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Bundesrat winkt BND-Netzüberwachung im Eilverfahren durch

Die BND-Netzüberwachung wurde im Eilverfahren vom Bundesrat durchgewunken, es können folglich die zwei Gesetzentwürfe noch dieses Jahr in Kraft treten.

Im gleichen hohen Tempo wie der Bundestag, zieht nun auch der Bundesrat nach. Wie von der Bundesregierung gewünscht, hat die Länderkammer das umstrittene BND-Gesetz, das die Befugnisse des Auslandsgeheimdienstes drastisch ausweitet und bislang illegale Praktiken legalisiert, im Eilverfahren gebilligt. Schon vor der Verabschiedung im Bundestag hatte der Bundesrat angekündigt, keine Einwände zu erheben.

Bundesrat winkt Gesetz durch

Der Bundestag hatte das Paket erst Ende Oktober beschlossen und es der Länderkammer mit der Bitte weitergereicht, es aufgrund hoher Eilbedürftigkeit „fristverkürzt“ zu behandeln. Dieser Bitte folgte das Gremium nun, zudem stellte es keinen Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses. Dabei hat der Bundesrat nun also sogar „fristverkürzt“ dem Bundesnachrichtendienst (BND) neue umfangreiche Überwachungsbefugnisse zugestanden.

Im Bundesrat hat die große Koalition keine Mehrheit und kommt nur auf 20 von 69 Stimmen. In allen weiteren Bundesländern sind vor allem die Grünen an Regierungen mit SPD oder CDU beteiligt. Jedoch gibt es kein Land im Bundesrat, in dem die Parteien derBundestagsopposition eine Regierung ohne Beteiligung einer der beiden Bundesregierungsparteien stellen. Bei Einspruchsgesetzen wie dem BND-Gesetz enthalten sich Länder, in denen es aufgrund der Regierungskonstellation kein eindeutiges Votum gibt.

Damit können die zwei Gesetzentwürfe nach der Unterschrift des Bundespräsidenten Joachim Gauck noch dieses Jahr in Kraft treten. Dann darf der BND auch „vom Inland aus mit technischen Mitteln Informationen einschließlich personenbezogener Daten aus Telekommunikationsnetzen erheben und verarbeiten“. Voraussetzung ist lediglich, dass über die Kabel auch „Telekommunikation von Ausländern im Ausland erfolgt“.

Fazit

Alles, was der NSA Untersuchungsausschuss in den letzten drei Jahren an illegalen Praktiken des BND aufgedeckt hat, wird hiermit „gesetzeskonform“. Die bisher geltende Grenze, wonach der BND nicht mehr als 20 Prozent des Datenverkehrs abgreifen durfte, ist nun gefallen. Das Gesetz erlaubt es dem Geheimdienst künftig, Milliarden von Verbindungs- und Standortdaten sechs Monate auf Vorrat zu speichern und zu durchleuchten. Die Agenten dürfen zudem Informationen mit ausländischen Geheimdiensten, wie der NSA, „gemeinsame Dateien“ austauschen – teils sogar automatisiert. Dazu kommt ein zweites Gesetz, mit dem die Kontrolle über die heimlichen Informationssammler ausgebaut werden soll. Momentan ist es zwar noch so, dass eine „flächendeckende Überwachung“ laut Gesetzesbegründung durch „begrenzte personelle und sachliche Kapazitäten“ beim BND derzeit praktisch verhindert wird. Wie wird es aber künftig aussehen?

Eine zentrale Frage dabei wäre außerdem, wie lange das BND-Gesetz gültig sein wird. Sowohl Bürgerrechtsgruppen als auch Menschenrechtsorganisationen protestieren dagegen, die Opposition im Bundestag und die FDP haben angekündigt, eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einzureichen. FDP-Politikerin und ehemalige Bundesjustizministerin, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, bezeichnet das Gesetz in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt als „offenkundig verfassungswidrig“. Es schaffe zwar Rechtssicherheit, aber „zuallererst für die mit der Fernmeldeüberwachung betrauten Mitarbeiter beim BND“.

Künftig darf der BND laut dem von Bundesrat verabschiedeten Gesetz dann auch im Inland die Datenleitungen anzapfen, um den globalen Datenverkehr zu überwachen. Zwar sollen Filterprogramme verhindern, dass die Kommunikation von Bundesbürgern erfasst wird, allerdings garantieren diese keinen 100-prozentigen Schutz. Es ist also ein Gesetz, das „von Voraussetzungen ausgeht, die technisch nicht verlässlich umsetzbar sind“, so Leutheusser-Schnarrenberger. Das Bundesverfassungsgericht wird entscheiden müssen, ob solche in Kauf genommen Kollateralschäden verhältnismäßig sind.

Offene Fragen

Auf juristischer Ebene müsste man ferner die Frage zu klären, ob das Grundgesetz nur für deutsche Staatsbürger gilt oder ob man es global auslegt. In dem Falle, dass das Bundesverfassungsgericht letzterem zustimmt, wäre die Auslandsaufklärung durch den BND verfassungswidrig, es fehlt an adäquaten Schutzrechten. Weitere Kritikpunkte sind hierbei, dass Berufsgeheimnisträger wie Anwälte oder Journalisten nicht vor der BND-Überwachung ausgeschlossen werden. Es würde nämlich dann gegen die Pressefreiheit verstoßen und insbesondere sei der Quellenschutz gefährdet, wie es in der Stellungnahme von Reporter ohne Grenzen heißt.

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.