Am 21. Juni findet in Berlin Deutschlands erste E-Book-Messe mit Namen Electric Book Fair statt. Dort geht es auch um E-Book-Piraterie.
Wenn am 21. Juni ab 10 Uhr das Programm der Electric Book Fair im Berliner Supermarkt losgeht, kommen Freunde und Produzenten von E-Books aller Herren Länder zusammen. Es ist hierzulande der erste Versuch, eine Messe zum Thema E-Books zu etablieren.
Startup-Verlagsgründer und E-Book Fans wie Christiane Frohmann, Nikola Richter, Leander Wattig, Fabian Thomas & Co. werden am 21. Juni in Berlin eine Messe ausschließlich für Freunde und Macher elektronischer Bücher organisieren. Die Electric Book Fair findet ab 10 Uhr im Coworking-Space „Supermarkt“ statt.
Electric Book Fair: „Piraterie. Zwischen hoher Kunst und Gratiswaffe“
Rechtsanwalt Sascha Lazimbat war früher bei Senator Entertainment, Warner Music und Vodafone D2 tätig. Er arbeitet heute freiberuflich als Berater für elektronische Medien und verfügt über viele Jahre Erfahrung in der Konzeption und Umsetzung digitaler Produktinnovationen. Lazimbat will ab 12 Uhr die unterschiedlichen legalen Möglichkeiten aufzeigen, wie man E-Books effektiv kostenlos vertreiben kann. Bernhard Bauch von TRAUMAWIEN wird hingegen von der Künstleraktion „Kindle’Voke Ghostwriter“ erzählen, bei der Amazons Kindle-Direct-Publishing-Plattform von anonymen Bots mit sinnlosen E-Books überflutet wurde. Hinter den zahllosen klassischen Dramen, die bei Amazon massenhaft zum Kauf angeboten wurden, verbargen sich in Wahrheit unzählige YouTube-Kommentare. Bernhard Bauch hinterfragte mit der provokanten Aktion, wo das Recht an einem Werk anfängt und wo es endet. Wer ist tatsächlich der Inhaber der ganzen Kommentare bei YouTube? Inwieweit muss man das Format E-Book überdenken, betrachtet man das Konzept der traditionellen Bücher. Welche neuen Möglichkeiten entstehen dadurch?
Mein Part beim Panel wird es sein, über E-Book-Piraterie zu berichten und die Diskussion zu moderieren. Zwar ging TorBoox kurz vor dem Jahreswechsel vom Netz. Ihm folgten allerdings viele kleinere Alternativen, die zwar ohne öffentliche Aufmerksamkeit agieren. Das macht sie aber nicht weniger gefährlich, im Gegenteil. Leider war keiner der von uns angesprochenen Buchpiraten zu einem Live-Gespräch bereit. Die Organisatoren schlugen vor, die Kommunikation via Skype oder Google Plus durchzuführen. Das war den Buchpiraten entweder zu heikel, oder aber sie haben überhaupt nicht auf die Anfrage reagiert.
Electric Book Fair: Wie aber kann man aus Piraten Konsumenten machen?
Halten wir zunächst fest: Es wird immer Personen geben, die gar nichts bezahlen wollen, daran besteht kein Zweifel. Wer den Buchpiraten das Wasser abgraben will, muss sie beim Service und Preis schlagen. Digitalen Kopierschutz (DRM) halte ich grundsätzlich für keine gute Idee. Die illegalen E-Books aus dem Netz können mit Ausnahme vom Kindle auf wirklich jedem Gerät gelesen und auch übertragen werden. Das sollte auch für alle legalen Downloads gelten.
Wichtig wäre es auch, E-Books stets deutlich günstiger als die gedruckte Fassung anzubieten. Da bei der Produktion und Lagerung kaum bis keine Kosten entstehen, sollte man diesen Preisvorteil direkt an die Konsumenten weiterreichen. Wenn demnächst die Mehrwertsteuer für E-Books sinkt, sollten die Verlage diesen Termin zum Anlass für umfangreiche Preisreduzierungen nehmen. An das Preisniveau von LUL.to & Co. werden die Verlage und unabhängigen Publisher natürlich nicht herankommen, das wäre finanzieller Selbstmord. Dafür würden die Käufer ein gutes Gefühl erwerben. Nämlich das Gefühl, dazu beizutragen, dass es nach diesem Buch noch weitere vom gleichen Autoren geben wird.
Mir haben bei Diaspora mehrere Buchpiraten berichtet, dass sie ein schlechtes Gewissen haben, daran sollte man anknüpfen. Die Verlage sollten versuchen den Lesern klarzumachen, dass Arbeitsplätze durch zu viel Piraterie bedroht sind. Das gleiche hätte ich den Plattenlabels schon 1999 geraten, als Napster und später KaZaA Lite und eDonkey ihre Umsätze eingefroren haben. Warum verkaufen sich Apps für iPhone- und Android-Smartphones so gut? Nicht wegen Apple oder Google, sondern weil man 2 bis 3 Euro viel eher ausgibt, als ein Vielfaches davon.
Amazons Monopol
Auch die unglaubliche Marktmacht von Amazon wird für die Verlage immer mehr zum Problem. Der E-Commerce-Gigant nutzt beispielsweise die Tatsache aus, dass in Luxemburg nur 3 Prozent Mehrwertsteuer fällig werden. Alle Produkte können dementsprechend günstig zum Verkauf angeboten werden. Amazon streicht bislang die Differenz zur hiesigen Mehrwertsteuer ein. Ab 2015 wird diese juristische Lücke von der EU geschlossen. Doch der Markt für gedruckte und elektronische Bücher wird immer mehr von Amazon beherrscht.
Wer sich für die Electric Book Fair am 21. Juni interessiert, das komplette Programm der Electric Book Fair ist hier verfügbar.
Bild oben rechts: Lars Sobiraj. Foto links: Tim RT, (CC BY-ND 2.0).
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