Die Nachfrage bei DELL sollte klären, ob Recovery-DVDs an PCFritz verkauft wurden. DELL kann sich wegen des offenen Verfahrens leider nicht dazu äußern.
Gestern habe ich eine Presseanfrage bei DELL eingereicht. Die Firma PCFritz gibt an, man habe bei DELL Recovery-DVDs von Windows 7 in größeren Stückzahlen erworben. Die Geschäftsleitung des Online-Versandhändlers spricht von bis zu 100.000 Stück. Leider ließ sich noch nicht abschließen klären, ob der IFPI-Code des Presswerks legal ist. Nach Informationen von PCFritz soll es in Zagreb ein Presswerk geben, welches die Rohlinge legal hergestellt hat. Noch immer wird Windows 7 Professional 64-Bit bei pcfritz.de weit unter dem sonst üblichen Preis verkauft.
Am Montag fand in Köln eine Pressekonferenz statt, an der mein Kollege Andreas Klein von der KölnMedia Medienproduktion teilnahm. Man nahm in Anwesenheit von gleich drei Rechtsanwälten Stellung zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft und des Windows-Herstellers. PCFritz wird vorgeworfen, man habe in großer Stückzahl nicht lizenzierte Windows 7-Versionen in Umlauf gebracht. Geschäftsführer Maik Mahlow konterte, ihm sei die negative Berichterstattung des Nachrichtenmagazins Stern „schnuppe“. Die Zusammenarbeit des US-Konzerns mit dem militärischen Geheimdienst NSA wurde ebenfalls von ihm angeprangert. Die Durchsuchung und umfangreiche Beschlagnahmung mit mehr als 100 Mitarbeitern empfand Mahlow offenbar als übertrieben. Die Kosten hätte sich die Staatsanwaltschaft „sparen“ können. Die Unterlagen hätte man den Beamten auf Anfrage freiwillig übergeben, so der Geschäftsführer, der bei seinen Ausführungen häufiger von seinen drei Rechtsanwälten gebremst wurde.
PCFritz: Microsoft bleibt bei seinen Vorwürfen
Auf der Pressekonferenz wurde erklärt, man habe die Windows 7 Recovery-DVDs völlig legal erworben. PCFritz schickte uns die Kopie einer einstweiligen Verfügung vom Landgericht Köln zu, die an Microsoft adressiert ist. Microsoft wird darin die öffentliche Ankündigung verboten, man vertreibe nicht legale Kopien von Windows. Gestern fragten wir erneut bei der Pressestelle von Microsoft nach und erfuhren vom Pressesprecher, dass ihnen bis dato keine Zustellung bekannt ist. Das LG Köln hat die Existenz der EV immerhin mit dem Aktenzeichen 33 O 215/13 bestätigt.
Eigene Apple-Hardware geplant?
Herr Baumgärtner von Microsoft sagte gestern zudem am Telefon, ihm sei keine Zusammenarbeit mit der Firma PCFritz bekannt. Auch Apple widersprach telefonisch eine Kooperation mit den Betreibern des Online-Shops. Dabei sagte Herr Mahlow am Montag, man werde umfangreich mit Apple kooperieren. Für ganz Europa habe man eine exklusive Distribution von Hardware geplant, die man zusammen mit Mac OS X anbieten will. Immerhin hat der Berliner Geschäftsmann Firat Cagac bereits die am Montag erwähnte Domain macfritz.de angemeldet. Firat Cagac wurde vorgestern im Rahmen der Pressekonferenz als Finanzier des Unternehmens vorgestellt.
Firmensitz nur ein Briefkasten?
Wo der Firmensitz ist, konnte oder wollte man am Montag nicht sagen. Auch wo die 50 Mitarbeiter ihrer Tätigkeit nachgehen, und wie die Waren verschickt werden, wurde nicht erläutert. Immerhin seien nach Bekanntwerden der Durchsuchung die Zugriffszahlen bei pcfritz.de stark angestiegen, stellte Mahlow fest. Er sagte, Microsoft solle doch froh sein, dass man so große Mengen ihrer OEM-Lizenzen verkaufen würde.
Der Kontaktversuch bei der deutschen Niederlassung der Business Software Alliance (BSA) blieb leider erfolglos. Am Telefon meldete sich trotz mehrerer Versuche lediglich ein Anrufbeantworter. Wir hätten gerne mehr über den Domain-Inhaber Firat Cagac erfahren. Laut XING ist Cagac seit 2010 Geschäftsführer des Online-Portals Software.de. Dort ist aber derzeit nur ein Blog hinterlegt. Zuvor war er Geschäftsführer der Great King GmbH. Die Internet Wayback Machine kann unter https://www.greatking.de nichts anzeigen. Derzeit befindet sich dort nur ein Hinweis des Webhosters Strato, diese Internetpräsenz sei zur Zeit nicht erreichbar.
Im Web ist zu lesen, Greatking Computers ist oder war (angeblich) „seit 2 Jahren einer der erfolgreichsten Startup Unternehmen, für Computer und Telekommunikationsprodukte im B2B Segment in Deutschland. Die Kernkompetenzen von Greatking Computers liegen im Bereich Sourcing Einkauf Vertrieb Projektabwicklung und organisatorische Unterstützung.“ Das hätte sich doch längst im Internet bemerkbar machen müssen, oder? Laut Xing verfügt Herr Cagac über gute chinesische Sprachkenntnisse und bietet seinen Geschäftspartnern Gesamtvertriebslösungen und exzellente Kontakte in Dubai, Hong Kong, Japan und der Türkei an.
DELL kann sich „leider nicht äußern„
Verkaufte DELL 100.000 Lizenzen an PCFritz? DELL teilte am gestrigen Dienstag per E-Mail mit, man könne keine Auskünfte über die Menge gelieferter Recovery-DVDs erteilen. Weil das Verfahren gegen PCFritz noch immer läuft, könne man sich dazu leider nicht äußern.
Update: Profil bei Xing geändert!
Das XING-Profil von Herrn Cagac hat man heute im Laufe des Tages geändert. Von software.de oder der Greatking GmbH steht dort nichts mehr. Als Platzhalter hat man ABC eingetragen, wie originell!
P.S.: Hier in unserem Interview steht ales, was das Newsportal Golem.de nicht drucken wollte.
Tarnkappe.info