OLG München, Richterhammer
OLG München, Richterhammer

OLG München: Adblocker verstoßen nicht gegen geltendes Recht

Niederlage der Verlage im Streit mit Adblock Plus: Das OLG München hält Werbeblocker in jeder Hinsicht für legal. Nun muss der BGH entscheiden.

Laut Pressemitteilung vom OLG München vom 17.08.2017 verstoßen Ad-Blocker nicht gegen Kartell-, Wettbewerbs- und Urheberrecht. Damit wies das Oberlandesgericht am Donnerstag in drei Parallelverfahren die Klagen mehrerer Webseitenbetreiber gegen den Kölner Adblock-Plus-Anbieter Eyeo zurück und bestätigte damit zugleich die Urteile früherer Instanzen.

OLG München urteilt zu Gunsten von Eyeo

Süddeutsche Zeitung, ProSiebenSat.1 und die RTL-Tochter IP Deutschland haben im Kampf gegen ein Programm, das Werbung im Internet blockiert, eine Niederlage vor dem OLG München hinnehmen müssen. Im Gegensatz zum Oberlandesgericht Köln sehen die Münchner Richter in dem bezahlten Whitelisting unaufdringlicher Anzeigen auch keine verbotene aggressive Werbung.

Das Thema Adblocker sorgt seit Jahren für anhaltende Diskussionen zwischen Nutzern, Anbietern der Werbeindustrie und den Entwicklern dieser Anwendungen zur Ausblendung von Werbeanzeigen. Mit einem Urteil des Münchner Oberlandesgerichtes (OLG) vom Donnerstag steht nun fest: Die Kölner Eyeo GmbH darf ihren Dienst AdBlock Plus (ABP) weiterhin anbieten. Auch das umstrittene Geschäftsmodell, Werbung durch den Eintrag in eine sogenannte „Whitelist“ gegen Geld wieder zu ermöglichen, halten die Münchner Richter für rechtmäßig (Urt. v. 17.08.2017, Az. 29 U 1917/16, U 2184/15 Kart, U 2225/15 Kart). Die kartellrechtlichen Forderungen verneinte das OLG ebenfalls: Denn dazu fehle es Eyeo an der „marktbeherrschende Stellung auf dem Markt des Zugangs zu allen Internetnutzern für Werbung“.

Bereits seit 2011 vertreibt Eyeo die für den Nutzer unentgeltliche Open-Source-Software „AdBlock Plus“. Der Dienst dient der Unterdrückung von Werbeeinblendungen beim Aufruf einer Internetseite. Das Programm selbst besitzt keine eigene Filter-Funktionalität, sondern muss mit Vorgaben ergänzt werden, welche Inhalte blockiert werden sollen. Diese sind in sogenannten Filterlisten („Blacklists“) enthalten, die dem Nutzer standardmäßig vorgeschlagen werden. Nach dem Download ist der Adblocker so eingestellt, dass Werbung, die nach seinen Kriterien als nicht störend eingestuft wird („Whitelist“), angezeigt werden kann. Jeder Webseitenbetreiber hat die Möglichkeit, am „Whitelisting“ teilzunehmen und seine Seiten von Eyeo freischalten zu lassen. Von Betreibern größerer Webseiten verlangt Eyeo dafür eine Lizenzzahlung.

Alle Klagepunkte abgewiesen

Eyeo wurde wegen des Adblockers aktuell von den drei Klägern unter anderem Marktmissbrauch, Verstöße gegen Urheberrechte und Aushöhlung der Pressefreiheit vorgeworfen. Ferner nötige Eyeo die Werbeindustrie, teure Verträge zur Durchleitung der Anzeigen abzuschließen. Man fordert neben der Einstellung des Vertriebs von AdBlock Plus müsse auch die Erstellung der Blockliste Easylist verboten werden. Darüber hinaus sahen die Kläger auch Anlass zur Erhebung von Schadensersatzansprüchen wegen entgangener Werbegewinne. Das OLG München hat jetzt alle diese Ansprüche abgelehnt. Die Kläger gehen komplett leer aus.

Wegen einer abweichenden Entscheidung des OLG Köln zu den wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen wurde jedoch eine Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen. Das OLG Köln hatte in seinem Urteil vom Juni 2016 das Geschäftsmodell von Eyeo für unzulässig erklärt. Demnach darf das Unternehmen kein Geld für die Aufnahme von Webseiten des Axel-Springer-Verlages in das sogenannte Acceptable-Ads-Programm verlangen. Das Blockieren von Anzeigen an sich hatte das OLG aber für zulässig erklärt. Die letzte Entscheidung in der Sache obliegt nun also dem Bundesgerichtshof (BGH). Eine Verhandlung erwartet man im nächsten Jahr, ein Termin steht hingegen noch nicht fest.

Betreiber von Adblock Plus strebt Dialog mit Verlagen an

Eyeo-Geschäftsführer Till Faida begrüßt die Entscheidung des OLG München. „Das Urteil bestärkt wieder einmal die Nutzerrechte, für die wir uns mit unseren Produkten einsetzen. Wir hoffen, jetzt außerhalb des Gerichtssaals einen konstruktiven Dialog mit den Verlagen und Website-Betreibern beginnen zu können“, meint er. Sein Unternehmen wolle nun Lösungen finden, „die für Nutzer und Anbieter gleichermaßen gut funktionieren“.

Bildquelle: Activedia, thx! (CC0 1.0 PD)

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.