RosKomSvoboda forderte ein Verbot des Moskauer Gesichtserkennungssystems. Eine Aktivistin konnte ihre Stadt-Bewegungs-Daten im Darknet kaufen
RosKomSvoboda, eine russische Nichtregierungsorganisation zum Schutz der digitalen Rechte von Nutzer*innen, forderte ein Verbot des Moskauer Gesichtserkennungssystems. Laut RosKomSvoboda können Informationen über die Bewegungen der Stadtbewohner, die von Kameras aufgezeichnet werden, für symbolisches Geld im Darknet gekauft werden, berichtet die russische Nachrichtenagentur Kommersant.
RosKomSvoboda sieht Datenschutz durch Moskauer Gesichtserkennungssysteme verletzt
Die Nichtregierungsorganisation RosKomSvoboda forderte vor Gericht von den Moskauer Behörden, den Einsatz von Gesichtserkennungssystemen einzustellen. Eine Aktivistin der Nichtregierungsorganisation RosKomSvoboda, Anna Kuznetsova, konnte Daten im Darknet über ihr Stadt-Bewegungsprofil kaufen. Sie reichte folglich am 16. September beim Bezirksgericht Twerskoi in Moskau eine Verwaltungsklage gegen das Amt für Informationstechnologie (DIT) der Moskauer Stadtverwaltung und die Hauptdirektion des Moskauer Innenministeriums ein. Sie drängt darauf, die Nutzung von Gesichtserkennungssystemen einzustellen. Zudem solle künftig ein Gesetz verabschiedet werden, das den Betrieb solcher Systeme regelt. Zusätzlich zum Verbot der Gesichtserkennung verlangt sie von den Beklagten 100.000 Rubel (1.124 Euro) als Entschädigung für den verursachten Schaden.
Bewegungsprofile im Darknet verfügbar
Anna Kuznetsova hat im Darknet einen Datenhändler gefunden und anonym ein Stadt-Bewegungsprofil von sich angefordert. Dem Kontaktmann schickte sie ein Foto von sich und erhielt zwei Tage später einen Bericht für den Vormonat mit detaillierten Informationen darüber, wo das System ihr Gesicht erkannt hat. Fast alle Adressen stimmten mit der tatsächlichen Bewegungsroute von ihr überein. Es kostete sie 16 Tausend Rubel (ca. 180 Euro). Fakt ist, „dass für symbolisches Geld jeder Informationen über Bewegungsprofile bekommen kann. Dies ist eine schwerwiegende Verletzung des Rechts auf Privatsphäre. Die Moskauer Behörden garantieren keine Datensicherheit.“, kommentiert Ekaterina Abashina, Anwältin von RosKomSvoboda.
193.000 Kameras bieten Missbrauchspotenzial
RosKomSvoboda ist aufgrund des Vorfalls besorgt über die Sicherheit von Informationen. Immerhin könne man im Darknet problemlos detaillierte Daten zu Personen-Bewegungsprofilen kaufen. Das Gesichtserkennungssystem in Moskau gibt es bereits seit 2017. Derzeit sind rund 193.000 Kameras an das System angeschlossen. Vorhanden sind diese auf öffentlichen Plätzen, in Einfahrten, Innenhöfen, Schulen, Einzelhandelsgeschäften und auf Baustellen. Kamera-Aufzeichnungsdaten fließen in ein einzelnes Datenspeicherzentrum (ECHD). Von dort fordern Abteilungen, wie das Innenministerium, diese an. Das DIT stellte sicher, dass nur autorisierte Mitarbeiter von Abteilungen Zugang zum ECDC erhalten.
Laut einer Kommersant-Quelle wären die CCTV-Kameras in Moskau schlecht geschützt, sodass auch Hacker problemlos auf sie zugreifen könnten. Ashot Hovhannisyan, Gründer von DeviceLock und DLBI Leak Intelligence Service, bestätigt dies:
„Auf dem Schwarzmarkt verkauft man Konten, die den Zugang zum ECDC ermöglichen, wo Sie sowohl das aktuelle Bild, als auch die Kamera-Aufzeichnungen anzeigen können. Der Preis für ein solches Konto liegt bei 30.000 Rubel“.
Klage hat Erfolgsaussichten
Das Amt für die Informationstechnologien der Moskauer Stadtverwaltung (DIT) wies jedoch die Vorwürfe zurück. Gemäß der Behörde würde das städtische Überwachungssystem ausschließlich „Bilder“ aufzeichnen. Laut Vertretern des DIT-Pressedienstes enthalten Bilder von Stadtkameras keine personenbezogenen Daten. Folglich sieht DIT keinen Grund, das Straßenüberwachungssystem einzuschränken. Yelena Avakyan, Geschäftsführerin von NP „Unterstützung bei der Entwicklung der Unternehmensgesetzgebung“ sieht die Faktenlage jedoch anders. Sie ist der Meinung, dass für den Kläger theoretisch die Möglichkeit eines positiven Ergebnisses des Falls bestehen würde. Dazu führt sie aus:
„In Russland gibt es kein Verbot der Gesichtserkennung. Sobald jedoch Ihre Daten im Bild personalisiert sind, d.h., man feststellt, dass dieses Foto einer bestimmten Person gehört, beginnt ein Verstoß. Die Tatsache, dass die Klägerin in der Lage war, die Daten der Kameras über das Darknet zu personalisieren, deutet darauf hin, dass ein Leck im staatlichen System aufgetreten ist, und dies ist schon ein Verstoß “.
Zweite Klage von RosKomSvoboda
Bereits im Oktober 2019 versuchte RosKomSvoboda gerichtlich eine Verwendung des Moskauer Gesichtserkennungssystems zu unterbinden, jedoch ohne Erfolg.
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