P2P-Klage: Ein einziges Musikalbum soll laut Urteil vom Amtsgericht Charlottenburg eine Berlinerin Schadenersatz in Höhe von 2500 EUR kosten.
Im Rahmen einer P2P-Klage erließ das Amtsgericht Charlottenburg einen rekordverdächtigen Schadenersatz von 2.500 Euro. Obwohl der Kläger weitaus weniger Lizenzschaden verlangt hat, wurde der Schadenersatz einfach in dieser Höhe festgelegt. Dazu addieren sich die Kosten der Abmahnung nebst des Gerichtsverfahrens, die die Anschlussinhaberin aus Berlin bezahlen muss.
Laut Urteil vom 08.11.2018, Az 218 C 67/18, hat das Amtsgericht Charlottenburg eine Frau auf das Zweieinhalbfache des von den Klägern geforderten Mindestschadenersatzes verurteilt. Gegenstand des Verfahrens war das illegale Angebot bzw. die Verbreitung eines urheberrechtlich geschützten Musikalbums. Das Gericht begründete das Urteil der P2P-Klage damit, dass sich das fragliche Album zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung in der eigentlichen Auswertungsphase befunden hat. Es war erst kurze Zeit zuvor herausgekommen. Das Album erzielte nach Ansicht des Gerichts einen „erheblichen kommerziellen Erfolg„. Auch der Künstler soll zum damaligen Zeitpunkt schon populär gewesen sein.
P2P-Klage: Schadenersatz rekordverdächtig!
Abgemahnt wurde die Berlinerin von der Rechtsanwaltskanzlei Waldorf Frommer, die im Auftrag eines (wie üblich namentlich nicht genannten) Plattenlabels gehandelt hat. Wie Rechtsanwältin Valeria Barone auf der Webseite der Medienkanzlei berichtet, hatte ihr Arbeitgeber lediglich einen Mindestschadenersatz von 1.000 EUR beantragt.
Die Berliner Anschlussinhaberin hatte ihre eigene Beteiligung beim illegalen Tauschbörsen-Angebot abgestritten. Sie hatte eingeworfen, dass ihr erwachsener Sohn und zwei Freunde während der Tatzeit anwesend waren und als Filesharer in Betracht kommen würden. Damit aber kam die Frau nicht der sekundären Darlegungslast nach, über die wir hier schon häufiger berichtet haben. Das Gericht warf ihr vor, sie habe es versäumt, nach Erhalt der Abmahnung hinreichend nachzuforschen, wer das Album verbreitet haben könnte. Auch fehlten dem Gericht schriftliche Ausführungen der Angeklagten bezüglich der Ergebnisse ihrer Recherche. Die Abgemahnte bzw. Beklagte haftet deswegen in vollem Umfang als Täterin. In der Folge hat man sie zur Übernahme der gesamten Kosten des Verfahrens verurteilt.
Amtsgericht Charlottenburg erweist der Branche einen Bärendienst
Kommentar: Leider hat man im Beitrag nicht ausgeführt, für wie lange man das Musikalbum illegal in der P2P-Tauschbörse angeboten bzw. verbreitet hat. Das kann man im Rahmen der P2P-Klage sowieso nicht ohne weiteres feststellen. Zumindest hätte man dann besser kalkulieren können, wie viel Schaden durch die Nutzung der P2P-Tauschbörse tatsächlich entstanden ist, statt ins Blaue hinein zu raten. Möglicherweise haben sehr viele illegale Downloads stattgefunden. Umso aktueller ein Werk ist, umso mehr Interessenten wollen es herunterladen.
Trotzdem erscheint ein Schadenersatz in Höhe von 2.500 Euro für eine Hand voll Songs weit überzogen. Die Richter erweisen sowohl Waldorf Frommer als auch der gesamten Plattenindustrie einen Bärendienst. Vielen Mitbürgern wird es schwer fallen, in diesem Zusammenhang von einem angemessenen oder gar fairen Urteil zu sprechen. Das Urteil der P2P-Klage kann übrigens in geschwärzter Form gelesen werden.
Beitragsbild von Hans Ripa, thx! (Unsplash Lizenz)
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