Im Idealfall sollen tagtäglich neue und möglichst tief recherchierte Beiträge auf der Startseite erscheinen, die nur so vor Insiderinformationen strotzen und gut bebildert sind. Die Frage ist: Was ist mir als Leser der Konsum dieser Artikel eigentlich wert? Wir probieren mit Flattr etwas Neues Altes aus. Wenn Euch etwas gefällt, flattrt uns doch eine! Oder zwei oder drei.
Ich halte PayPal für die Pest. Wenn auch nur der Anschein erweckt wird, dass eine Webseite etwas mit Urheberrechtsverletzungen zu tun haben könnte, wird man gesperrt. In der Folge wird das Guthaben bei PayPal bis auf weiteres eingefroren. Sorry, aber wir wollen nicht in diesem „ehrenwerten Haus“ leben, wo man mehr auf seinen Ruf als auf alles andere achtet. Von daher verzichten wir gerne freiwillig auf PayPal.
Genügend andere Spendenmöglichkeiten sind zwar vorhanden, aber sie sind mit recht viel Aufwand verbunden. Eine Überweisung ist noch am einfachsten, dann aber verliert man seine Anonymität im gleichen Atemzug. Bitcoin sind nur pseudoanonym. Ob gemixte Bitcoin absolute Anonymität gewährleisten, kann wahrscheinlich nur ein Mathematiker sagen. Dazu kommt: Alles, was mit dem Thema Bitcoin zu tun hat, ist für die breite Masse schwer zugänglich, und wird bisher nur von wenigen technikbegeisterten Personen genutzt. Bitcoin klingen zwar cool und nerdy, die Barrieren beim Einrichten eines Accounts und die Gebühren sind aber vergleichsweise hoch.
Ist Flattr für Blogger & Content-Anbieter die Lösung?
Wahrscheinlich nicht. Zwar haben taz, Golem, Basic Thinking und wenige andere News-Portale noch immer Flattr im Angebot. Gleichzeitig wurde vielerorts gemeldet, dass die Flattr-Einnahmen stark rückläufig sind. Nachdem der Dienst Flattr, den der Ex-The Pirate Bay-Sprecher Peter Sunde gegründet hat, online ging, glaubte man, man habe das Ei des Kolumbus gefunden. In Wahrheit fristet diese Bezahlmethode nach der anfänglichen Euphorie ein regelrechtes Nischendasein. Es sind zumeist die Content-Ersteller selbst, die einen Account besitzen und sich nun gegenseitig die Gelder zuschieben. Der große Durchbruch beim Durchschnitts-Leser blieb aus. Im Internet ist man halt gewohnt, dass man alles umsonst bekommt. Und natürlich werbefrei, weil der Adblocker alle Banner zuverlässig ausradiert. Demnächst bremst ein Browser die Werbung ohne jeden Zusatz aus, wie jüngst bekannt wurde.
Ist Flattr Plus die Verheißung?
Es ist schon witzig, dass ausgerechnet die Betreibergesellschaft von Adblock Plus Flattr übernommen hat. Die Kölner Eyeyo GmbH war in der Vergangenheit sehr erfolgreich darin, die Umsätze von Content-Anbietern (grob geschätzt) zu halbieren, indem sie die Auslieferung der Anzeigen unterbunden hat. Auf dem hauseigenen Blog wurde schon vor einiger Zeit angekündigt, dass vor Jahreswechsel 2016/2017 eine geschlossene Beta-Phase anfangen sollte.
Die Idee dahinter klingt ganz nett, an der Umsetzung dürfte es wohl auch nicht scheitern. Flattr Plus inklusive Adblock Plus soll nicht nur Werbung blockieren. Die Nutzer erhalten dadurch die Möglichkeit, den Content-Anbietern einen gewissen Monatsbeitrag zu spenden. Die Artikel der meist besuchten Webseiten bekommen dabei die höchsten Beträge. Das Problem: Für diese Vorgehensweise muss man Surfverhalten der Nutzer aufzeichnen. Das dürfte schon aus rechtlicher Sicht schwierig werden. Und was passiert dann mit den ganzen Daten?
Die Verlage und Blogger müssen sich lediglich bei Flattr Plus anmelden, wollen sie nach dem Launch die Spenden ihrer Leser ausgezahlt bekommen, heißt es. Doch wie viel Fairness ist von einer Firma zu erwarten, die davon lebt, Dritten das Geschäftsmodell zu vermiesen? Und weiter: Was passiert, sollte dieser Dienst tatsächlich ein Quasi-Monopol oder gar Monopol erreichen? Was lassen sich die Betreiber dann einfallen? Wie verteilt man die Gelder? Und wie viel wird man sich selbst einstecken? Das ist doch die spannende Frage.
Kommentar
Ganz ehrlich. Ich kann die Adblock-Nutzer gut verstehen. Mich nervt die Werbung auch oft. Ständig gehen neue Fenster oder Tabs auf, fette Animationen oder selbst startende Videos inklusive Ton lenken mich von dem ab, wofür ich eigentlich eine Seite besucht habe. Ich wollte Informationen und die Antwort auf eine Frage haben. Stattdessen nervt man mich. Am schlimmsten ist die Werbung, die man auf kleineren Geräten nicht wegklicken kann, wenn diese den ganzen Text verdeckt. Kein Wunder also, wenn so viele Leute einen AdBlocker installieren, weil sie von der heutigen Werbung genervt sind.
Und nun?
Abwarten. Es ist ein Versuch, nicht mehr. Unsere Leser sind keine typischen Flattr-Nutzer, das wissen wir. Da hätte Netzpolitik.org mehr Glück, doch selbst die haben keine entsprechenden Buttons eingebaut. Dazu kommt: Jeder einzelne Button frisst beim Besuch einer Webseite Ladezeit. Und mit jedem zusätzlichen Button werden wieder nur noch mehr Informationen an Dritte verschickt, was uns missfällt. Fazit: Wir probieren es halt aus. Wenn es gar nichts bringt, entsorgen wir Flattr wieder.
Dann müsst ihr Euch halt etwas anderes aussuchen. Genügend Möglichkeiten zum Spenden sind ja so oder so vorhanden. Und es sollen künftig noch mehr werden.
Tarnkappe.info