Ein weiterer Einblick in unseren Redaktions-Alltag. Über Edelfisch, Verspätungen, Drohungen, einen Identitätsdiebstahl und eine Strafanzeige.
Was hat man an einem Samstagmorgen Besseres zu tun, als den Anruf eines sichtlich verärgerten Journalisten entgegen zu nehmen? Wohl nichts, denn der beschwerte sich zurecht darüber, dass man seinen Namen öffentlich in den Dreck gezogen hat. Verursacher der Schmierenkomödie soll ich und ein Bekannter aus Bergisch Gladbach sein. Doch bis zum Anruf wussten wir beide noch nichts von unserem „Glück“. Im heutigen Einblick in unseren Redaktions-Alltag geht es um Edelfisch, leere Drohungen und kluge aber hochgradig kriminelle Schachzüge eines Unbekannten.
Frischer Edelfisch, eine Zeitungsente und ein aufgebrachter Journalist
Das kommt davon, wenn man sowieso zu spät dran ist. Ich hatte daheim etwa 15 Minuten zu viel vergeudet, um bei meiner besseren Hälfte pünktlich aufschlagen zu können. Doch es wurden dann deutlich mehr Minuten, die ich letzten Samstag zu spät kam.
Ein sehr aufgewühlter Herr rief mich an und fragte, ob ich denn der Herr Lars Sobiraj sei? Ja, entgegnete ich. Eigentlich gehe ich selten bis gar nicht ans Telefon. Erst recht nicht, wenn ich es eilig habe. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass dieser Anruf wichtig sein könnte. Aber ich hätte über ihn schlimme Dinge geschrieben, meinte der Mann zu mir. Über ihn und eine Firma namens Deutsche Edelfisch hätte ich Übles verfasst. (Ja, die Firma gibt es wirklich!)
Ich wusste zumindest von nichts. Ob ich denn nicht journalistisch tätig sei, fragte mich der sichtlich aufgwühlte Herr. Ja, das bin ich. Aber eben nicht mit dem Schwerpunkt Wirtschaft, sondern mit dem auf Urheberecht. Daneben kommen ab und zu Artikel aus den Bereichen Datenschutz und Netzpolitik dazu. Das war’s aber auch schon.
Der Mann fing an mir zu drohen. Was ich da in die Welt gesetzt hätte, müsse umgehend verschwinden. Er sei schon bei der Polizei gewesen, weil er mich und einen Herrn Federer aus Bergisch Gladbach angezeigt habe. Ich habe mich dann erstmal gesetzt und mein Notebook aufgeklappt. Ich wollte natürlich von ihm wissen, welchen Beitrag er meint. Auf die ganze Sache konnte ich mir keinen Reim machen.
Der sichtlich vom Rufmord betroffene Mann meinte zu mir, ich solle bei Google einfach mal:
„Deutsche Edelfisch – keine Kritik am Geschäftsmodell„
eingeben. Ich verstand kein Wort, tat aber was er von mir wollte. Der Beitrag ist verwirrend, weil mit dem Fischereiwesen hatte höchstens der erste Abschnitt und der Titel etwas gemeinsam. Eigentlich geht es nur darum, einen Herrn B. fertig zu machen. Seine Frau und einen Herrn M. nicht zu vergessen. Und dann geht es um das Portal Gomopa.
Die Herren von Gomopa sind mir bekannt, weil sie damals mal in Bochum bei der früheren Betreibergesellschaft von gulli.com angerufen haben. Sie wollten sich bei Richard Joos über den Käufer von gulli.com zu erkundigen. Welches Problem Gomopa, die sich als „Financial Intelligence Service“ bezeichnen, mit Florian Schweiger (damals Valentin Fritzmann) haben, ist mir nicht bekannt. Wohl aber, dass sie Experten darin sind, die Unwahrheit zu verbreiten. Ganz so ähnlich wie man damals vor 11 Jahren jede Menge munter lustig aus der Geschichte vom gulli:board durchgemischt hat, so liest sich auch der Beitrag, den ich angeblich mit „Paul Federer“ verfasst haben soll.
Strafanzeigen, die garantiert im Papierkorb landen…
Die angedrohte Strafanzeige des empörten Journalisten ist natürlich Schwachsinn. Warum? Jeder kann aufgrund meines öffentlichen Impressums an meinen Namen und meine Handynummer gelangen. Frei erfunden ist hingegen die E-Mail-Adresse (siehe Grafik oben rechts), was Herr B. auch schon bemerkt hat. Seine erste glühende Drohung an mich per E-Mail kam postwendend als unzustellbar zurück. Ein Hoch auf den Mailer Demon!
Das Problem? Tja, den Beitrag hat nicht nur ein Portal veröffentlicht, sondern gleich einige, die irgendwie alle gleich aussehen. Die meisten haben keine Domains in Deutschland und manches Mal ist sogar das Impressum gefaked. Ich habe anschließend Paul angerufen, um ihn über den Identitätsdiebstahl á lá Edelfisch aufzuklären. Er hat dann alle Portalbetreiber kontaktiert. Die meisten haben den Beitrag auch gelöscht.
Bei anderen funktioniert die E-Mail-Adresse für die Kontaktaufnahme nicht einmal. Oder aber man hat sie alternativ ignoriert. Am „schönsten“ war es, als mich jemand heute anrief, um mir mitzuteilen, dass ich für die Löschung des Artikels Geld bezahlen sollte. Hallo, was?
Ich habe die Dame am Telefon dann weniger freundlich darüber aufgeklärt, dass hier jemand mit kriminellen Methoden meinen Namen in den Dreck gezogen hat. Daraufhin vergass sie ihre Forderungen an mich ganz schnell wieder. Das war aber von ihr kein Erpressungsversuch, das war offenbar wirklich nur ein Mis(t)verständnis.
Fazit: Nicht jeder Edelfisch ist edel, manche Blogbetreiber wollen schlichtweg nicht erreichbar sein!
Wir wissen noch immer nicht, wer sich den „Spaß“ erlaubt hat. Und vor allem mit welchem Hintergrund. Ich gehe als Verursacher von einem Wettbewerber von Paul aus. Wahrscheinlich hat sich mal wieder jemand über ihn oder seinen Webhoster-Service geärgert und derjenige weiß zufällig, dass wir häufiger die Köpfe zusammen stecken. Außerdem wohnen wir beide in Bergisch Gladbach. Ich gehe davon aus, um mich ging es eigentlich gar nicht. Das war reiner Kollateralschaden. Merkwürdig nur, dass niemand den Inhalt dieses offensichtlich rufschädigenden Beitrages vor einer Veröffentlichung geprüft hat. Telefonisch war die Redaktion von Main-Geld.com übrigens nicht erreichbar. Auch gab man bei der Voicemailbox nicht an, wem dieser Anschluss gehört, sehr merkwürdig.
Von außen sehen die News-Portale alle sehr ähnlich und sehr seriös aus. Aber wehe man hebt den Vorhang ein Stück weit… Ich bin sehr gespannt, ob mich der Betreiber zurückrufen wird. Und noch neugieriger, ob er den fraglichen Artikel löscht. Die anderen Portale haben es 20x klingeln lassen ohne abzunehmen. Oder sie wollen grundsätzlich keine Anrufe annehmen und verweisen per Ansage auf ihre E-Mail-Adresse. Das aber ist nicht gesetzeskonform. Im Impressum muss eine Handy- oder Festnetznummer stehen, unter der man auch jemanden erreichen kann. Um die Erreichbarkeit geht es dem Gesetzgeber schließlich.
Zurück zu Samstag. Zum vereinbarten Termin habe ich es natürlich nicht mehr pünktlich geschafft. Aber gut, so eine angedrohte Strafanzeige und sei sie auch inhaltlich haltlos… Da darf man als Ausrede schon mal eine Stunde zu spät kommen. Von daher hat die Sache auch noch etwas Gutes. ;-)
So leicht passiert ein Identitätsdiebstahl
Es hat mich aber wirklich überrascht, wie schnell man Opfer eines Identitätsdiebstahls werden kann. Vor allem, wie schnell jemand an das glaubt, was irgendwo im Internet geschrieben wird. Gerade als Journalist hätte das Opfer des Rufmords doch wissen müssen, dass im Netz jede Menge ungeprüfter Blödsinn steht. Nicht alles im Web entspricht automatisch der Wahrheit. Dazu kommt: Wieso sollte ich ernsthaft so dämlich sein jemanden zu verleumden und schreibe dann munter lustig meine Kontaktdaten darunter? Bin ich irre? Oder will ich sicher gehen, dass mich die juristische Keule meines Gegenübers auf jeden Fall trifft?!? Das verstehe wer will. Wahrscheinlich hat das Hirn des Journalisten vor lauter Wut ausgesetzt. Eigentlich muss ich ja schon fast froh sein, dass man mit meinen Daten nicht noch viel mehr Unsinn angestellt hat. Man sieht mal wieder, die besten Daten sind keine Daten!
Wie dem auch sei. Die Sache mit dem Edelfisch ist hoffentlich ausgestanden und ich habe wieder etwas fürs Leben gelernt…
Tarnkappe.info