Das Amtsgericht Neu-Ulm hat einen Mann zu 28 Monaten Freiheitsentzug verurteilt. Der Kölner Zoll fing ein Päckchen mit 10,6 g Amphetamin ab.
Das Amtsgericht Neu-Ulm hat einen Mann zu zwei Jahren und vier Monaten Freiheitsentzug verurteilt. Der Kölner Zoll hatte lediglich ein Päckchen aus den Niederlanden abgefangen, was an ihn adressiert war. Darin befanden sich 10,6 Gramm reines Amphetamin. Ansonsten warf man ihm vor die Aussage verweigert und den Tor-Browser installiert zu haben. Das ist aber nicht verboten!
28 Monate Freiheitsentzug für 33 Gramm gemischtes Amphetamin. Unter dem Strich waren es nur 10,6 g reines Pep bzw. Speed. Das Strafmaß wurde ausgesprochen inklusive U-Haft und ohne Vorstrafe des Angeklagten. So lautet das Urteil von Richter Thomas Mayer am Amtsgericht Neu-Ulm. Der angeklagte Mann aus dem schwäbischen Senden war bei der Urteilsverkündung absolut fassungslos, wie die lokale Presse berichtet.
2,6 Monate Haft pro Gramm Amphetamin
Für seine Verurteilung sprach lediglich eine Postsendung, die von den Niederlanden aus an ihn gerichtet war. Der 37-Jährige hatte sich im Deepweb für seinen Eigenbedarf 33 Gramm Amphetamin bestellt. Als Beweis wurde sein Suchtverhalten anhand einer Haarprobe und sein unverschlüsselter PC benutzt. Dort fanden die Ermittler einen Tor-Browser, den man für den Zugang zu Webseiten mit einer Onion-Adresse benötigt. Der Browser und dessen Nutzung aber ist völlig legal. Auch lag bei dem Mann keine Vorstrafe vor. Sein Pflichtverteidiger hatte auf Freispruch plädiert. Es handelte sich nach seiner Ansicht lediglich um einen versuchten Erwerb, was häufig mit einer Geldstrafe geahndet wird. Bei der Durchsuchung seiner privaten Räumlichkeiten konnten die Polizisten nichts finden. Jeder hätte theoretisch seine Adresse auf dem Paket eintragen können, argumentierte der Anwalt des Angeklagten.
Letzten Sommer fing der Kölner Zoll den Drogenfund auf dem Postweg ab. Weil der 37-Jährige zur ersten Verhandlung vor Gericht nicht erschien, suchten ihn die Behörden per Haftbefehl. Wenige Tage später nahm ihn die Polizei am Hauptbahnhof von Ulm fest und überstellte ihn zwecks U-Haft zur zuständigen Justizvollzugsanstalt. Nach Medienangaben litt der Akademiker in der Haft unter einem kalten Entzug. Er soll schon mehrere Jahre lang süchtig gewesen sein.
Keine Drogen und auch keine Zufallsfunde
Vor Gericht sagte der Angeklagte, diese Phase ohne bewusstseinsverändernde Stoffe habe ihm gut getan. Er habe in der JVA zu sich selbst gefunden und wolle künftig ein Leben ohne Amphetamin bzw. ganz ohne Drogen führen. Das allerdings wirkte sich nicht strafmildernd aus. Der Mann wollte sich zu diversen Fragen nicht äußern. Die Polizei konnte herausfinden, dass er nach seinem abgeschlossenen Studium für mehrere Jahre lang arbeitslos war. Er sei zurück zu seinen Eltern gezogen, um Geld zu sparen. Mit verschiedenen Jobs habe er sich immer mal wieder über Wasser gehalten. Seit drei Jahren sei er arbeitslos und war mehrfach in der Psychiatrie, um seine Auffälligkeiten behandeln zu lassen. Weil ihn der Arzt des Gefängniskrankenhauses gesund schrieb, befand ihn der Richter für voll schuldfähig. Bis zum Ausklingen der Nebenwirkungen seines Drogenkonsums habe er zeitweilig unter Halluzinationen gelitten.
Haftstrafe wegen langjähriger Abhängigkeit von „gefährlichen Drogen„
Für den Richter und die anwesenden Schöffen allerdings stellte sich die Lage so dar, dass der Mann süchtig war und deswegen das Amphetamin an seine eigene Adresse bestellt habe. Man konnte ihm aber bis auf die Haarprobe nichts beweisen. Zwei Jahre und vier Monate soll der 37-Jährige wegen seiner verweigerten Aussage, dem Tor-Browser und dem langfristigen Konsum harter Drogen ins Gefängnis.
Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig, der 37-Jährige will Einspruch einlegen. Nach der Verkündung seines Urteils flippte er völlig aus. Er gehe nicht ins Gefängnis, schrie er. Er wolle sofort einen anderen Anwalt und verlangte ein neues Verfahren. „Berufung, sofort“ rief der verurteilte Schwabe. Während der Richter seinen Protest wortlos zur Kenntnis nahm, führten ihn zwei Justizbeamte in Handschellen aus dem Gerichtssaal. Man wird sehen, ob die nächste Instanz dieses denkwürdige Urteil bestätigen wird.