Sky ECC
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Bildquelle: georgejmclittle

Sky ECC-Hack führte zu länderübergreifenden Razzien gegen Kokain-Handel

In Belgien, Deutschland und den Niederlanden wurden mittels Sky ECC-Hack internationaler Kokain-Handel unterbunden. 20 Personen nahm man fest

Gemeinsame Aktionen der belgischen Bundespolizei Antwerpen (Federale Politie Antwerpen), der niederländischen Nationalpolizei (Politie), der deutschen Regionalpolizei (Landeskriminalamt Niedersachsen) und Bundeskriminalamt (BKA), koordiniert von Europol, führten zu Razzien in Belgien, Deutschland und den Niederlanden. Die Operation richtete sich gegen die europäische und südamerikanische Drogen- und Geldwäscheinfrastruktur eines groß angelegten Kokain-Handelsnetzwerks. Durch professionelle, internationale Zusammenarbeit zwischen den Dienststellen der beteiligten Länder gelang die Ermittlung der verantwortlichen Personen und die Zerschlagung der Gruppierung.

Resultate: 20 Personen festgenommen, 5,5 Mio. an Bargeld sichergestellt

Insgesamt zwanzig Personen haben Ermittler im Rahmen der Razzien am vergangenen Mittwoch in Verbindung mit dem internationalen Kokainhandel festgenommen. Razzien in Belgien, Deutschland und in den Niederlanden führten zur Einziehung von elektronischen Geräten, Dokumenten, vier Fahrzeugen, Luxusuhren und Immobilien, darunter vier Wohnungen, sowie Bankkonten und Bargeld im Gesamtwert von 5,5 Millionen Euro. Die Untersuchung stützte sich insbesondere auf Informationen aus dem Hack der verschlüsselten Kommunikation von Sky ECC. Darüber berichteten sowohl Europol, als auch die Staatsanwaltschaft Antwerpen.

35 Tonnen Drogen zu einem Wert von 910 Mio Euro eingezogen

Insgesamt belaufen sich die Drogenfunde, die auf dieselbe Organisation zurückzuführen sind, auf fast 35 Tonnen mit einem Straßenverkaufswert von 910 Millionen Euro. Diese soll eine Bande von Drogenhändlern aus Süd- und Mittelamerika in die Europäische Union verschifft haben.

Allein 16 Tonnen stellten Zollfahnder dabei am 12. Februar 2021 in fünf Containern aus Paraguay im Hamburger Hafen sicher. Das Rauschgift war in Blechkanistern versteckt, die vorgeblich Spachtelmasse enthielten. Gleich nach dem Rekordfund in Hamburg haben Ermittler in Antwerpen weitere 7,7 Tonnen Kokain beschlagnahmt und wenig später, Anfang April, 10,9 Tonnen.

Sky ECC-Hack führte die Beamten auf die Spur der Kokain-Händler

Durch die Entschlüsselung von Nachrichten im Messengerdienst Sky ECC im Jahr 2021 seien die Behörden dem internationalen Drogenschmuggel auf die Spur gekommen. Die Anführer des kriminellen Netzwerks nutzten die verschlüsselte Kommunikation, um ihre großen Sendungen zu koordinieren. Dabei gelang es zudem, auch ein großes Netzwerk legitimer Unternehmen aufzudecken, die den Import von Drogen aus Südamerika und das Waschen der damit verbundenen Erlöse ermöglichten.

Ermittlungen ergaben, dass „diese kriminelle Vereinigung in der Lage war, mehrere tonnenschwere Kokainsendungen in nur wenigen Monaten nach Europa zu verschiffen“. Ein „Geflecht aus Schein- und Briefkastenfirmen, eine Logistik bestehend aus Lagerhallen und Transportunternehmen sowie eine personelle Arbeitsstruktur“ bewerkstelligte ein solches arbeitsteiliges Zusammenwirken.

Hauptakteur agierte aus Dubai

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Antwerpen befanden sich die Auftraggeber in Dubai. Einer von ihnen sei der Drogenboss Othman El B. Wie Europol berichtete, verwaltete die Organisation von dort aus den Handel mit Kokain, das über ihre eigene Produktionsinfrastruktur in Bolivien bezogen wurde. Auch in Paraguay konnte man Logistik- und Versorgungsleitungen identifizieren. Es gelang indes, die hinter dem Verkehr stehende kriminelle Organisation aufzuspüren.

Dies führte am Mittwoch zu polizeilichen Durchsuchungen von Wohnungen und Geschäftsräumen in Belgien, Deutschland und den Niederlanden. Zudem kam es zu weiteren Razzien in Spanien und Paraguay. Rund 20 Verdächtige nahm man bei der Aktion vorläufig fest, darunter auch mutmaßliche Drahtzieher.

In Belgien haben Polizeieinheiten infolge sechs Razzien durchgeführt, die zur Festnahme von fünf Personen im Alter zwischen 27 und 38 Jahren führten, alle aus der Provinz Antwerpen. Gegen die fünf Verdächtigen wurde vom Ermittlungsrichter Haftbefehl erlassen

Sowohl in Deutschland, als auch in den Niederlanden haben Ermittler rund vierzig Durchsuchungen durchgeführt, die gleichfalls zu mehreren Festnahmen führten. Die niederländische Polizei führt an, sie habe drei Verhaftungen vorgenommen und vier Häuser beschlagnahmt, darunter eine Luxusvilla in Spanien im Wert von 5 Millionen Euro. Des Weiteren Luxusgüter und drei Millionen Euro in bar, die man in einem Haus gefunden hat.

Köpfe der Kokain-Bande gefasst und inhaftiert

Bernd Gründel, Vizepräsident des Landeskriminalamtes (LKA) Niedersachsen zog am Donnerstag in einer Pressemitteilung des LKA Niedersachsen Bilanz:

„Uns ist nicht nur ein empfindlicher Schlag gegen den internationalen Rauschgifthandel gelungen, sondern insbesondere, die Struktur der Organisation zu zerschlagen. Die Festnahmen betreffen nicht die „kleinen Fische“, sondern die Köpfe der Organisation“.

Demgemäß haben Ermittler in Dubai am frühen Donnerstagmorgen einen 39-jährigen Deutschen als Hauptakteur der Organisation mit Hilfe der örtlichen Polizei gefasst. Er befindet sich derzeit im Gewahrsam der Dubai Police. Ein Auslieferungsverfahren strebt man derzeit über die Staatsanwaltschaft Hannover an. Der gebürtige Hannoveraner habe sich bereits Ende 2020 in die Vereinigten Arabischen Emirate abgesetzt.

Ein Freund von ihm habe damals die Geschäfte in Hannover übernommen. Es gelang zudem, den 43-Jährigen, gemeinsam mit zwei Komplizen, schon Mitte März 2022 in Spanien festzunehmen. Auch dieser zählte zu den führenden Köpfen.

Deutschland: Durchsuchung von 35 Objekten, 11 Personen festgenommen

In Deutschland kam es am Mittwoch zu Razzien in insgesamt 35 Objekten, vor allem in Niedersachsen. Der Schwerpunkt lag auf der Region Hannover. Zudem gab es weitere Durchsuchungen in niedersächsischen Gemeinden sowie in Hamburg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen.

Dabei konfiszierten die Beamten gemäß Staatsanwaltschaft Hannover schriftliche Unterlagen, digitale Beweisträger, kleinere Mengen Cannabis sowie eine Schusswaffe. Zudem stellten sie Vermögenswerte in Höhe von 1,5 Millionen Euro sicher, darunter hochwertige Uhren, eine Immobilie, zwei Autos und ein Motorrad.

Den aktuell 14 Beschuldigten aus Deutschland, von denen elf festgenommen wurden, wirft man vor, „in wechselnder Beteiligung Betäubungsmittel, wie Kokain, im Tonnenbereich in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt zu haben“. Die Tatverdächtigen unterschiedlicher Nationalitäten im Alter von 26 bis 57 Jahren haben größtenteils bereits erhebliche Vorerkenntnisse in diesem Deliktbereich. Teilweise haben sie schon längere Haftstrafen verbüßt.

Erster Staatsanwalt Oliver Eisenhauer von der Staatsanwaltschaft Hannover betont:

„Das organisierte Verbrechen, insbesondere der Rauschgifthandel, stellt die Strafverfolgungsbehörden vor eine besondere Herausforderung. Diese Herausforderung nehmen wir an, um die international vernetzten Täter der Strafverfolgung zuzuführen“.

Auch LKA-Präsident Friedo de Vries zeigte sich mit den Resultaten zufrieden. Er sprach von einer „Demonstration funktionierender Zusammenarbeit europäischer und internationaler Sicherheitsbehörden“. Die Ermittler haben einen „großartigen Erfolg“ im Kampf gegen den organisierten Drogenhandel zu verzeichnen.

Durch Sky ECC-Hack 276 Ermittlungen eröffnet und 888 Tatverdächtige identifiziert

Vor ca. einem Jahr deckten die belgischen Polizeidienste mit Sky ECC ein verschlüsseltes Kommunikationssystem auf. Das haben infolge zahlreiche kriminellen Organisationen verwendet, die insbesondere im Drogenhandel tätig sind.

Wie rtbf.be berichtet, so wären bereits bezüglich des Sky ECC-Hacks „276 neue Ermittlungen eröffnet und 888 Tatverdächtige identifiziert. Hinzu kommen die 118 bereits geöffneten Rechtsakten, die dank des Beitrags neuer Telefonüberwachungen große Veränderungen erfahren haben“.

Die Bundesanwaltschaft gab konkret an, mehr als 90 Tonnen Drogen mit einem Marktwert von rund 4,5 Milliarden Euro in dem Zusammenhang sichergestellt zu haben. Zudem gab sie die Beschlagnahme von Bargeld und Waren im Gesamtwert von fast 60 Millionen Euro bekannt.

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.