ein deutsches Unternehmen unter den TOP 10.

top20 Rechenzentren Schwarzkopien datacenter

Fazit: 50 % der rechtsverletzenden Seiten werden bei lediglich 13 Datacentern gehostet. Mit einer Ausnahme (Russland) sind diese in der EU, den USA oder der Schweiz beheimatet.

top20 rechtsverletzende Inhalte datacenter

50 % der rechtsverletzenden Inhalte werden bei lediglich 11 Datacentern gehostet. Mit zwei Ausnahmen in Russland sind diese in der EU oder den USA beheimatet.

Der Anteil von Rechenzentren aus der EU, Schweiz und den USA an den weltweit bei Google gemeldeten Verletzungen des Urheberrechts ist immens:

datacenter

Fazit zum Thema Datacenter: von wegen offshore!

Die hohe Bedeutung einiger weniger Rechenzentren aus der EU und den USA für die Verbreitung urheberrechtsverletzender Dateien sollte den Fokus auf eine stärkere Verantwortung der Rechenzentren lenken. Auch sollten sowohl die EU als auch die USA zunächst einmal den eigenen Hof kehren, bevor sie sich immer wieder in langen Berichten über notorische Störer im Ausland beschweren (Vgl. USTR-Report der USA und die Counterfeit and Piracy Watch List der EU-Kommission).

Das Problem der unregulierten Distribution findet nicht ausschließlich in exotischen Ländern statt sondern vorwiegend in Westeuropa und den USA. Wer es lösen will, der muss hier anfangen und den Rechenzentren endlich Verantwortung zuweisen.

 

Über die Autoren

Volker Rieck ist Geschäftsführer des Content Protection Dienstleisters File Defense Service (FDS), welcher für zahlreiche Rechteinhaber tätig ist. Das Unternehmen erstellt zudem Studien zum Thema Piraterie und unterstützt Strafverfolgungs-unternehmen mittels seiner erhobenen Daten. Rieck schreibt für die FAZ, Tarnkappe.info, Webschauder und ab und zu für den US-amerikanischen Blog The Trichordist. Dabei geht es stets um die verschiedenen Aspekte der unregulierten Inhalte-Distribution.

Jörg Weinrich ist Dipl.-Ökonom und seit über 20 Jahren in der Medienbranche tätig. Seit mehr als zehn Jahren befasst er sich mit dem Thema Rechtsverstöße im Internet. Weinrich ist der Betreiber und Verfasser der meisten Beiträge beim Blog WebSchauder.

Beitragsbild Dane Deaner, thx! (Unsplash Lizenz)

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Über

Volker Rieck ist Geschäftsführer des Content Protection Dienstleisters FDS File Defense Service, der für zahlreiche Rechteinhaber tätig ist. Das Unternehmen erstellt zudem Studien zum Thema Piraterie und unterstützt Strafverfolgungsbehörden mittels seiner erhobenen Daten. Volker Rieck bloggt regelmäßig auf Webschauder und unregelmäßig auf dem US-Blog The Trichordist zu verschiedenen Aspekten der unregulierten Inhalte-Distribution. Seine Artikel erscheinen auch in unregelmäßigen Abständen hier bei Tarnkappe.info.