Ob kannibalistische Geflüchtete, bezahlte Klimaaktivisten oder erfundene Straftaten – Fake News sind seit einiger Zeit auf der Tagesordnung. Sie sollen Angst verbreiten und den politischen Diskurs zerstören. Mit der Verbreitung gezielter Fehlmeldungen im Internet wächst auch die Unsachlichkeit und Faktenresistenz. Wir wollen Euch Tipps geben, um Falschmeldungen besser erkennen zu können.
Die Manipulation und Meinungsmache durch gezielte Falschmeldungen haben eine lange Geschichte. Doch Social Media, Foren, Messenger, Videoplattformen und andere Dienste bieten heute schnellere und effektivere Methoden um diese zu verbreiten. Einmal gefangen im Dunstkreis der Filterblase voller Verschwörungsideologien, Hasstiraden und Falschmeldungen, lässt es sich nur schwer wieder herauskommen. Deshalb ist es wichtig schon frühzeitig zu erkennen welche Meldungen seriös sind und welche gezielt Unwahrheiten verbreiten möchten.
Das größte Problem an Fake News ist die Diskursverschiebung und zunehmende Unsachlichkeit in (politischen) Diskussionen. Der Hang zum Anzweifeln von Tatsachen und die Entgegnung mit Whataboutism führen sachliche Gespräche ins Dekonstruktive. Selbst abnehmende Straftatenstatistiken helfen nicht gegen empfundene Unsicherheiten. Glaubt man der Summe aus täglichen Meldungen bestimmter Kreise wären Kannibalismus, Femizid (Frauentötung) und Raubmord auf den Straßen deutscher Städte an der Tagesordnung. In Wirklichkeit ging die Anzahl registrierter Straftaten in den letzten Jahren immer weiter zurück.
Wie erkenne ich Manipulationen und Fake News?
Doch was kann man tun um nicht in solche Filterblasen zu geraten, in denen lediglich die eigene Sichtweise wiederholt und bestätigt wird? Zuerst einmal sollte man immer die Qualität, Neutralität, Herkunft und Autorenschaft der Artikel hinterfragen. Dass das oft nicht leicht ist, zeigt auch ein Experiment, dass die Wissenschaftlerin Mai Thi Nguyen-Kim auf ihrem YouTube-Kabal maiLab vorstellt. Unsere Gefühlswelt spielt eine große Rolle beim Glauben an die Authentizität von Meldungen und Nachrichten. Deshalb sollte man immer abwägen und mehrere Quellen zu einem Thema überprüfen.
Dabei kann es helfen sich vor allem gegensätzliche Darstellungen zu einem Thema anzusehen. Dadurch kann man auch die Seriösität des Beitrags besser einschätzen. Wenn es zu bestimmten Themen nur eine oder wenige Veröffentlichung gibt und sich sonst kein Medium dazu äußert, sollten die Alarmglocken angehen. Wenn es eine ernsthafte Quelle für das Thema gibt, sollte sich auch mehr dazu finden lassen. Quellen sollten immer hinterfragt werden: woher stammt das Wissen? Wurde es von anderen Seiten bestätigt? Erfährt man alles oder nur Bruchteile?
Man kann grundsätzlich davon ausgehen, dass auch bei bester Absicht es nicht zu tun, Journalisten immer wieder ihre eigene Meinung in Themen einfließen lassen. Nur sollte das auch transparent geschehen. Leider nehmen sich das manche Kollegen nicht zu Herzen. Man sollte sich also immer damit auseinandersetzen, wer Verfasser einer Nachricht oder eines Posts ist. Welche Hintergründe/Meinung/Ideologie hat er? Hat er eine bestimmte Motivation, sich zum Thema zu äußern? Wo veröffentlicht diese Person ansonsten noch? Verfügt die Person über Fachwissen zu dem Thema? Hat der Autor das studiert, oder kommen seine Aussagen aus dem hohlen Bauch? Gibt es Kritik an der Person?
Falschmeldungen sehen Schwarz-Weiß
Gerade bei heiklen Themen sind die Parteien in einer Diskussion oft sehr engstirnig und einseitig. Auch hierbei erkennt man oft das Potenzial medialer Falschmeldungen: einfache Wahrheiten und Lösungen gibt es nicht. Außer bei Fake News. Oftmals liegt die Wahrheit irgenwo zwischen Schwarz und Weiß. Die Realität unserer immer dynamischer und komplexer werdenden Welt lässt sich nicht so einfach in Gut und Böse einteilen. Diese Tatsache sollte man verinnerlichen und lieber einmal zu viel zweifeln, ob das was ich gerade konsumiere, der absoluten Wahrheit entspricht. Der Philosoph und Soziologe Theodor W. Adorno schrieb bereits 1959 was heute nicht treffender passen könnte:
„Das Halbverstandene und Halberfahrene ist nicht die Vorstufe der Bildung sondern ihr Todfeind“.
Um Falschmeldungen nicht auf den Leim zu gehen, sollte man sich also auch fragen: was will der Artikel? Will er mir Informationen vermitteln oder eine bestimmte Meinung aufdrücken? Legt er Fakten dar oder appelliert er an meine emotionale Reaktion? Erhebt der Beitrag den Anspruch auf die absolute Wahrheit oder informiert er über andere Meinungen und Standpunkte zu dem Thema? Stellt der Artikel das Thema verkürzt da oder wägt er alle Seiten ab? Werden bestimmte Minderheiten gezielt und überwiegend negativ/einseitig dargestellt?
Video: Wie hoch ist die Gefahr, von Fake-News manipuliert zu werden?
Die Rolle von Social Media und Clickbaiting
Trotz all des Fortschritts ist die Rolle des Internets und von Social Media bei der Meinungsbildung unserer Tage nicht weg zu diskutieren. Wie bereits gesagt, spielen gerade letztere eine große Rolle bei der Verbreitung von Fake News. Eine französische Studie stellte 2016 fest, dass 6 von 10 Social Media Usern, Artikel die sie teilen (abgesehen von der Überschrift) vorher nicht lesen. Es geht ihnen also nicht um die Verbreitung von Informationen, sondern vor allem um die Bestätigung der bereits gefällten Meinung, die sie in dem Post (vermeintlich) bestätigt sehen. Man sollte sich also fragen: warum teilt die Person diesen Artikel? Woher kommt dieser Artikel? Ist der Artikel auf einer Website mit Impressum erschienen? Ist das Impressum seriös oder nachgemacht (also ein Fake)? Wird die Seite häufg gelesen? Behandelt man dort viele unterschiedliche Bereiche, oder fokussiert die Webseite nur ein bestimmtes Thema? Was sagen andere Leser über diese Website?
Gerade bei Bouelvardpresse, Social Media und Videoplattformen wie YouTube ist Clickbaiting ein weit verbreitetes Problem. Dabei werden gezielt reißerische Überschriften und Titel genutzt, um die Klickzahlen und Auflagen zu erhöhen. Oft haben die Texte und Videos unter solchen Clickaiting-Titeln nur einen marginalen Bezug zur eigentlichen Thematik. Klar soll diese Eyecatcher-Strategie möglichst viele Menschen ansprechen und zum Anklicken bzw. zum Lesen anregen. Allerdings kommt der tatsächliche Informationsgehalt dabei oft viel zu kurz und ist nichts weiter als eine maßlose Übertreibung. Deshalb sollte man sich auch hier fragen: warum wurde gerade dieser Titel gewählt? Muss der nachfolgende Beitrag unter so einem plakativen Titel stehen? Haben Titel und Text etwas miteinander zu tun? Soll mich der Titel nur dazu bringen, den Beitrag zu anzuklicken? Ist der Titel nicht nur reißerisch, sondern hetzt auch gegen Minderheiten und/oder Personen? Würde eine seriöse Quelle mit derart reißerischen Titeln arbeiten?
Weitere Empfehlungen zu Falschmeldungen und Fake News
Die österreichische NGO Mimikama und der deutsche Blog Volksverpetzer haben es sich zur Aufgabe gemacht, massenhaft geteilte Beiträge auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Dabei beschäftigen sie sich vor allem mit Clickbaiting und Fake News. Auch der BILDblog und Übermedien sind gute Anlaufstellen für die Enttarnung medialer Fehltritte und Fake News. Für Skeptiker bietet die Kampagne Klicksafe.de eine Anleitung zum kritischen Beleuchten gelesener Beiträge. Eine sehr umfangreiche Liste mit Querverweisen zu NGOs, Websites und Projekten, die sich mit Hatespeech beschäftigen, bietet das Portal no-hate-speech.de.
Alles in allem ist der Umgang mit Fake News Privatsache. Umso wichtiger ist es sich im eigenen Umfeld umzusehen und aufklärend entgegen zu wirken. Fakt ist, dass das Internet und der schnelle Informationsaustausch Desinformationskampagnen Tür und Tor geöffnet haben. Es liegt an jedem einzelnen zwischen der Datenflut zu selektieren und den ganzen Unsinn zu sortieren, um endlich wieder sachliche und konstruktive Diskurse voranzutreiben.
Wir hoffen, dass euch die Tipps weiterhelfen zukünftigt ein paar Fragen im Hinterkopf zu haben und kritischer auf Medien zu blicken.
Foto João Silas, thx!
Tarnkappe.info