In einer Erklärung bezüglich der Terrorbekämpfung sprechen sich die EU-Innenminister für eine Schwächung der E2E-Verschlüsselung aus.
Die EU-Innenminister wollen entschiedener gegen Terrorismus vorgehen. Wegen der E2E-Verschlüsselung von Messengern sehen sie ihre Pläne gefährdet. Aktuell legen sie in einer gemeinsamen Erklärung dar, dass Behörden dennoch Zugang erhalten müssen. Mit heftiger Kritik treten Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft dem Vorhaben entgegen.
Gratwanderung Verschlüsselungs-Technik
In den jüngsten Terroranschlägen in Europa sehen die EU-Innenminister einen Grund zur Schwächung der E2E-Verschlüsselung. Diese soll mit Terrorbekämpfung begründet werden. Eine gemeinsame Erklärung der Minister hebt hervor, die EU-Mitgliedsstaaten werden sich „mit der Frage der Datenverschlüsselung beschäftigen müssen“. Hierbei solle der Polizei und den Geheimdiensten Informations-Zugang gewährt werden. Die Daten-Öffnung solle sich sowohl auf Verbindungsdaten (Vorratsdatenspeicherung) als auch auf verschlüsselte Inhaltsdaten erstrecken.
Wegen der tiefen Einschnitte in die Grundrechte der Menschen stehen beide Erhebungsarten unter massiver Kritik. Zwar heißt es, „digitale Beweise“ seien von den zuständigen Behörden im Einklang mit den Gesetzen zu erheben und auszuwerten, wie man dabei jedoch „die Vertrauenswürdigkeit der Produkte und Dienstleistungen erhalten“ will, die auf E2E-Verschlüsselungs-Technilen basieren, darauf bleibt man die Antwort schuldig. Ein erst kürzlich bekannt gegebener Resolutionsentwurf des EU-Ministerrates sah bereits ganz Ähnliches vor.
Messenger-Entwickler in der Pflicht
Nun werden die Entwickler der Messenger aufgefordert, sich des Problems anzunehmen. Deren Aufgabe soll es sein, eine E2E-Verschlüsselung zu entwickeln, mit denen Ermittler einerseits auf die verschlüsselten Inhalte zugreifen können, ohne jedoch andererseits die Verschlüsselung zu schwächen. „Die Vertrauenswürdigkeit der auf der Verschlüsselungstechnologie basierenden Produkte und Dienstleistungen muss gewahrt bleiben“, so die Ressortchefs.
Weiterhin heißt es, „in einem engen Dialog mit der technologischen Industrie nach technischen Lösungen für den rechtmäßigen Zugang zu verschlüsselten Daten“. Bekannte Möglichkeiten zur Umsetzung würden in der Schaffung eines Nachschlüssel, im Öffnen von Hintertüren oder im Einsatz von Staatstrojanern liegen.
Aufweichung der E2E-Verschlüsselung: Stimmen der Kritik
Susanne Dehmel, Geschäftsleitung des IT-Branchenverbands Bitkom, bekundet, „Terrorismus und andere Formen schwerster Kriminalität müssen konsequent bekämpft werden können. Hintertüren in Kommunikationsdiensten können dafür aber nicht die Lösung sein. Wer die E2E-Verschlüsselung aufweicht, schwächt die IT-Sicherheit insgesamt.“ Dann würden Täter auf Dienste ausweichen, „die mit EU-Gesetzen nicht zu erreichen sind“. Es wären vielmehr „mehr qualifizierte Mitarbeiter in Behörden, die im digitalen Raum ermitteln können“ nötig.
Andrej Hunko, Linken-Bundestagsabgeordneter, weist darauf hin. „Die Verschlüsselung digitaler Kommunikation ist kein Nachteil, sondern eine Errungenschaft.“ Er sieht in der Initiative einen „Generalangriff auf die inzwischen weit verbreitete sichere Telekommunikation“.
Moritz Körner, FDP-Europaabgeordneter, meint „Vorratsdatenspeicherung, Verschlüsselungsumgehung, Uploadfilter: Big Brother Seehofer hat all seine Überwachungswerkzeuge im Forderungskatalog der Innenminister untergebracht.“
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Ex-Bundesjustizministerin, warnt, die EU-Innenminister fallen mit ihrer Politik zur Schwächung von E2E-Verschlüsselungs-Technik „in alte Muster zurück. Ein Generalschlüssel zur Überwachung von Chats ist ein Werkzeug, von dem Diktatoren träumen. Auch russische Hacker werden sich über die Arbeitserleichterung freuen.“
Das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF) erklärt zur geplanten Aufweichung der E2E-Verschlüsselung. „Es ist schlicht mathematisch unmöglich, Verschlüsselung zugleich tatsächlich sicher und behördlich abhörbar zu gestalten.“ Die kryptographische Sicht lässt keine Rückschlüsse auf „gute“ oder „schlechte“ Angreifer zu.
Dr. Patrick Breyer, Europaabgeordneter, gibt zum Thema E2E-Verschlüsselung auch einiges zu bedenken.
„Wir müssen uns entscheiden, ob wir allen die sichere Kommunikation nehmen, weil sie von wenigen missbraucht wird. Oder ob wir sagen, die Sicherheit der Kommunikation ist mehr wert in unserer Gesellschaft.“
Tarnkappe.info