Südkreuz Berlin
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Südkreuz Berlin: Bahnhof für Tests einer intelligenten Videoüberwachung

Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Deutsche Bahn erproben am Bahnhof Berlin-Südkreuz eine „intelligente Videoüberwachung“.

Noch in diesem Jahr sollen Tests einer „intelligenten Videoanalyse“ in Zusammenarbeit von Bundespolizei, dem Bundeskriminalamt und der Deutsche Bahn am Fernbahnhof Südkreuz in Berlin beginnen, laut Informationen der Berliner Zeitung. Das teilte das Bundesinnenministerium auf eine entsprechende Anfrage mit. Auch die Tarnkappe berichtete schon vorab darüber.

Bahnhof Südkreuz testet intelligente Videoüberwachung

Gemäß der Forderung von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) zur Verhinderung terroristischer Anschläge und anderer Formen von Kriminalität sollen nun auch Bahnhöfe besser überwacht werden. Als Testbahnhof wurde der Fernbahnhof Südkreuz ausgewählt. Er bietet laut Deutscher Bahn (DB) sehr gute Einsatzbedingungen; so wird er täglich von ca. 100.000 Menschen frequentiert, womit viel los ist, aber auch nicht zu viel – um die neue Technik nicht zu verwirren.

Staatssekretärin Emily Haber erklärte auf Nachfrage von Andrej Hunko, Bundestagsabgeordneter der Linken, worum es konkret bei diesem Objekt geht: So sei beabsichtigt, am Südkreuz den „Stand der Technik von Systemen zur biometrischen Gesichtserkennung in Live-Videoströmen von Überwachungskameras“ zu erproben. Menschen werden in Videobildern festgehalten, ihre Gesichter mit bereits gespeicherten Daten abgeglichen. Der Alarm löst sich aus, sobald es eine gesuchte Person identifiziert. Zum Aufbau einer „Datenbank mit Gesichtsbildern freiwilliger Probanden“ werden sich für den Versuch Bundespolizisten zur Verfügung stellen. Nach den Tests entscheidet man, ob diese Technik dann zum Einsatz kommt, sowie darüber, ob weitere „Funktionalitäten intelligenter Videotechnik“ erprobt werden.

Opposition kritisiert das Vorgehen energisch

Eine weitere Antwort erhielt Andrej Hunko vom Parlamentarischen Staatssekretär Ole Schröder (CDU) aus dem Innenministerium. Demnach soll es zur Erprobung zweier weiterer Techniken der Videoanalyse kommen, zum einen das „Tracking“. Dabei markiert man Personen auf dem Monitor wegen auffälligem Verhaltens oder weil sie sich auf einer Liste befinden. Mithilfe dieser „automatisierten Markierung“ kann ihr Weg auch über mehrere Kameras hinweg innerhalb des Bahnhofs automatisch verfolgt werden. Das Verfahren funktioniert in Echtzeit, aber genauso für die Suche in Videoarchiven. Zum anderen könnte auch bei „liegende Person“ ein Verhalten vorliegen, bei dem Sicherheitskräfte eingreifen sollten.

Matthias Monroy, Hunkos Mitarbeiter, zeigt Besorgnis darüber, dass es sicher nicht bei diesen beiden Einsatzgebieten bleibt: „Natürlich kann die Software viel mehr. Ich denke, als weitere Parameter werden ,Graffitisprühen’ und ,Rennen’ ausprobiert.“ Auch geht er davon aus, dass weitere Tests folgen, an den Flughäfen Hannover und Erfurt. „Man hätte das gern am BER in Schönefeld gemacht – aber aus bekannten Gründen ging das nicht.“

Rasterfahndung nicht gerechtfertigt

Andrej Hunko gibt seine rechtlichen Bedenken über diese geplanten Maßnahmen in einer Pressemitteilung wie folgt bekannt:

„Wir beobachten, dass die Polizei stets machen will was technisch möglich ist. Rechtliche Grenzen ignorieren sie dabei häufig. So ist der Bundespolizei die Videoüberwachung zwar laut §27 des Bundespolizeigesetzes gestattet. Dort ist aber nicht die Rede von der computergestützten Analyse der Daten. Der Paragraf bestimmt lediglich, dass die Polizisten die Kameras ferngesteuert drehen und fokussieren dürfen. Zu diesem Ergebnis kommt auch ein von uns beauftragtes Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes im Bundestag.“

„Es würde sich beim Einsatz der Technologie um einen massiven Grundrechtseingriff handeln. An Bahnhöfen würde man auch Unbeteiligte filmen und mit Polizeidatenbanken rastern. Die Maßnahme würde auch zu vielen falschen Treffern und damit zu vielen falschen Verdächtigungen führen. Bevölkerungsscanner, die Video- und Tondateien aus dem öffentlichen Raum analysieren, lehnen wir deshalb ab.“

Bildquelle: geralt, thx! (CC0 Public Domain)

Tarnkappe.info

Über

Antonia ist bereits seit Januar 2016 Autorin bei der Tarnkappe. Eingestiegen ist sie zunächst mit Buch-Rezensionen. Inzwischen schreibt sie bevorzugt über juristische Themen, wie P2P-Fälle, sie greift aber auch andere Netzthemen, wie Cybercrime, auf. Ihre Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Literatur.