SWAT-Team
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Bildquelle: zim90, Lizenz

SWAT-Team stürmt fälschlich Haus von 77-jährigen Frau

Aufgrund von Fehlinformationen bezüglich der Tracking-App "Find My" erhielt eine 77-Jährige Frau eine Hausdurchsuchung von einem SWAT-Team.

Bereits im Januar versammelte sich ein SWAT-Team bei einer 77-jährigen Frau, namens Ruby Johnson, vor deren Haus, in Montbello, Denver. Sie trafen bei der pensionierten US-Postangestellten mit einem gepanzerten Fahrzeug, Polizeiautos, Offizieren in voller taktischer Militärausrüstung und einem deutschen Schäferhund der K-9-Einheit ein. Der Frau wiederfuhr der Schreck ihres Leben. Die Aktion stellte sich dann als Irrtum heraus. Aktuell klagt Johnson gegen den zuständigen Strafverfolgungsbeamten. Darüber berichtete ArsTechnica.

Über einen Lautsprecher forderte das SWAT-Team die dort allein lebende Dame auf, mit erhobenen Händen herauszukommen. Man befahl ihr infolge, stundenlang in einem Polizeiauto zu warten. Beamte und das SWAT-Team drangen dann am 4. Januar diesen Jahres in taktischer Ausrüstung mit Gewehren in das Haus ein. Sie sollen dort auch zahlreiche Schäden verursacht haben.

Für die hintere Garagentür benutzten sie einen Rammbock. Die Ermittelr erwarteten darin einen gestohlenen Lastwagen mit vier halbautomatischen Handfeuerwaffen, einem taktischen Gewehr im Militärstil, einem Revolver, zwei Drohnen, 4.000 Dollar in bar und ein iPhone 11.

Der nun verklagte Ermittler, Kommissar Gary Staab, befragte zunächst den Besitzer des Lastwagens, Jeremy McDaniel. Der führte aus, dass er in einem Hotel in Denver logierte. Aufnahmen einer dortigen Überwachungskamera zeigten, dass ein Dieb seinen weißen Lastwagen mit den geladenen Waffen, den Drohnen und dem Handy aus einem zuvor aufgebrochenen Garagentor wegfuhr.

Find My-App-Ergebnis wurde fehlinterpretiert

Weiterhin gab Jeremy McDaniel zu Protokoll, dass man ihn über den Diebstahl seines Lastwagens informierte. Daraufhin rief er die Polizei. Selbst hätte er Apples „Find My“-Technologie verwendet und sein gestohlenes Handy zu einer Adresse in Montbello, bis zu Ms. Johnsons Haus, verfolgt. Auf der Find My-App war ein blauer Kreis zu sehen. McDaniel spekulierte deshalb, sein gestohlener Lastwagen wäre in eben jener durchsuchten Garage.

Staab nahm die Vermutung des Opfers gleich als Beweis an. Er unternahm danach keine weiterführenden Ermittlungen mehr, um den Hinweis weiter zu untermauern. Innerhalb weniger Stunden erwirkte Staab daraufhin einen Durchsuchungsbefehl und wies ein SWAT-Team an, Johnsons Haus zu durchsuchen. Die Suche stellte sich infolge als ergebnislos heraus.

Die Anwälte der ACLU of Colorado reichten aktuell eine Klage gegen den Denver Police Department Det. Gary Staab ein. Die 77-Jährige durchlebt seither ein Trauma. Wie ArsTechnica berichtete, sei seit der Razzia zwar nunmehr fast ein Jahr vergangen, Johnson erhole sich aber immer noch von dem Schreck.

„Die Polizei beschädigte nicht nur Johnsons Haus – brach ihr Garagentor auf und kletterte auf ihre neuen Esszimmerstühle, um Löcher in ihre Decke zu schlagen – sie brach angeblich auch den Kopf einer Sammlerfigur ab, von der Johnson sagte, sie sei ein unersetzliches Geschenk ihres jüngsten Sohnes vor drei Jahrzehnten. Staab soll Johnson am Tag der Razzia mitgeteilt haben, dass DPD nichts zahlen werde, um einen dieser Schäden zu decken. Johnsons Sohn, Greg Brunson, sagte in der Pressemitteilung der ACLU, dass „es schmerzlich ist zu sehen, wie sich dieser Verstoß auf seine Mutter ausgewirkt hat“, die jedes Mal in Tränen ausbricht, wenn sie sich an die Razzia erinnert.“

Ihre Anwälte legten dar, dass Johnson seit der Razzia eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes zu verzeichnen hätte. Sie wäre an einem Punkt angelangt:

„an dem sie sogar darüber nachgedacht hat, das Haus zu verlassen, in dem sie ihre drei Kinder großgezogen hat. Johnson kämpft um den Schlaf und hat Angst, ihre Haustür zu öffnen. Sie hat immer noch Schmerzen. Sie versteht immer noch nicht, warum ihr das passiert ist. Und nach allem hat sie noch nicht einmal eine Entschuldigung von der Polizei bekommen.“

SWAT-Team stürmte Haus aufgrund eines Ermittlungsfehlers

Der Ermittlungsfehler bestand darin, dass das „Find My“-App-Ergebnis falsch interpretiert wurde. Der im Screenshot abgebildete blaue Kreis sei nur dann zu sehen „wenn der Standort eines Geräts nicht genau bestimmt werden kann.“ Das bedeutet, dass die Beweise, die Staab besaß, eindeutig:

„nicht darauf hindeuteten, dass sich das iPhone in Frau Johnsons Garage oder Haus befand, sondern stattdessen der blaue Kreis einen Bereich abdeckte, der sich über mindestens sechs verschiedene Grundstücke und Teile von vier verschiedenen Blöcken erstreckte“.

Aufgrund dieses Mangels an Informationen verfügten weder der Richter, noch jeder andere, der den Durchsuchungsbefehl genehmigte, über alle erforderlichen Fakten, „um die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit der ‚Find My‘-App zu bestimmen“. Ausgehend von Staabs Bericht, dass der Screenshot der „Find My“-App auf Johnsons Haus zeige, habe man den Durchsuchungsbefehl „übereilt“ genehmigt.

Abschließend führte das Denver Police Department (DPD) gegenüber Ars Technica aus, die Abteilung hätte sich inzwischen bei Johnson

„für alle negativen Auswirkungen, die diese Situation auf sie gehabt haben könnte, entschuldigt.“

Die Polizei teilte mit, sie habe

„über ihre Anwälte Kontakt mit Johnson und ihrer Familie aufgenommen, um diese Angelegenheit ohne weitere Rechtsstreitigkeiten zu lösen“.

Ein DPD-Sprecher informierte ferner, dass DPD eine interne Untersuchung eingeleitet habe. Sie arbeiten mit der Staatsanwaltschaft von Denver zusammen, um eine Schulung für Beamte über Hausdurchsuchungen auf der Grundlage von Anwendungen wie „Find My“ durchzuführen.

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.