Verlorene Heimat im Netz: Manga-Leser zwischen Sehnsucht und Improvisation.
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Bildquelle: ChatGPT

Comick offline: Für Manga-Piraterie-Gigant endet eine Ära

Comick.io, einer der größten Manga-Piracy-Giganten mit 125 Mio. Besuchern, ist offline. Juristischer Druck? Szene in Aufruhr.

Mit 125 Millionen monatlichen Besuchern war Comick einer der letzten Giganten der Manga-Piraterie und ist nun offline. Die Szene ist geschockt, Fans sind verzweifelt, die Rechteinhaber feiern stillschweigend. Doch was steckt wirklich hinter dem plötzlichen Aus?

Am 16. September 2025 ging ein Raunen durch die internationale Manga-Community. Comick.io, eine der weltweit meistgenutzten Piracy-Seiten für Manga und Manhwa, schloss ohne Vorwarnung ihre Pforten. Nur ein letztes Statement im offiziellen Discord-Server blieb zurück. Für Millionen täglicher Nutzer, die Comick als ihre wichtigste Quelle betrachteten, war es ein Schockmoment, vergleichbar mit den legendären Abschaltungen von Gogoanime oder KissManga.

Ein plötzlicher Abschied ohne klare Begründung

Die Betreiber verabschiedeten sich mit einem simplen, fast schon nüchternen Hinweis. In einer Ankündigung auf Discord gaben sie bekannt, das Projekt sei beendet, die persönlichen Manga-Listen der User jedoch sicher. Eine Exportfunktion werde zeitnah freigeschaltet:

„Zunächst möchte ich Ihnen allen dafür danken, dass Sie Teil der Comick-Community sind und dieses Projekt über die Jahre unterstützt haben. Nach reiflicher Überlegung habe ich die schwierige Entscheidung getroffen, diese Website zu schließen.
Obwohl die Website nicht mehr online ist, möchte ich Ihnen versichern, dass Ihre persönlichen Manga-/Comic-Listen sicher sind. Ich bereite derzeit eine spezielle Seite vor, auf der Sie auf Ihre Listen zugreifen und sie exportieren können. Sobald sie fertig ist, werde ich den Link hier teilen.
Ich bin allen zutiefst dankbar, die diese Website besucht, dazu beigetragen und diese Reise mit mir geteilt haben. Die Leitung dieser Plattform war eine unglaubliche Erfahrung, und ich weiß die Zeit, die Sie hier verbracht haben, sehr zu schätzen.
Nochmals vielen Dank für Ihre Unterstützung und Ihr Verständnis.
– Comick“

Keine Rede war von DMCA-Takedowns oder juristischen Drohungen, zumindest offiziell. Doch die Community spekuliert anders. Auf Reddit und in einschlägigen Foren wird heiß darüber diskutiert. War es Überlastung, der ständige Stress mit Domains oder doch massiver juristischer Druck durch internationale Anti-Piracy-Allianzen wie ACE (Alliance for Creativity and Entertainment)? Schon bei MangaDex oder Reaper Scans hatten bereits ähnliche Schritte die Szene in Aufruhr versetzt.

Comick offline: Das Ende einer Ära für den Manga-Piraterie-Gigant
Comick offline: Das Ende einer Ära für den Manga-Piraterie-Gigant

Der Dominoeffekt: Von MangaDex bis Gogoanime

Comick war nicht die erste Plattform, die unterging und wird nicht die letzte sein. Bereits MangaDex musste 2025 eine großflächige DMCA-Löschung hinnehmen. Über 7.000 Serien verschwanden von einem Tag auf den anderen. Überraschend dabei war, dass hinter den Löschanfragen nicht CODA stand, sondern das deutsche Unternehmen Comeso, das im Auftrag japanischer Verlage agierte. Auch Reaper Scans knickte nach einer Abmahnung von Kakao Entertainment ein.

Diese juristische Offensive erinnert stark an den Fall Gogoanime, wo Betreiber plötzlich abtauchten, Mods im Dunkeln gelassen wurden und schließlich ACE als Strippenzieher identifiziert wurde. Der Vergleich liegt nahe, dass Comick dasselbe Schicksal ereilt haben könnte.

Nutzerstimmen: „Das ist wie der Brand von Alexandria

Die Reaktionen zu „Comick offline“ sind zahlreich, heftig und auch emotional. Auf Reddit reichen die Kommentare von „Meine Lieblingsseite ist tot, was mache ich jetzt?“ bis zu „Das ist literally traumatisch“.

Auf YouTube verglich ein User den Verlust sogar mit dem Brand von Alexandria: unwiederbringlich verschwundene Sammlungen, akkurate Übersetzungen, eine saubere Oberfläche, all das, was Comick ausmachte, fehlt nun schmerzlich. Ein anderer Nutzer resümiert:

„Keine Werbung, bestes Layout, beste Scanqualität – und jetzt alles weg.“

Der größere Kontext: Manga-Piraterie im Boom

Laut einem Report von MUSO von 2024 ist Manga das am schnellsten wachsende Segment der weltweiten Piraterie, mit einem Anteil von 70 % an der gesamten Publishing-Piraterie. Innerhalb nur eines Jahres wuchs der Konsum um 56 %. Besonders die USA führen mit über 8,2 Milliarden Besuchen die Statistik an. Japan selbst reagiert mit härteren Kooperationen und neuen KI-gestützten Anti-Piracy-Systemen. Comick war also mehr als nur eine Seite, es war ein Symbol für eine globale Entwicklung, die legale Anbieter bislang kaum aufhalten können.

Fazit: Comick offline – neues Katz-und-Maus-Spiel startet

Mit Comick verliert die Piracy-Szene eine ihrer größten Plattformen. Doch wie schon die Vergangenheit bei Gogoanime, KissAnime oder MangaDex zeigte, wo eine Seite fällt, sprießen zwei neue aus dem Boden. Leser müssen sich erneut auf die Suche nach neuen Quellen begeben, ausweichen und improvisieren, um ihre Lieblingsserien weiterverfolgen zu können. Rechteinhaber verbuchen das Aus von Comick zwar als sichtbaren Erfolg, doch in Wahrheit handelt es sich nur um einen kurzfristigen Sieg in einem nie endenden Krieg. Für die Szene insgesamt bleibt es der Beweis, dass Piraterie trotz aller juristischen Schläge nicht verschwindet. Sie passt sich an und taucht an anderer Stelle wieder auf.

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.