Kampagne, Italien
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Bildquelle: Il Cinema siete voi

Italien: Verluste durch Piraterie übersteigen die Ausgaben

Im Jahr 2023 lagen in Italien laut einer aktuellen Erhebung die Verluste durch Online-Piraterie höher als die Ausgaben für digitale Medien.

Laut dem italienischen Verband für den Schutz der audiovisuellen und multimedialen Inhalte (FAPAV) gaben die Italiener im Vorjahr fast 3,6 Milliarden Euro für digitale Informations- und Unterhaltungsinhalte aus. Das entspricht einem Anstieg von fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Den größten Anteil an diesen Ausgaben hat die Videounterhaltung. Sie nahm einen einen Anteil von 44 % im Wert von etwa 1,6 Milliarden Euro ein. Die FAPAV schätzt die jährliche Wachstumsrate der Verbraucherausgaben auf sieben Prozent.

Italien: 1,7 Milliarden Euro Schäden alleine im Jahr 2023

Diesem Anteil stehen jedoch in Italien laut der Studie 1,7 Milliarden Euro gegenüber, die auf audiovisuelle Piraterie zurückzuführen sind. Eine Milliarde davon ist ein Verlust für Medienunternehmen. Der Rest entfällt auf den Verlust von Arbeitsplätzen in der Kreativwirtschaft.

An einem Tag raubkopiert fast die Hälfte aller Bürger

Heute hat in Italien fast die Hälfte der Bevölkerung einen Akt der Piraterie begangen„, schrieb FAPAV-Präsident Federico Bagnoli Ross in seiner Pressemitteilung. „Die Auswirkungen sind sehr schwerwiegend. Dies nicht nur in Bezug auf die entgangenen Einnahmen der Unternehmen. Sondern auch in Bezug auf den Verlust von Arbeitsplätzen, der auf etwa 10.000 Beschäftigte geschätzt wird, da vor allem die jüngeren Generationen von Arbeitnehmern in diesem Sektor betroffen sind„, so der Präsident.

In Italien droht ein weiterer Anstieg der Cyberkriminalität

Eine andere Form des Verlustes, die man in der Erklärung der FAPAV nicht exakt beziffern konnte, ist der von Steuereinnahmen für die Regierung. „Wenn wir über Online-Kriminelle sprechen, dürfen wir nicht vergessen, dass die meisten dieser Piratendienste auch zu einem Anstieg der Cyberkriminalität führen. Dazu gehört Identitätsdiebstahl und Zugang zu sensiblen Datenbanken sowie zu den Girokonten derjenigen, die diese illegalen Inhalte nutzen„, so Bagnoli Rossi weiter.

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Technische Gegenmaßnahmen verzerren die Ergebnisse

Die Kommunikationsbehörde AGCOM hat kürzlich ein System zur Erkennung von Piraterie und zur Meldung von Fällen mit der Bezeichnung Piracy Shield eingeführt und in Betrieb genommen. Es handelt sich dabei um eine zentrale Plattform in Italien. Sie steht Medienakteuren zur Verfügung, um Fälle von Online-Piraterie zu melden.

AirVPN

In der Folge müssen die Internetdienstanbieter den Zugang zu den Domains, die Urheberrechtsverletzungen ermöglichen, sperren. Internetdienstanbieter sind gesetzlich verpflichtet, auf derartige Anfragen innerhalb von 30 Minuten zu reagieren. In der Folge hat sogar ein italienischer VPN-Anbieter seine eigenen Kunden ausgesperrt. Der Aufwand war AirVPN schlichtweg zu groß. Außerdem bemängelte der CEO, dass die Sperrforderungen ungeprüft umgesetzt werden müssen. Auch ein Richtervorbehalt ist nicht mehr nötig.

Privacy Shield arbeitet noch fehlerhaft

Im Februar kam allerdings zutage, dass sich das Piracy Shield noch in der Entwicklung befindet. Ein Beispiel war die Sperrung einer IP-Adresse von Cloudflare, die dann in der Folge den Datenverkehr zu harmlosen Webseiten blockiert hat. Die Webseite eines Telekommunikationsunternehmen und einer Freiwilligenorganisation war in der Folge nicht mehr erreichbar.

Kampagnen zur Sensibilisierung der Verbraucher

Außerhalb des Bereichs der technischen Gegenmaßnahmen gibt es Kampagnen zur Sensibilisierung der Verbraucher. Anfang Februar beteiligte sich die FAPAV in Italien an mehreren Kampagnen. Damit will man die Öffentlichkeit für die Gefahren der Piraterie sensibilisieren.

Eine davon war „Il Cinema Siete Voi„. („Das Kino bist du“). Dies ist eine Kampagne mit sechs 30-Sekunden-Werbevideos über verschiedene Video-Genres, in denen die Stimmen italienischer Prominenter zu hören sind. Sie wurde von FAPAV in Zusammenarbeit mit ANEC, ANICA und MPA gefördert und von Deluxe unterstützt. Außerdem rät man vom Camripping ab. Rund 90 % der Kinofilme wandern so von den Kinos ins Internet.

Ein weiterer Anlass war der jährliche Welttag der Online-Sicherheit 2024. Laut einer von der FAPAV in Auftrag gegebenen Univideo/Ipsos-Studie aus dem Jahr 2023 konsumiert etwa ein Drittel der jungen Italiener zwischen 16 und 25 Jahren raubkopierte Inhalte über illegales Streaming.

Durch die Nutzung nicht autorisierter Inhalte setzen sich (die Nutzer) vielen Risiken aus. Darunter Viren, Malware und den Diebstahl von persönlichen und Bankdaten. Die Aufmerksamkeit muss vor allem auf Minderjährige und junge Nutzer gerichtet sein„, schließt Bagnoli Rossi von der FAPAV seine Argumentation ab.

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.