Stille SMS Why suspect us
Paris 2019. Foto von Lars Sobiraj.

%%title%% Stille SMS & Co.

Im zweiten Halbjahr 2019 haben mehrere deutsche Sicherheitsbehörden verstärkt digitale Überwachungsmaßnahmen wie Stille SMS & Co. eingesetzt.

Laut der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage von Andrej Hunko haben im zweiten Halbjahr 2019 mehrere deutsche Sicherheitsbehörden verstärkt digitale Überwachungsmaßnahmen wie Stille SMS, Funkzellenabfragen oder IMSI-Catcher eingesetzt. Der MdB der Fraktion Die Linke bezeichnet dies als „Missbrauch“ der Behörden, um die Mobiltelefone der Bürgerinnen und Bürger „als Ortungswanzen“ einzusetzen.

Stille SMS & Einsatz von IMSI-Catchern zunehmend

Im zweiten Halbjahr des Vorjahres verschickte die Bundespolizei 27.778 Stille SMS, beim Bundeskriminalamt (BKA) waren es 34.938 Stück. In 32 Fällen setzte die Bundespolizei sogenannte IMSI-Catcher ein, das BKA in 14 Fällen. Mithilfe eines IMSI-Catchers werden alle innerhalb einer Funkzelle befindlichen Mobilfunkgeräte geortet. 44 Mal nutzte die Bundespolizei eine Funkzellenauswertung, um nachträglich alle Mobiltelefone in der Umgebung von Tatorten festzustellen. Das BKA führte in abgeschlossenen Funkzellenauswertungen mindestens drei solcher Maßnahmen durch. Alle Zahlen beziehen sich nur auf das zweite Halbjahr 2019. Die Statistiken lagen im gleichen Zeitraum des Jahres 2018 merklich niedriger. So verschickte beispielsweise das BKA 2019 mehr als fünf Mal so viele „Stille SMS“ wie im 2. Halbjahr 2018.

Stille SMS: Halten sich die Behörden an die Rechtsgrundlage des BGH?

Der vermehrte Einsatz von digitalen Überwachungstechnologien ist laut dem Bundestagsabgeordneten Hunko „ein schwerer Eingriff in die Privatheit der Telekommunikation„. Daneben würde man vermehrt Mobiltelefone als Ortungswanzen einsetzen, kritisiert Hunko die behördlichen Ermittler in seiner heutigen Pressemitteilung.Das Urteil, das der Berliner Rechtsanwalt Lukas Theune vor zwei Jahren beim Bundesgerichtshof zur Einhegung (=Begrenzung des Einsatzes) von Stillen SMS erstritt, scheint folgenlos zu sein. Offensichtlich erhalten die Behörden jede Anordnung, die sie (sich) wünschen.“ Der Bundesgerichtshof legte damals erstmals eine Rechtsgrundlagefür den Einsatz der „Stillen SMS“ fest. Außerdem schränkte der BGH damit den Anwendungsbereich der Ermittlungsbehörden zumindest theoretisch deutlich ein. Weitere Informationen zum Beschluss des BGH  InfoBriefe > InfoBrief #116, 2018 > Der Bundesgerichtshof zur ›Stillen SMS‹ | Republikanischer Anwältinnen – und Anwälteverein e.V. (RAV)“> InfoBriefe > InfoBrief #116, 2018 > Der Bundesgerichtshof zur ›Stillen SMS‹ | Republikanischer Anwältinnen – und Anwälteverein e.V. (RAV)“> InfoBriefe > InfoBrief #116, 2018 > Der Bundesgerichtshof zur ›Stillen SMS‹ | Republikanischer Anwältinnen – und Anwälteverein e.V. (RAV)“>sind hier verfügbar.

Hohe Schutzanforderungen oder einfach keine Lust, ehrlich zu antworten?

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Bildquelle: EFF, thx! (CC BY 3.0)

In der Antwort auf die Kleine Anfrage weist man den MdB darauf hin, dass Teile des Dokuments entweder als geheime Verschlussache oder nur für den Dienstgebrauch eingestuft wurden. Einige der angeforderten Informationen verweigert man Hunko und somit auch uns Bürgern, weil die erfragten Informationen dem „Staatswohl dienen“ und somit „hohen Schutzanforderungen“ unterliegen würden. Die hohen Schutzanforderungen stellt man eindeutig über das verfassungsrechtlich garantierte Informationsrecht eines jeden Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Und somit über das Informationsrecht einer jeden Bürgerin und jedes Bundesbürgers.

Das komplette PDF-Dokument der Antwort des Bundesinnenministeriums auf die parlamentarische Anfrage kann man sich hier durchlesen.

Die wichtigsten technischen Grundlagen der Handy- bzw. Smartphone-Überwachung haben wir in diesem Beitrag ausführlich erläutert und vorgestellt. Wir unterscheiden dabei zwischen Funkzellenabfragen und der Funkzellenauswertung, erläutern die Funktionsweise von IMSI-Catchern und erklären, was eine „Stille SMS“ ist.

Foto Paris 2019, Foto von Lars Sobiraj, thx!

Tarnkappe.info

Lars Sobiraj

Über

Lars Sobiraj fing im Jahr 2000 an, als Quereinsteiger für verschiedene Computerzeitschriften tätig zu sein. 2006 kamen neben gulli.com noch zahlreiche andere Online-Magazine dazu. Er ist der Gründer von Tarnkappe.info. Außerdem brachte Ghandy, wie er sich in der Szene nennt, seit 2014 an verschiedenen Hochschulen und Fortbildungseinrichtungen den Teilnehmern bei, wie das Internet funktioniert.