Über 700 Euro fordert PayPal von einem Elfjährigen, nachdem er durch einen Identitätsmissbrauch angeblich das Geld für zwei Apps schuldet..
Den Schock seines Lebens bekam wohl ein Minderjähriger aus Niedersachsen. Eine Rechtsanwaltsgesellschaft forderte ihn im Namen von PayPal auf, rund 745 Euro zu bezahlen. Angeblich weil er zwei Apps über den Google Play Store gekauft habe. Dazu kamen noch die Rechtsverfolgungskosten. Auf Anfrage von Tarnkappe gibt der Berliner Rechtsanwalt Ehssan Khazaeli Betrugsopfern Hoffnung, wenn sie plausibel schildern könnten, dass sie nicht den Kauf tätigten.
PayPal will über 600 Euro für zwei Spiele
Laut Verbraucherzentrale Niedersachsen soll der Minderjährige „619,06 Euro als Ausgleich für den Negativsaldo des PayPal-Kontos“ sowie „Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 126,60 Euro“ zahlen. Angeblich hatte er die Apps „Puzzle-Premium“ und „Gamero-Game“ für jeweils 299 Euro erworben – ein stolzer Preis für zwei Spiele. Für die Verbraucherzentrale Grund genug, die Geschichte als Fall des Monats zu bezeichnen.
Eine E-Mail von service@paypal.de teilt dem Minderjährigen mit, dass er „One Touch“ für ein bestimmtes Endgerät aktiviert habe. Nach Angaben der Verbraucherzentrale besitze das minderjährige Betrugsopfer aber gar nicht das Endgerät, auf dem PayPal One Touch aktiviert wurde. Die beiden Apps fanden sich allerdings im entsprechenden Google Play Store-Konto unter den bisherigen Käufen. Weil der Bezahlvorgang scheiterte, konnte kein Geld abgebucht werden. Denn der vermeintliche Kunde verfügt über ein Taschengeldkonto, weshalb er in Zahlungsverzug geriet. Für PayPal, sagt die Verbraucherzentrale, lag aber kein Betrugsfall vor, da die Dienstleistung vollbracht wurde.
Rechtsanwalt Ehssan Khazaeli: „Kein Vertrag zustande gekommen“
Für den Berliner Rechtsanwalt Ehssan Khazaeli ist die Sache klar. Der Minderjährige hat keine auf den Abschluss eines Kaufvertrages gerichtete Willenserklärung abgegeben. Damit ist auch kein Vertrag zustande gekommen. Allerdings müssen die Geschädigten plausibel darstellen, dass sie die Apps nicht gekauft haben. Dafür spräche im Fall des Minderjährigen nach Ansicht des Berliner Juristen, dass PayPal One Touch auf einem unbekannten Gerät aktiviert wurde und unmittelbar im Anschluss zwei für ihn nutzlose Apps gekauft wurden.
Vor Gericht wohl nicht durchzusetzen
Doch auch selbst wenn der Jugendliche sich eine fremde Willenserklärung wie eine eigene zurechnen lassen müsste, sei diese nach Auffassung von Ehssan Khazaeli schwebend unwirksam. Die Eltern bräuchten den Vertrag nicht genehmigen, wodurch kein Vertrag zustande käme. Wegen des hohen Betrages und der Nutzlosigkeit der Apps könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Vertrag wirksam wäre, weil der Jugendliche den Kaufpreis aus seinem Taschengeld bezahlt hatte.
Sollte PayPal den Anspruch gerichtlich geltend machen, wäre das wohl von keinem Erfolg gekrönt, sagt Khazaeli. Deswegen sahen letzlich die Verantwortlichen anscheinend auch von den Forderungen ab, wie es in der Pressemitteilung heißt. Auf Anraten der Vebraucherzentrale stellte der Jugendliche nämlich Strafanzeige.
P.S. Hier unser Interview mit den Betreibern von PayPal von vor ein paar Jahren.
Tarnkappe.info